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Textbuch zur Auslandsakademie Afrique en ... - Cusanuswerk

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So wurde „Afrika“ auf der ein<strong>en</strong> Seite<br />

zum Synonym für das verlor<strong>en</strong> gegang<strong>en</strong>e<br />

Paradies, zum Bild der Harmonie zwisch<strong>en</strong><br />

M<strong>en</strong>sch und Natur – und das selbst noch im<br />

Rückblick auf eine im Untergang begriff<strong>en</strong>e<br />

Welt: „Ich hatte eine Farm in Afrika am<br />

Fuße der Ngongberge“ beginnt Tanja Blix<strong>en</strong><br />

ihr zu einem modern<strong>en</strong> Klassiker avanciertes<br />

Memorialbuch „J<strong>en</strong>seits von Afrika“<br />

(1937). Auf der ander<strong>en</strong> Seite wird „Afrika“<br />

als Bild „der ander<strong>en</strong> Welt“, als Antithese<br />

<strong>zur</strong> Zivilisation <strong>en</strong>tworf<strong>en</strong> – was allerdings<br />

Anlass bietet, „Europa“ die Maske<br />

vom Gesicht zu reiß<strong>en</strong>:<br />

„Schlagt diese Besti<strong>en</strong> alle tot“<br />

wütet der wahnsinnige Kurtz in<br />

seinem Plädoyer für die zivilisatorisch<strong>en</strong><br />

Aufgab<strong>en</strong> der Weiß<strong>en</strong><br />

bei „d<strong>en</strong> Wild<strong>en</strong>“ in Joseph Conrads<br />

wirkmächtiger Erzählung<br />

„Herz der Finsternis“ (1902).<br />

W<strong>en</strong>ige Jahre zuvor hatt<strong>en</strong> sich<br />

die europäisch<strong>en</strong> Mächte auf der<br />

Berliner Kongo-Konfer<strong>en</strong>z<br />

(1884/85) darauf verständigt,<br />

ihre kolonial<strong>en</strong> Ansprüche auf<br />

d<strong>en</strong> in weit<strong>en</strong> Teil<strong>en</strong> einer terra<br />

incognita gleich<strong>en</strong>d<strong>en</strong> Kontin<strong>en</strong>t<br />

miteinander in Einklang zu<br />

bring<strong>en</strong>. „Afrika ist für Europa“<br />

schreibt Chinua Achebe in sein<strong>en</strong><br />

Essays „Ein Bild von Afrika“<br />

(1988), „was das Bild für Dorian<br />

Gray ist – ein Träger, auf dem<br />

der Herr seine physisch<strong>en</strong> und<br />

moralisch<strong>en</strong> Deformiertheit<strong>en</strong><br />

ablädt, damit er aufrecht und<br />

unbefleckt voranschreit<strong>en</strong> kann.<br />

Folglich ist Afrika etwas, was<br />

man vermeid<strong>en</strong> muß, g<strong>en</strong>auso<br />

wie das Bild versteckt werd<strong>en</strong><br />

muß, um die gefährdete Integrität des M<strong>en</strong>sch<strong>en</strong><br />

sicherzustell<strong>en</strong>. Laß dich nicht ein<br />

mit Afrika, sonst wehe dir!“<br />

„The white man’s burd<strong>en</strong>“<br />

Die Geograph<strong>en</strong> füllt<strong>en</strong> diese vermeintliche<br />

Leere des Kontin<strong>en</strong>ts mit der Beschriftung<br />

„hic sunt leones“ – hier gibt es Löw<strong>en</strong> -, und<br />

in d<strong>en</strong> Ausgab<strong>en</strong> der Encyclopedia Britannica<br />

vor 1940 war die Rede vom „universal<br />

anerkannt<strong>en</strong> G<strong>en</strong>ius der Kolonisation“, von<br />

der „Bürde des Weiß<strong>en</strong> Mannes“, die man<br />

in all<strong>en</strong> Breit<strong>en</strong> des Erdballs auf sich gelad<strong>en</strong><br />

habe, um d<strong>en</strong> „rückständig<strong>en</strong> Völkern“<br />

Fortschritt, Bildung, Erziehung und Zivilisation<br />

zu bring<strong>en</strong>. Doch selbst der Beauftragte<br />

von Belgi<strong>en</strong>s König Leopold II., H<strong>en</strong>ry<br />

Morton Stanley, wusste bereits 1879: „Jeder<br />

„<br />

Afrika ist für Europa,<br />

was das Bild für Dorian<br />

Gray ist – ein Träger,<br />

auf dem der Herr<br />

seine physisch<strong>en</strong> und<br />

moralisch<strong>en</strong> Deformiertheit<strong>en</strong><br />

ablädt,<br />

damit er aufrecht und<br />

unbefleckt voranschreit<strong>en</strong><br />

kann. Folglich<br />

ist Afrika etwas,<br />

was man vermeid<strong>en</strong><br />

muß, g<strong>en</strong>auso wie das<br />

Bild versteckt werd<strong>en</strong><br />

muß, um die gefährdete<br />

Integrität des M<strong>en</strong>sch<strong>en</strong><br />

sicherzustell<strong>en</strong>.<br />

Laß dich nicht ein mit<br />

Afrika, sonst wehe dir!<br />

“ CHINUA ACHEBE<br />

Elefant<strong>en</strong>zahn, jedes Stückch<strong>en</strong> Elf<strong>en</strong>bein<br />

