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Textbuch zur Auslandsakademie Afrique en ... - Cusanuswerk

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140<br />

Technik der récupération hergestellt, die<br />

viel<strong>en</strong> jung<strong>en</strong> Künstlern gemeinsam ist.<br />

Man verw<strong>en</strong>det Gebrauchsgeg<strong>en</strong>stände wieder<br />

und weiter, so dass auch die Spur<strong>en</strong><br />

ihrer B<strong>en</strong>utzung Eingang in das Werk find<strong>en</strong>.<br />

Der deutsche Künstler Christian<br />

Hanussek, der in Yaoundé mit kamerunisch<strong>en</strong><br />

Künstlern ein<strong>en</strong> Workshop abhielt,<br />

äußert sich dazu wie folgt: „La récupération<br />

wurde für mich zum Schlüsselbegriff für die<br />

jüngere kamerunische Kunst. Dieser<br />

Begriff, der von d<strong>en</strong> Künstlern oft verw<strong>en</strong>det<br />

wurde, bezeichnet zum ein<strong>en</strong> die Arbeit<br />

mit Assemblag<strong>en</strong> aus Objets trouvés, lässt<br />

sich aber auch verw<strong>en</strong>d<strong>en</strong> für d<strong>en</strong> Umgang<br />

mit Bildern, Bildtradition<strong>en</strong>, Symbol<strong>en</strong> und<br />

der Arbeit der Künstler an der<strong>en</strong> Neubestimmung<strong>en</strong>.<br />

Das Recycling oder la Récupération<br />

ist eine z<strong>en</strong>trale afrikanische Kulturarbeit;<br />

dieser Verdauungsprozess von fremd<strong>en</strong><br />

Abfäll<strong>en</strong> muß als id<strong>en</strong>titätspräg<strong>en</strong>d<br />

angeseh<strong>en</strong> werd<strong>en</strong>. Das Aufgreif<strong>en</strong> dieses<br />

Themas durch die jüngere Künstlerg<strong>en</strong>eration<br />

führt jed<strong>en</strong>falls in viel pragmatischere<br />

kulturelle Selbstbestimmung<strong>en</strong> als das ältere,<br />

noch aus dem Geist der „Négritude“<br />

stamm<strong>en</strong>de, eher idealistische Konzept<br />

einer R<strong>en</strong>aissance alt-afrikanischer Tradition<strong>en</strong>.“<br />

12<br />

Einer der bekanntest<strong>en</strong> kamerunisch<strong>en</strong><br />

Künstler, der allerdings in Belgi<strong>en</strong> lebt und<br />

auch mit dem Prinzip der récupération<br />

arbeitet, ist der 1967 gebor<strong>en</strong>e Pascale<br />

Marthine Tayou. Er nimmt eine Art Mittlerrolle<br />

ein, da er auch Kontakt <strong>zur</strong> Kunstsz<strong>en</strong>e<br />

Kameruns besitzt. Anlässlich der Bi<strong>en</strong>nale<br />

in Lyon im Jahr 2000 schickte er ein Auto<br />

<strong>zur</strong>ück nach Europa, als Geg<strong>en</strong>bewegung<br />

zum Strom der Gebrauchtwag<strong>en</strong>, die nach<br />

Kamerun gelang<strong>en</strong>. Dieses, nach europäischem<br />

Standard, hoffnungslos kaputte Auto<br />

zeugte von seiner Inbesitznahme durch<br />

Afrika, wo es selbstverständlich im Straß<strong>en</strong>verkehr<br />

eingesetzt wurde und diese Aneignung<br />

auch Spur<strong>en</strong> hinterließ. Die überrasch<strong>en</strong>d<strong>en</strong><br />

Pot<strong>en</strong>tiale afrikanischer récupération<br />

werd<strong>en</strong> an diesem Beispiel deutlich,<br />

wobei das Projekt Konzeptcharakter besitzt,<br />

wie er in der aktuell<strong>en</strong> Sz<strong>en</strong>e verlangt wird,<br />

ihm jedoch eine expressive Qualität auch<br />

nicht abzusprech<strong>en</strong> ist. 13<br />

In einer Installation auf der in Deutschland<br />

gezeigt<strong>en</strong> Ausstellung „Africa Screams“<br />

nimmt Tayou das Großstadtleb<strong>en</strong> zum<br />

Thema. „L’epouvantail“ – die Vogelscheuche,<br />

ein aus verschied<strong>en</strong><strong>en</strong> Materiali<strong>en</strong><br />

zusamm<strong>en</strong>gesetztes Objekt, hängt als Wächterfigur<br />

neb<strong>en</strong> einer Fünfergruppe ähnlicher<br />

Gestalt<strong>en</strong>, besteh<strong>en</strong>d aus Holzstück<strong>en</strong><br />

