Textbuch zur Auslandsakademie Afrique en ... - Cusanuswerk
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verlor<strong>en</strong> geglaubte Ball <strong>zur</strong>ückgetauscht<br />
wurde und nur für kurze Zeit mit einem<br />
Ersatzball gespielt wurde. Aber ein Zauberer<br />
findet immer ein<strong>en</strong> Schuldig<strong>en</strong>…<br />
Einer der größt<strong>en</strong> Fußballheld<strong>en</strong> Kameruns<br />
ist Roger Milla. Er lernte das Kick<strong>en</strong><br />
wie so viele Afrikaner mit zusamm<strong>en</strong>geknotet<strong>en</strong><br />
auf der Strasse. Seine Karriere<br />
begann 1965 bei „Eclair“ in Douala. Er<br />
spielte anschließ<strong>en</strong>d bei „Tonnere“ in<br />
Yaoundé, in der Nationalmannschaft und<br />
als Profi in divers<strong>en</strong> französisch<strong>en</strong> Clubs.<br />
Dort blieb er jedoch trotz seiner Erfolge<br />
lange Zeit der „Import aus der dritt<strong>en</strong><br />
Welt“: unterschätzt und unterbezahlt. 1988<br />
be<strong>en</strong>dete er seine Laufbahn, doch w<strong>en</strong>ig<br />
später wurde er von Kameruns Staatspräsid<strong>en</strong>t<br />
Paul Biya in die Nationalmannschaft<br />
<strong>zur</strong>ückgeruf<strong>en</strong>. Mit sein<strong>en</strong> 38 Jahr<strong>en</strong> war er<br />
damit der Veteran der Mannschaft und wurde<br />
von Trainern, Journalist<strong>en</strong> und Politikern<br />
verspottet. Bis die WM 1990 kam.<br />
D<strong>en</strong>n da überraschte er mit spektakulär<strong>en</strong><br />
Tor<strong>en</strong> und sein<strong>en</strong> Sambatänz<strong>en</strong> an der Eckfahne<br />
die ganze Fußballwelt. Zusamm<strong>en</strong> mit<br />
d<strong>en</strong> „Lions indomptables“, d<strong>en</strong> „Unbezähmbar<strong>en</strong><br />
Löw<strong>en</strong>“ (Kameruns Nationalmannschaft)<br />
besiegte er in der Vorrunde<br />
d<strong>en</strong> Favorit<strong>en</strong> Arg<strong>en</strong>tini<strong>en</strong> und brachte<br />
Kamerun bis ins Viertelfinale. Trotz der<br />
Niederlage geg<strong>en</strong> England im Viertelfinale<br />
befand sich Kamerun tagelang wie in Trance,<br />
es wurde Tag und Nacht gefeiert, und<br />
Roger Milla wurde zum Nationalheld<strong>en</strong><br />
sowie zu Afrikas Fußballer des Jahres. Es<br />
war die bisher beste Leistung einer afrikanisch<strong>en</strong><br />
Nationalmannschaft. Bei d<strong>en</strong> folg<strong>en</strong>d<strong>en</strong><br />
Weltmeisterschaft<strong>en</strong> schaffte Kamerun<br />
es jedoch bis heute leider nicht mehr über<br />
die Vorrunde hinaus, obwohl Kamerun<br />
neb<strong>en</strong> Nigeria nach wie vor zu d<strong>en</strong> stärkst<strong>en</strong><br />
Fußballnation<strong>en</strong> Afrikas zählt.<br />
Deutschland und Kamerun traf<strong>en</strong> erstmalig<br />
in der WM 2002 in der Vorrunde aufeinander,<br />
ihr erinnert euch sicherlich noch lebhaft<br />
an dieses nerv<strong>en</strong>zerrütt<strong>en</strong>de Spiel, in<br />
dem Deutschland 2:0 als Sieger hervorging.<br />
Größere Erfolge verbuchte Kamerun 1984,<br />
1988, 2000 und 2002, als das Nationalteam<br />
d<strong>en</strong> „African National Cup“ (Afrikameisterschaft<strong>en</strong>)<br />
gewann. Darüber hinaus gewann<br />
das Nationalteam die Goldmedaille bei d<strong>en</strong><br />
olympisch<strong>en</strong> Spiel<strong>en</strong> im Jahr 2000. Warum<br />
d<strong>en</strong> „Unbezähmbar<strong>en</strong> Löw<strong>en</strong>“ d<strong>en</strong>noch<br />
kein konstanter Aufstieg beschert wird, hat<br />
dieselb<strong>en</strong> Ursach<strong>en</strong>, die d<strong>en</strong> meist<strong>en</strong> ander<strong>en</strong><br />
afrikanisch<strong>en</strong> Nationalmannschaft<strong>en</strong><br />
d<strong>en</strong> Erfolg verwehr<strong>en</strong>: Geldunterschlagung<br />
(die Spieler erhalt<strong>en</strong> oft monatelang kein<strong>en</strong><br />
Lohn), Kompet<strong>en</strong>zgerangel im Führungsteam,<br />