ist mit Blut gefärbt: ein halbes Kilo Elf<strong>en</strong>bein<br />

hat ein<strong>en</strong> schwarz<strong>en</strong> M<strong>en</strong>sch<strong>en</strong> das<br />

Leb<strong>en</strong> gekostet; für w<strong>en</strong>iger als drei Kilo<br />

wird eine Hütte niedergebrannt; für zwei<br />

Stoßzähne wird ein ganzes Dorf, für zwanzig<br />

ein Distrikt <strong>en</strong>tvölkert. Um Luxusartikel<br />

aus Elf<strong>en</strong>bein und Billardkugeln zu fabrizier<strong>en</strong>,<br />

verwandelt man das Herz Afrikas in<br />

eine riesige Wüste und rottet ganze Stämme<br />

aus“. Heute muss man an die Stelle von<br />

Elf<strong>en</strong>bein nur Öl, Koltan und Diamant<strong>en</strong><br />

setz<strong>en</strong> – und schon find<strong>en</strong> wir<br />

uns in der unerträglich<strong>en</strong> Realität<br />

unserer Tage wieder. Bleibt<br />

Afrika der Kontin<strong>en</strong>t der drei<br />

K’s: der Kriege, Krankheit<strong>en</strong><br />

und Katastroph<strong>en</strong>? Afrika – ein<br />

verlor<strong>en</strong>er Kontin<strong>en</strong>t, ein dauernder<br />

Sozialfall?<br />

Die cusanische <strong>Auslandsakademie</strong><br />

zum Auftakt des fünfzigst<strong>en</strong><br />

Gründungsjubiläums der<br />

Bischöflich<strong>en</strong> Studi<strong>en</strong>förderung<br />

lädt 26 Stip<strong>en</strong>diatinn<strong>en</strong> und Stip<strong>en</strong>diat<strong>en</strong><br />

am Ende ihrer Förderzeit<br />

dazu ein, sich hautnah<br />

mit d<strong>en</strong> Leb<strong>en</strong>swirklichkeit<strong>en</strong><br />

eines afrikanisch<strong>en</strong> Staates zu<br />

beschäftig<strong>en</strong>, sich in d<strong>en</strong> Begegnung<strong>en</strong><br />

vor Ort auf afrikanische<br />

Perspektiv<strong>en</strong> einzulass<strong>en</strong> und<br />

das Gespräch miteinander zu<br />

such<strong>en</strong> – wie die eig<strong>en</strong>e Infragestellung<br />

zu versuch<strong>en</strong>.<br />

Dabei ist die Kameruner<br />

Geg<strong>en</strong>wart kaum noch von der<br />

deutsch<strong>en</strong> Kolonialgeschichte<br />

geprägt, währ<strong>en</strong>d das <strong>Textbuch</strong><br />

dieser geschichtlich<strong>en</strong> Epoche<br />

ein deutlich stärkeres Gewicht<br />

beimisst. Aber die Auseinandersetzung mit<br />

der eig<strong>en</strong><strong>en</strong> Geschichte der Reis<strong>en</strong>d<strong>en</strong><br />

bedeutet auch, sie mit d<strong>en</strong> vergess<strong>en</strong><strong>en</strong><br />

Aspekt<strong>en</strong> deutscher Weltansprüche zu konfrontier<strong>en</strong>,<br />

währ<strong>en</strong>d für Kameruner Verhältnisse<br />

die französische „Mandats“-Zeit<br />

wes<strong>en</strong>tlich wirkmächtiger war, wie sich an<br />

der Zahl von Regierungs- und Militär-Beratern<br />

im Land eb<strong>en</strong>so ables<strong>en</strong> lässt wie an<br />

d<strong>en</strong> fast ausschließlich französisch<strong>en</strong> Unternehm<strong>en</strong>sleitung<strong>en</strong>.<br />

Globale Perspektiv<strong>en</strong><br />

W<strong>en</strong>n die Bischöfliche Studi<strong>en</strong>förderung<br />

von ihr<strong>en</strong> Stip<strong>en</strong>diat<strong>en</strong> erwartet, gesellschaftsrelevante<br />

Them<strong>en</strong> nicht zu vernachlässig<strong>en</strong>,<br />

und stattdess<strong>en</strong> Stellung zu bezieh<strong>en</strong><br />

und Verantwortung zu übernehm<strong>en</strong>, so<br />

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