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Textbuch zur Auslandsakademie Afrique en ... - Cusanuswerk

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sollst-Press<strong>en</strong> der ein<strong>en</strong> und dem Stöhn<strong>en</strong><br />

der ander<strong>en</strong> unverdross<strong>en</strong> beglückwünscht<br />

wurde.[…] J<strong>en</strong>er Ab<strong>en</strong>d war der Auftakt zu<br />

meiner Berühmtheit. Ich wurde gebor<strong>en</strong>,<br />

wie Myth<strong>en</strong> gebor<strong>en</strong> werd<strong>en</strong>: von lauter<br />

«Es-heißt begleitet». 7<br />

Romane wie dieser werd<strong>en</strong> in Europa<br />

begeistert geles<strong>en</strong>, in Kamerun selbst hat<br />

Literatur jedoch ein<strong>en</strong> schwer<strong>en</strong> Stand.<br />

Mongo Beti, der in Yaoundé die Buchhandlung<br />

„Librairie des Peuples Noirs besaß,<br />

erklärt in folg<strong>en</strong>dem Interview weshalb:<br />

„Literatur und auch die ander<strong>en</strong> europäisch<strong>en</strong><br />

bürgerlich<strong>en</strong> Kunstform<strong>en</strong> wie bild<strong>en</strong>de<br />

Kunst oder klassische Musik spiel<strong>en</strong><br />

in Kamerun nur eine geringe Rolle. Das hat<br />

ganz praktische Gründe: Papier wird in<br />

Kamerun nicht hergestellt. Es muss importiert<br />

werd<strong>en</strong> und ist <strong>en</strong>tsprech<strong>en</strong>d teuer.<br />

Die meist<strong>en</strong> Bücher werd<strong>en</strong> im Ausland<br />

gedruckt, was sie für viele M<strong>en</strong>sch<strong>en</strong> hier<br />

fast unerschwinglich macht. Es gibt allerdings<br />

ein<strong>en</strong> ausgedehnt<strong>en</strong> Gebrauchtbuchhandel<br />

auf d<strong>en</strong> Märkt<strong>en</strong>, der das zum Teil<br />

ausgleicht.[…] Es gibt in Kamerun keine<br />

Tradition des Red<strong>en</strong>s über Literatur, des<br />

Sichverständig<strong>en</strong>s auf der Grundlage literarisch<br />

verarbeiteter Realität. Die Literaturkritik<br />

hat sich im 18. Jahrhundert in Europa<br />

<strong>en</strong>twickelt – und zwar als Ausdrucksmittel<br />

einer speziell<strong>en</strong> Gesellschaftsschicht: des<br />

Bürgertums. Darüber d<strong>en</strong>kt heute in<br />

Europa niemand mehr nach, doch in Afrika<br />

gab es bisher noch keine gesellschaftliche<br />

Gruppe, die sich auf diese Weise über ihre<br />

nationale oder ethnische Zusamm<strong>en</strong>gehörigkeit<br />

verständigt hätte. In Europa erhält<br />

Literatur ihre Bedeutung aus der Wertschätzung<br />

der bürgerlich<strong>en</strong> Öff<strong>en</strong>tlichkeit.<br />

[…] In Kamerun gibt es kein Bürgertum,<br />

das literarische Bildung als Wert ansieht. Es<br />

gibt keine Struktur<strong>en</strong>, die <strong>zur</strong> Entstehung<br />

und Verbreitung von Literatur nötig sind.<br />

[…] Dass es in Kamerun doch einige Autor<strong>en</strong><br />

und Leser gibt, ist eine Folge der Kolonialisierung,<br />

es ist eine importierte Kulturform.<br />

Man weiß, dass Schriftsteller in<br />

Europa wichtige Person<strong>en</strong> sind. Und viele<br />

junge Kameruner woll<strong>en</strong> Schriftsteller werd<strong>en</strong><br />

weg<strong>en</strong> des Prestiges, das mit diesem<br />

Beruf verbund<strong>en</strong> ist. Doch das Prestige ist<br />

eb<strong>en</strong>falls importiert. Um in Kamerun als<br />

Schriftsteller Erfolg zu hab<strong>en</strong>, muss man in<br />

Frankreich erfolgreich sein, wie die Autorin<br />

Calixthe Beyala. Erst nachdem ihre Bücher<br />

in Frankreich verlegt und rez<strong>en</strong>siert word<strong>en</strong><br />

war<strong>en</strong>, berichtet<strong>en</strong> die Zeitung<strong>en</strong> in Kamerun<br />

darüber, und erst jetzt werd<strong>en</strong> sie hier<br />

geles<strong>en</strong>.“<br />

Um Literatur bekannter zu mach<strong>en</strong>,<br />

schlägt Mongo Beti deshalb vor, private<br />

Radios<strong>en</strong>der <strong>zur</strong> Hilfe zu nehm<strong>en</strong>, im<br />

