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Textbuch zur Auslandsakademie Afrique en ... - Cusanuswerk

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100<br />

cher Gewichtung als Einflussgröß<strong>en</strong> der<br />

Wohlfahrt gewählt werd<strong>en</strong> soll<strong>en</strong>. Aus diesem<br />

Grund beschränk<strong>en</strong> Ökonom<strong>en</strong> ihre<br />

Analyse oftmals auf d<strong>en</strong> Output gemess<strong>en</strong><br />

durch das Bruttoinlandsprodukt (BIP) pro<br />

Kopf einer Volkswirtschaft, obwohl ihn<strong>en</strong><br />

die begr<strong>en</strong>zte Tauglichkeit des BIP als<br />

Wohlfahrtsmaß durchaus bewusst ist.<br />

Neb<strong>en</strong> dem wirtschaftlich<strong>en</strong> Einkomm<strong>en</strong><br />

werd<strong>en</strong> oftmals Gesundheit, Leb<strong>en</strong>serwartung,<br />

stabile soziale Beziehung<strong>en</strong> und Bildung<br />

als wichtige Einflussgröß<strong>en</strong> der Wohlfahrt<br />

g<strong>en</strong>annt. Es erscheint off<strong>en</strong>sichtlich,<br />

dass HIV/AIDS auf viele dieser Bereiche<br />

ein<strong>en</strong> stark negativ<strong>en</strong> Einfluss hab<strong>en</strong> wird,<br />

also eine imm<strong>en</strong>se Wohlfahrtsbedrohung<br />

darstellt. Die folg<strong>en</strong>de ökonomische Analyse<br />

wird sich jedoch eb<strong>en</strong>falls auf die Auswirkung<strong>en</strong><br />

von HIV/AIDS auf das BIP, Wirtschaftswachstum<br />

und wirtschaftliche Entwicklung<br />

konz<strong>en</strong>trier<strong>en</strong>. Eine<br />

Untersuchung der im <strong>en</strong>ger<strong>en</strong> Sinne ökonomisch<strong>en</strong><br />

Auswirkung<strong>en</strong> von HIV/AIDS ist<br />

insbesondere notw<strong>en</strong>dig, um die pot<strong>en</strong>tiell<strong>en</strong><br />

wirtschaftlich<strong>en</strong> Belastung<strong>en</strong> für die<br />

schwer betroff<strong>en</strong><strong>en</strong> Länder abmildern zu<br />

könn<strong>en</strong>.<br />

Die makroökonomische Diskussion um<br />

die Folg<strong>en</strong> von HIV/AIDS soll anhand von<br />

zwei Studi<strong>en</strong> mit sehr unterschiedlich<strong>en</strong><br />

Aussag<strong>en</strong> dargestellt werd<strong>en</strong>, die gewissermaß<strong>en</strong><br />

als Geg<strong>en</strong>pole in der Diskussion gelt<strong>en</strong><br />

dürf<strong>en</strong>. Beide basier<strong>en</strong> auf abstrakt<strong>en</strong><br />

mathematisch<strong>en</strong> Modell<strong>en</strong>, die versuch<strong>en</strong><br />

ökonomisches Verhalt<strong>en</strong> von Individu<strong>en</strong><br />

abzubild<strong>en</strong>. Clive Bell, Shantayanan Devarajan<br />

und Hans Gersbach (2003) verw<strong>en</strong>d<strong>en</strong><br />

ein Modell, das eine stark negative wirtschaftliche<br />

Entwicklung für die besonders<br />

von HIV/AIDS betroff<strong>en</strong><strong>en</strong> Länder vorhersagt,<br />

w<strong>en</strong>n keine deutlich<strong>en</strong> Schritte geg<strong>en</strong><br />

die Epidemie unternomm<strong>en</strong> werd<strong>en</strong>. Alwyn<br />

Young (2005) sieht dageg<strong>en</strong> für die Überleb<strong>en</strong>d<strong>en</strong><br />

der Epidemie zukünftige größere<br />

Konsummöglichkeit<strong>en</strong> und kein<strong>en</strong> vergleichbar<strong>en</strong><br />

Niedergang des BIP pro Kopf.<br />

Diese unterschiedlich<strong>en</strong> Aussag<strong>en</strong> komm<strong>en</strong><br />

durch die Verw<strong>en</strong>dung sehr unterschiedlicher<br />

Modelle und Annahm<strong>en</strong> <strong>zur</strong> Funktionsweise<br />

der Ökonomie zustande. Die ausführliche<br />

Vorstellung der beid<strong>en</strong> Studi<strong>en</strong><br />

soll vor allem auch ein Bewusstsein für die<br />

Abhängigkeit der Ergebnisse ökonomischer<br />

Studi<strong>en</strong> von d<strong>en</strong> getroff<strong>en</strong><strong>en</strong> Annahm<strong>en</strong><br />

schaff<strong>en</strong> und ein<strong>en</strong> Einblick in die Argum<strong>en</strong>tationsweise<br />