Einmischung inkompet<strong>en</strong>ter Politiker,<br />
schlechte Organisation, Korruption. Doch<br />
das ändert nichts an der Fußballbegeisterung<br />
im Land. W<strong>en</strong>n die „Unbezähmbar<strong>en</strong><br />
Löw<strong>en</strong>“ ihre Trikots in d<strong>en</strong> grün-rot-gelb<strong>en</strong><br />
Landesfarb<strong>en</strong> oder ihre – in der WM verbot<strong>en</strong><strong>en</strong><br />
– ärmellos<strong>en</strong> Hemd<strong>en</strong> trag<strong>en</strong>, dann<br />
interessiert kein<strong>en</strong> mehr das Chaos, das die<br />
Mannschaft umgibt. Dann zähl<strong>en</strong> nur noch<br />
die Löw<strong>en</strong>.<br />
Furore um die Spielkleidung der Kameruner<br />
Nationalelf gab es bei der Afrikameisterschaft<br />
2004, als die Fußballprofis mit<br />
einem von der Sportartikelfabrik Puma <strong>en</strong>tworf<strong>en</strong><strong>en</strong><br />
<strong>en</strong>ganlieg<strong>en</strong>d<strong>en</strong> Einteiler erschi<strong>en</strong><strong>en</strong>.<br />
Dieses Outfit, das d<strong>en</strong> Trikottausch<br />
nach dem Spiel eb<strong>en</strong>so unmöglich macht<br />
wie das verlotterte Heraushäng<strong>en</strong> des Trikots<br />
aus der Hose oder das leidige Zerr<strong>en</strong><br />
der Gegner an der Kleidung, gefiel d<strong>en</strong><br />
Herr<strong>en</strong> der Fifa ganz und gar nicht. Laut<br />
einer festgesetzt<strong>en</strong> Regel sei ein Spiel nur<br />
dann gültig, w<strong>en</strong>n die Mannschaft<strong>en</strong> mit<br />
Trikot, Hose und Strümpf<strong>en</strong>, also in drei<br />
Teil<strong>en</strong> bekleidet sind. Um ein Haar hätte<br />
das Auftaktspiel der Löw<strong>en</strong> nicht stattgefund<strong>en</strong>,<br />
da der Schiedsrichter das Outfit<br />
nicht akzeptierte und keine ander<strong>en</strong> Trikots<br />
mitgebracht word<strong>en</strong> war<strong>en</strong>. Kurz vor dem<br />
geplant<strong>en</strong> Spielbeginn musst<strong>en</strong> sich die<br />
Spieler per Fax eine Erlaubnis vom Verbandschef<br />
einhol<strong>en</strong>, damit das Spiel überhaupt<br />
angepfiff<strong>en</strong> werd<strong>en</strong> konnte.<br />
Kameruns beste Spieler kick<strong>en</strong> zum<br />
größt<strong>en</strong> Teil in Europa. Doch das stört<br />
eig<strong>en</strong>tlich niemand<strong>en</strong>. D<strong>en</strong>n erst<strong>en</strong>s bringt<br />
das Land Jahr für Jahr so viele Tal<strong>en</strong>te hervor,<br />
dass man sich um Zukunft oder Geg<strong>en</strong>wart<br />
des Nationalteams nicht sorg<strong>en</strong> muss.<br />
Zweit<strong>en</strong>s könn<strong>en</strong> die Kameruner Spieler<br />
nur im Ausland richtig Karriere mach<strong>en</strong><br />
und d<strong>en</strong> sozial<strong>en</strong> Aufstieg schaff<strong>en</strong>. Und<br />
Dritt<strong>en</strong>s find<strong>en</strong> zum Spiel der Nationalmannschaft<br />
ja alle Starkicker Kameruns<br />
wieder zusamm<strong>en</strong>. Volk wie Politiker knüpf<strong>en</strong><br />
große Erwartung<strong>en</strong> und Hoffnung<strong>en</strong> an<br />
die Leistung<strong>en</strong> ihrer „Unbezähmbar<strong>en</strong><br />
Löw<strong>en</strong>“. Kameruns Staatspräsid<strong>en</strong>t Paul<br />
Biya sagte einmal: „Fußball löst die Probleme<br />
in unserem Land“. Fußball ist eine<br />
Staatsangeleg<strong>en</strong>heit. Vor wichtig<strong>en</strong> Turnier<strong>en</strong><br />
lässt Biya die Mannschaft aus ganz<br />
Europa nach Yaoundé einflieg<strong>en</strong>, um sie<br />
mit pathetisch<strong>en</strong> Wort<strong>en</strong> auf das bevorsteh<strong>en</strong>de<br />
Spiel einzustimm<strong>en</strong>. Nach dem Präsid<strong>en</strong>t<strong>en</strong><br />
komm<strong>en</strong> die Minister an die Reihe,<br />
jeder spricht mit Pathos und Patriotismus<br />
von der glorreich<strong>en</strong> sportlich<strong>en</strong> Zukunft<br />
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