Textbuch zur Auslandsakademie Afrique en ... - Cusanuswerk

Kamerun und der Fußball
von JULIA STÄRK
ußball kam im 19. Jahrhundert über
die Kolonialmächte, vor allem durch
britische Soldaten und Seeleute, auf
den afrikanischen Kontinent. Verbreitet
wurde dieser Sport hauptsächlich durch
Kaufleute, Beamte und Ingenieure. Da die
lokalen Politiker britischer Abstammung
sich jedoch in der Regel mehr für Rugby
und Kricket interessierten, wurde Fußball
in Ländern mit großer britischer Präsenz
(wie Uganda, Kenia und Südafrika) weniger
etabliert als zum Beispiel in Westafrika, wo
er rasch von der einheimischen Bevölkerung
aufgegriffen und zum eigenen Spiel
umfunktioniert wurde.
Fußball hatte in Afrika von Beginn an
eine politische Funktion. Einmischungen
von Seiten der Politiker bei wichtigen Entscheidungen
im Verein sind alltäglich, denn
Fußball wird von den afrikanischen Staatsmännern
als Chefsache betrachtet. Zu Zeiten,
in denen noch die Kolonialherren über
Land und Leute bestimmten, sollten die
von den Einheimischen gegründeten Vereine
für die schwarze Bevölkerung politische
Identifikationsmomente bieten. Man wollte
die von den weißen Kolonialherren gesponserten
Vereine im Spiel schlagen und den
arroganten Kolonialherren auf diese Weise
„Fußball, das ist der Sport, der das Land
beherrscht. Ja, es ist mehr als nur ein Sport. In
Kamerun, in ganz Afrika, ist Fußball fast eine
Religion“
(Roger Milla, GEO Nr. 2 / 1991, S. 60)
demonstrieren, wer der Stärkere ist. Die
Fußballclubs dienten auch als Propagandamittel.
In den Stadien konnten große Gruppen
von Schwarzen zusammenfinden, ohne
die Aufmerksamkeit der kolonialen Obermacht
auf sich zu ziehen. Nach erlangter
Unabhängigkeit sollten die Nationalteams
der jeweiligen jungen Staaten dann dabei
helfen, Patriotismus zu wecken. Fußball war
und wird von jeher als Mittel angesehen,
um sich in der Welt Ansehen und Akzeptanz
zu verschaffen.
Für mich war es sehr überraschend zu
erfahren, dass es einen „Fußball- Entwicklungsdienst“,
eine Sportförderung für afrikanische
Länder gibt. Deutschland lag mit
seiner finanziellen Hilfeleistung lange Jahre
weltweit an der Spitze der Sportförderung.
Neben der finanziellen Unterstützung werden
Trainer in die jeweiligen afrikanischen
Länder geschickt, die strukturierende Aufgaben
in den Vereinen übernehmen sollen.
Diese Arbeit an der Basis ist entscheidend
für eine langfristige und qualitative Verbesserung
des Sportangebotes. Die Sportförderung
wird von den jeweiligen afrikanischen
Ländern beantragt. Staaten, die sich im
Prozess der Demokratisierung befinden,
haben die größten Chancen auf Förderung.
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