Radio Neuerscheinung<strong>en</strong> zu besprech<strong>en</strong><br />

und Bücher vorzules<strong>en</strong>. 8<br />

Zeitg<strong>en</strong>össische Kunst hat ein<strong>en</strong> ähnlich<br />

schwierig<strong>en</strong> Stand wie Literatur, da auch<br />

hier die <strong>en</strong>tsprech<strong>en</strong>de Infrastruktur fehlt.<br />

Die w<strong>en</strong>ig<strong>en</strong> Muse<strong>en</strong> sind Völkerkundemuse<strong>en</strong>,<br />

erst seit 1993 wird an der Universität<br />

von Yaoundé I Kunst und Kunstgeschichte<br />

unterrichtet, Revu<strong>en</strong>oire, die wichtigste<br />

Zeitschrift für zeitg<strong>en</strong>össische afrikanische<br />

Kunst wird in Paris herausgegeb<strong>en</strong> und die<br />

Kunstschule itali<strong>en</strong>ischer Gründung auf der<br />

Missionsstation von Mbalmayo gibt es erst<br />

seit 1992. 9 Als Barthélémy Toguo1989<br />

beschloss, im Ausland Kunst zu studier<strong>en</strong>,<br />

wurde er von sein<strong>en</strong> Eltern für undankbar<br />

gehalt<strong>en</strong>, da sie ihn auf eine westliche Schule<br />

geschickt hatt<strong>en</strong>, damit er Funktionär<br />

würde. Der Künstler, der in Holzskulptur<strong>en</strong><br />

Them<strong>en</strong> wie Demütigung<strong>en</strong> beim Gr<strong>en</strong>zübergang,<br />

ökonomische Ausbeutung, Suche<br />

nach Visa <strong>zur</strong> Sprache bringt, äußert über<br />

seine Kunst: „Ich versuche wirklich, meine<br />

eig<strong>en</strong>e Person zu analysier<strong>en</strong> und zu versteh<strong>en</strong>.<br />

Seit meiner Abreise aus Afrika nach<br />

Europa stelle ich mir die Frage zu wiss<strong>en</strong>,<br />

woher ich komme und wohin ich gehe. Ich<br />

habe mit meinem Körper und Baumstämm<strong>en</strong><br />

gearbeitet. Ich habe mir die Frage<br />

gestellt, welch<strong>en</strong> Platz der Künstler in der<br />

modern<strong>en</strong> Gesellschaft in Afrika hat. Mein<br />

Vater glaubte, daß es für mich gar kein<strong>en</strong><br />

Platz in meinem Heimatland gibt. […]<br />

Solange es in Kamerun keine künstlerische<br />

Ausbildung gibt, wird es niemals eine<br />

Zukunft für die Kunst in diesem Land<br />

geb<strong>en</strong>. Die Schüler hab<strong>en</strong> keine Ahnung<br />

von Kunst, sie k<strong>en</strong>n<strong>en</strong> nichts; sie könn<strong>en</strong><br />

kein Museum besuch<strong>en</strong>: es gibt keines in<br />

Kamerun. Für die Jung<strong>en</strong> ist es sehr schwer,<br />

mit ihr<strong>en</strong> Wurzeln in Kontakt zu komm<strong>en</strong>.<br />

[…] In Gr<strong>en</strong>oble ging ich jed<strong>en</strong> Morg<strong>en</strong> in<br />

die Bibliothek, um alles zu les<strong>en</strong>, was mit<br />

der Geschichte meines Volkes der Bamileke<br />

zu tun hat, wie einer, der eine fremde Sprache<br />

lernt. Ich habe dort begonn<strong>en</strong>, Afrika<br />

zu <strong>en</strong>tdeck<strong>en</strong>.“ 10<br />

Da keine Rezeptionsgewohnheit<strong>en</strong> besteh<strong>en</strong>,<br />

stoß<strong>en</strong> Kunstwerke oft auf Unverständnis.<br />

Als die Skulptur „La Nouvelle Liberté“<br />

von Joseph-Francis Soumégné in Douala<br />

aufgestellt wurde, sagt<strong>en</strong> die Leute die sei<br />

von dem Verrückt<strong>en</strong> aus Déido. Inzwisch<strong>en</strong><br />

aber hat man sich an die Skulptur gewöhnt<br />

und sie ist sogar zum Postkart<strong>en</strong>motiv<br />

geword<strong>en</strong>. 11 La Nouvelle Liberté ist in der<br />

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