Orte in der Stadt - Kinder-Umwelt-Gesundheit

• Rio-Deklaration - gesunde Lebensverhältnisse und Orte: Die Agenda 21 beruft sich auf die Ge-
samtstrategie "Gesundheit für alle bis zum Jahre 2000." 176 Dem Schutz und der Förderung der
menschlichen Gesundheit widmete die Konferenz der Vereinten Nationen 1992 in Rio ein eigenes Ka-
pitel. Darin ist einerseits von Plänen die Rede, umweltbedingte Erkrankungen durch Schadstoffe zu
verringern, andererseits werden Maßnahmen als Aktionsprogramme zum Wohn- und Siedlungswesen
verabredet: "Erarbeitung von Programmen zur Verbesserungen der Gesundheitsbedingungen in Wohn- und
Siedlungsbereichen (....) ausgehend von einer gesundheitsbezogenen Risikoabschätzung." 177 An mehreren
Stellen wird die Bedeutung der Gesundheitserziehung und -aufklärung 178 hervorgehoben und knüpft an
die Setting-Programme der WHO an, die in Schulen und anderen Einrichtungen die Gesundheit der
Menschen fördern will.
In Deutschland gibt es keine Elendsviertel wie in armen Ländern des Südens, sondern bei uns sind
gesundheitsbedingte Risiken im Wohnumfeld vor allem Unfälle und Bewegungsarmut. Es ist für mich
unverständlich, daß auf das Kapitel 6 in den Agenda 21-Prozessen selten Bezug genommen wird.
Agenda-Aktivitäten geschehen überwiegend in den "klassischen" Umweltbereichen: Energie, Wasser,
Luft, Natur, Verkehr, Abfall. Wenn Gesundheit Teil von lokalen Aktivitäten ist, dann auf das Individuum
bezogen, verhaltensorientiert. Z. B. Ulm (siehe Anhang). Eine Ausnahme ist Leipzigs Agenda 21. Dort
ist Kapitel 5 "Lebensstile und Gesundheit" gewidmet. Vom Setting-Ansatz und von gesundheitsfördern-
den Einrichtungen ist allerdings in Leipzig nicht die Rede, insofern vermute ich, daß die Gesunde Stadt
auch hier nicht Pate stand. 179
Bewegungsmangel und Kinderfeindlichkeit sind ein Gesundheitsproblem der Städte.
• Nachhaltige Stadt ohne Gesundheit: In der Umweltpolitik wird der Zusammenhang von gesund-
heitsfördernden Lebensbedingungen und Stadtplanung eigentlich ausgeklammert. Von einem offiziösen
Buch zu neuen Wegen einer nachhaltigen Stadtentwicklung 180 ist nach der langjährigen Diskussion zu
WHO, Deklarationen über Gesundheit, Gesundheitsförderung, nach Ottawa und dem Wirken der Ge-
sunde-Städte-Netzwerke zu erwarten, daß sich diese Ideen und Erfahrungen zu Gesundheit in der
Stadtplanung niederschlagen. In dem Buch zu Habitat II sind zwar auch zwei Seiten bei „Heilung der
Stadt“ zu finden, in denen auf Ottawa hingewiesen wird und das Konzept für eine gesunde Stadt in
Stichworten vorgestellt wird, jedoch wird Gesundheit nicht zum Querschnittsthema für eine nachhaltige
Stadtentwicklung, sondern bleibt abseits. Habitat II wird nicht genutzt, den Schlüsselbegriff Gesund-
heitsförderung für neue Wege zu einer nachhaltigen Stadt einzusetzen. Dabei ist die Stadt Lebensraum
der Menschen, in dem sich die persönliche Lebensweise auf die eigene Umwelt und Gesundheit aus-
wirkt.
Ebensowenig wird Gesundheit bei dem deutschen Part zur Nachhaltigen Stadtentwicklung 181 inhaltlich
genutzt, den die Oberbehörde des Bundes erarbeitet hat. Der Bericht fordert dazu auf, in den Städten
einen Strukturwandel anzustoßen, der die Gesellschaft in Richtung Nachhaltigkeit bewegen soll. Dieser
Prozeß solle mit den betroffenen Akteuren durchgeführt werden und neue Lebens- und Wirtschaftswei-
176 Agenda 21, Ca. 1992, S. 33
177 Agenda 21. Ca. 1992, S.42
178 Agenda 21. Ca. 1992, S.34, 35, 36, 37, 38, 40
179 Agenda Zeitung erhalten bei der Magdeburger Sommerakademie zur Gesundheitsförderung 10.-14.September 2001. Meine Einschätzung
stammt aus dem Gespräch mit dem Projektleiter. www.sgw.hs-magdeburg.de/sommerakademie
180 Girardet, Herbert: Das Zeitalter der Städte. Habitat II. 1996
181 Nachhaltige Stadtentwicklung. Städtebaulicher Bericht. 1996, S. 139. Bearb. Von Eckhart Bergmann u.a.
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