geb<strong>en</strong>.<br />

Das Modell von Clive Bell, Shantayanan<br />

Devarajan und Hans Gersbach (2003) ist<br />

ein <strong>en</strong>dog<strong>en</strong>es Wachstumsmodell, das<br />

heißt, dass die langfristige Wachstumsrate<br />

der Ökonomie innerhalb des Modells<br />

bestimmt wird und damit insbesondere<br />

auch (hier durch AIDS) beeinflusst werd<strong>en</strong><br />

kann. In ihrem Modell <strong>en</strong>tsteht langfristiges<br />

Wachstum des Einkomm<strong>en</strong>s pro Kopf<br />

durch die Akkumulation von Humankapital,<br />

womit der gesamte Bestand an Wiss<strong>en</strong><br />

und Fähigkeit<strong>en</strong> in der Bevölkerung<br />

gemeint ist. Der Bestand an Humankapital<br />

und damit auch die Ökonomie insgesamt<br />

wachs<strong>en</strong> im Modell durch die Weitergabe<br />

von Humankapital von der älter<strong>en</strong> an die<br />

jüngere G<strong>en</strong>eration und durch Investition<strong>en</strong><br />

in die formale Ausbildung der Kinder.<br />

Die Autor<strong>en</strong> argum<strong>en</strong>tier<strong>en</strong>, dass<br />

HIV/AIDS in mehrfacher Weise die Humankapitalbildung<br />

und die Anreize zu derselb<strong>en</strong><br />

beeinträchtigt und somit ökonomisches<br />

Wachstum geschwächt oder sogar verhindert<br />

wird. Dies ist von der z<strong>en</strong>tral<strong>en</strong> Beobachtung<br />

inspiriert, dass vor allem junge<br />

Erwachs<strong>en</strong>e in ihr<strong>en</strong> produktivst<strong>en</strong> Jahr<strong>en</strong><br />

von AIDS betroff<strong>en</strong> sind. In der Folge steigt<br />

bei einer weit<strong>en</strong> Verbreitung von HIV in<br />

der Bevölkerung die Wahrscheinlichkeit<br />

schon als junger Erwachs<strong>en</strong>er zu sterb<strong>en</strong><br />

signifikant an. Durch d<strong>en</strong> Tod des produktivst<strong>en</strong><br />

Teils der Bevölkerung wird erst<strong>en</strong>s<br />

direkt das Humankapital der jung<strong>en</strong><br />

Erwachs<strong>en</strong><strong>en</strong> zerstört, das sie währ<strong>en</strong>d der<br />

Kindheit, Schulzeit und währ<strong>en</strong>d der erst<strong>en</strong><br />

Arbeitsjahre erworb<strong>en</strong> hab<strong>en</strong>.<br />

Zweit<strong>en</strong>s zerstört AIDS d<strong>en</strong> Mechanismus<br />

der Humankapitalbildung. W<strong>en</strong>n ein<br />

oder beide Elternteile sterb<strong>en</strong>, verlier<strong>en</strong> die<br />

Kinder die Liebe, das Wiss<strong>en</strong> und die Fürsorge<br />

ihrer Eltern. Dies schwächt die Übergabe<br />

von Wiss<strong>en</strong> und Fähigkeit<strong>en</strong> von<br />

G<strong>en</strong>eration zu G<strong>en</strong>eration. Außerdem sinkt<br />

durch Krankheit, medizinische Ausgab<strong>en</strong><br />

und d<strong>en</strong> früh<strong>en</strong> Tod der Erwachs<strong>en</strong><strong>en</strong> das<br />

verfügbare Leb<strong>en</strong>seinkomm<strong>en</strong> des Haushalts,<br />

was dazu führ<strong>en</strong> kann, dass die Kinder<br />

w<strong>en</strong>iger Zeit in der Schule verbring<strong>en</strong><br />

und arbeit<strong>en</strong> müss<strong>en</strong>, um die Familie zu<br />

ernähr<strong>en</strong>. Die Chance, dass sich die Kinder<br />

selbst mit HIV infizier<strong>en</strong>, kann zusätzlich<br />

die Investition in die Ausbildung der Kinder<br />

für ein<strong>en</strong> Haushalt w<strong>en</strong>iger attraktiv<br />

erschein<strong>en</strong> lass<strong>en</strong>.<br />

Dritt<strong>en</strong>s werd<strong>en</strong> Kinder von AIDS<br />

Opfern, die nur eine begr<strong>en</strong>zte M<strong>en</strong>ge an<br />

Bildung, Wiss<strong>en</strong> und Fähigkeit<strong>en</strong> von ihr<strong>en</strong><br />

Eltern erhalt<strong>en</strong> hab<strong>en</strong>, selbst nur eingeschränkt<br />

fähig sein, Humankapital an ihre<br />

Kinder weiterzugeb<strong>en</strong> und für der<strong>en</strong> Ausbildung<br />

zu sorg<strong>en</strong>. Daraus kann ein Teufelskreis<br />

<strong>en</strong>tsteh<strong>en</strong>, der die Ökonomie

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