Orte in der Stadt - Kinder-Umwelt-Gesundheit
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ganz auf Bedürfnissen des Verkehrs zugeschnitten. 40 In den Innenstädten konnte sich das Flanieren,<br />
als "kle<strong>in</strong>es Stück Öffentlichkeit aus den ohne Kontakt ane<strong>in</strong>an<strong>der</strong> vorbeidrängenden Fußgängerströ-<br />
men" herausretten. In kle<strong>in</strong>en und mittleren Städten ist dieses Überleben urbaner Insel nicht erhalten.<br />
Mit dem Bedeutungsverlust des städtischen Raumes verschwand die Möglichkeit von "distanzierten<br />
sozialen Kontakten, sozialem Lernen, das Entstehen von Zivilcourage und die Bereitschaft zur Integra-<br />
tion." Aus <strong>der</strong> <strong>Stadt</strong> wurde e<strong>in</strong> "Konfliktvermeidungsapparat". 41<br />
• Die Außenwelt als Lernort: K<strong>in</strong><strong>der</strong> aus E<strong>in</strong>familienhauswohngebieten machen am wenigsten Erfah-<br />
rungen, da sie meist mit dem Auto transportiert werden. Die Wege s<strong>in</strong>d zu weit, um Freund<strong>in</strong>nen und<br />
Freunde zu Fuß zu erreichen. Die fehlenden Erfahrungen mit dem Verkehr gefährden die lange behü-<br />
teten, 15-Jährigen erheblich stärker, als K<strong>in</strong><strong>der</strong>, die wesentliche Abläufe erlernt haben. 42 Gegen diese<br />
Realität möchte DIETRICH e<strong>in</strong>e Vision <strong>der</strong> „bespielbaren <strong>Stadt</strong>“ setzen.<br />
Die <strong>Stadt</strong> braucht „angenehm gestaltete Freiräume“. Dies ist nicht nur für K<strong>in</strong><strong>der</strong> wichtig, son<strong>der</strong>n auch<br />
für Erwachsene. Wo sie sich nicht gern aufhalten, ist es auch für K<strong>in</strong><strong>der</strong> nicht <strong>in</strong>teressant. "K<strong>in</strong><strong>der</strong> s<strong>in</strong>d<br />
<strong>der</strong> beste Indikator für e<strong>in</strong>e brauchbare <strong>Stadt</strong>" 43<br />
In Nur-Wohngebieten, <strong>in</strong> re<strong>in</strong>en E<strong>in</strong>kaufs-, Kultur o<strong>der</strong> Sportzentren hat e<strong>in</strong>e Funktionsentmischung<br />
stattgefunden. "E<strong>in</strong> öffentlicher Raum ist wertlos wenn, er durch fahrende und parkende Autos vollstän-<br />
dig <strong>in</strong> Anspruch genommen wird." 44 Im Zusammenhang mit dem Bau von Großsiedlungen löste sich <strong>der</strong><br />
"traditionelle geschlossene öffentliche Raum <strong>der</strong> Straßen und Plätze zugunsten <strong>der</strong> fließenden, offenen<br />
Planung <strong>der</strong> <strong>Stadt</strong>landschaft" auf. 45 Damit verloren diese <strong>Orte</strong> ihre Aufgaben:<br />
• Se<strong>in</strong>e <strong>in</strong>nere Bedeutung "als Raum <strong>der</strong> Vergewisserung " hatte <strong>der</strong> öffentliche Raum mit <strong>der</strong> E<strong>in</strong>richtung<br />
von Versicherungen, Feuerwehren, Krankenhäusern, Altenheimen schon <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em schleichenden<br />
Prozeß verloren.<br />
• Die wichtige Funktion als Entscheidungs- und Begegnungsort, als Raum <strong>der</strong> Versammlungen und<br />
Informationen g<strong>in</strong>g durch Wahlzettel, Medien, Telefon, Radio verloren.<br />
• Als "Wohn- und Arbeitsergänzungsraum" nahm die Bedeutung ab<br />
Das Deutsche Institut für Urbanistik (difu) bezeichnet die Folgen des Prozesses als Verlust des Städti-<br />
schen und als Zerstörung des städtischen, öffentlichen Raumes und fragt, "ob <strong>der</strong> Zustand unserer<br />
Städte für Zukunftspessimismus, Drogenmißbrauch, zunehmende Gewaltbereitschaft und schw<strong>in</strong>dende<br />
Solidarität mitverantwortlich zu machen sei." 46<br />
Sieverts ist skeptisch, daß mit <strong>der</strong> nachträglichen E<strong>in</strong>fügung von Straßen- und Platzräumen diese Be-<br />
deutungsentleerung des öffentlichen Raumes nachgebessert werden kann. Die neuen Wohnformen hält<br />
er für "e<strong>in</strong> Abbild <strong>der</strong> se<strong>in</strong>erzeitigen Industriegesellschaft <strong>in</strong> Form von seriellen Wohnungen und e<strong>in</strong>er<br />
neuen räumlichen E<strong>in</strong>heit für das von <strong>der</strong> Diszipl<strong>in</strong> <strong>der</strong> Massenfertigung normierte Alltagsleben mit ge-<br />
wachsenen Anfor<strong>der</strong>ungen an Bildung, Freizeit und Erholung <strong>in</strong> neuen Geme<strong>in</strong>schaftse<strong>in</strong>richtungen." 47<br />
Er spricht sich nur <strong>in</strong>direkt für e<strong>in</strong>en Ersatz <strong>der</strong> verlorenen Funktionen und die Neuschaffung von Or-<br />
ten aus, <strong>in</strong>dem er <strong>in</strong> den Großsiedlungen e<strong>in</strong>e Chance für e<strong>in</strong>e ökologischen Nachbesserung und e<strong>in</strong>e<br />
Anpassung an gewandelte Anfor<strong>der</strong>ungen sieht. Dabei kann Mitbestimmung und kreative Mitwirkung<br />
40<br />
Feldtkeller, Andreas: Die zweckentfremdete <strong>Stadt</strong>. 1995, S. 108<br />
41<br />
FELDTKELLER 2001, S. 78, 110/111<br />
42<br />
Holzapfel, Helmut 1999, S.20, 21<br />
43<br />
Feldtkeller, Andreas:Die zweckentfremdete <strong>Stadt</strong>.1995, S. 149<br />
44<br />
Szenarien.... S. B 59 nach: Ruimte vor 2015. Vierde Nota, M<strong>in</strong>ister van Volkshuisvest<strong>in</strong>g,Ruimtelijke Orden<strong>in</strong>g en Milieubeheer, Den Haag.<br />
1993 (Vierter Bericht zur Raumplanung, deutsch)<br />
45<br />
Sieverts, Thomas: Der Traum <strong>der</strong> Mo<strong>der</strong>ne, <strong>der</strong> zu e<strong>in</strong>em Alptraum geworden ist. FR 6.5.95<br />
46<br />
Szenarien ... S. A54<br />
47<br />
Sieverts, Thomas: Der Traum <strong>der</strong> Mo<strong>der</strong>ne, <strong>der</strong> zu e<strong>in</strong>em Alptraum geworden ist. FR 6.5.95<br />
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