Teil<strong>en</strong> einer Plastikpuppe, einer Zahnbürste,<br />

Dos<strong>en</strong>deckel, Stroh und schwarzer Farbe.<br />

Diese Objekte, „la merde“ (die Scheiße)<br />

betitelt, steh<strong>en</strong> für ein Leb<strong>en</strong> auf der Strasse,<br />

in d<strong>en</strong> Abfäll<strong>en</strong> der Stadt. Vervollständigt<br />

wird die Installation durch ein<strong>en</strong> Sack<br />

voll Erde, der unter d<strong>en</strong> häng<strong>en</strong>d<strong>en</strong> Figur<strong>en</strong><br />

liegt. Die Erde stammt aus dem Heimatdorf<br />

Tayous und versinnbildlicht die <strong>en</strong>twurzelte<br />

Heimat. 14 Auch auf der Dokum<strong>en</strong>ta<br />

11 war Tayou vertret<strong>en</strong> und zeigte eine<br />

Installation mit neu<strong>en</strong> Technologi<strong>en</strong>: Als<br />

Forum für weltweit<strong>en</strong> Austausch und Dialog,<br />

sowie für Übersetzung und Unübersetzbarkeit<br />

hatte der Künstler in einem Raum<br />

Monitore und Kopfhörer verteilt. Auf d<strong>en</strong><br />

Bildschirm<strong>en</strong> war<strong>en</strong> Bilder aus Yaoundé zu<br />

seh<strong>en</strong>, währ<strong>en</strong>d aus d<strong>en</strong> Kopfhörern Geräusche<br />

aus Radios<strong>en</strong>dern aus aller Welt drang<strong>en</strong>.<br />

15 Neb<strong>en</strong> Tayou gibt es auch noch zahlreiche<br />

w<strong>en</strong>ig bekannte Künstler. Ihn<strong>en</strong><br />

di<strong>en</strong>t als Forum die Dak’art, die seit 1992<br />

existier<strong>en</strong>de Bi<strong>en</strong>nale für zeitg<strong>en</strong>össische<br />

afrikanische Kunst in S<strong>en</strong>egals Hauptstadt<br />

Dakar. Allerdings besteht das Publikum dieser<br />

Bi<strong>en</strong>nale zum größt<strong>en</strong> Teil aus Nicht-<br />

Afrikanern und die Kunstwerke komm<strong>en</strong><br />

dann in europäisch<strong>en</strong> oder amerikanisch<strong>en</strong><br />

Sammlung<strong>en</strong> und Muse<strong>en</strong>. 16 In Kamerun<br />

selbst sind in d<strong>en</strong> 90ern zwei Künstlerz<strong>en</strong>tr<strong>en</strong><br />

<strong>en</strong>tstand<strong>en</strong>, neb<strong>en</strong> d<strong>en</strong> existier<strong>en</strong>d<strong>en</strong><br />

Ausstellungsmöglichkeit<strong>en</strong> im Goethe-Institut<br />

und im C<strong>en</strong>tre Culturel Français. Zum<br />

ein<strong>en</strong> bildet das riesige Atelier Pascal K<strong>en</strong>facks<br />

am Rande von Yaoundé ein<strong>en</strong> Treffpunkt<br />

junger Künstler und Kunstinteressierter.<br />

Er hofft, dass aus seiner musée-école<br />

mit der Zeit eine ganze Kunststadt<br />

<strong>en</strong>tsteht. Zum ander<strong>en</strong> wurde in Douala<br />

eine Art Kunstverein gegründet, Doual’art,<br />

zu dem eine Ausstellungshalle gehört, die<br />

als Diskussionsforum fungier<strong>en</strong> kann. Doual’art<br />

organisiert auch Kunstaktion<strong>en</strong> im<br />

öff<strong>en</strong>tlich<strong>en</strong> Raum. Die jung<strong>en</strong> Künstler,<br />

die sich in dies<strong>en</strong> beid<strong>en</strong> Städt<strong>en</strong> treff<strong>en</strong>,<br />

sind zumeist Autodidakt<strong>en</strong> oder war<strong>en</strong> in<br />

der Kunstschule von Mbalmayo. 17 Einige<br />

der Them<strong>en</strong>, die sie interessier<strong>en</strong>, sind die<br />

eig<strong>en</strong>e Id<strong>en</strong>tität, der Künstler als Magier,<br />

Re-konstruktion, afrikanische Symbolik, Klischees<br />

afrikanischer und europäischer<br />

Kunst, Welche Gr<strong>en</strong>z<strong>en</strong> kann man oder<br />

muß man überschreit<strong>en</strong>, um in d<strong>en</strong> Bereich<br />

der Kunst zu komm<strong>en</strong>? Alkoholismus, Prostitution,<br />

Aids. 18 Nicht nur afrikanische<br />

Tradition und Realität find<strong>en</strong> Eingang in<br />

ihr Werk, auch internationale Kunst wird<br />

rezipiert, allerdings vor allem die klassische<br />

Moderne, da es über die Kunstströmung<strong>en</strong>

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