Textbuch zur Auslandsakademie Afrique en ... - Cusanuswerk

der politisch Herrschenden glaubwürdig
(gemacht) werden. Hierfür werden sanktionsbewehrte
Bindungsmechanismen wichtig.
Nur dann, wenn es für die herrschende
Elite hinreichend teuer wäre, ihr Versprechen
zu brechen, kann die Bevölkerung darauf
vertrauen, auch tatsächlich in den
Genuss der Früchte ihrer Arbeit zu kommen.
Nur in der Erwartung, selbst ernten
zu können, wird überhaupt gesät werden.
Ein Beispiel für die erfolgreiche Wirkung
solcher Bindungsmechanismen ist die Entwicklung
der Türkei. Durch die Aussicht
auf eine EU-Mitgliedschaft wurden demokratische
Reformen nach innen glaubwürdig
und stärkten Rechtssicherheit und Vertrauen
in die staatlichen Institutionen. Als
Folge zeichnet sich bereits jetzt ein dynamisches
Wirtschaftswachstum ab, von dem
auch jene Gruppen profitieren, die in den
vergangenen Jahren Privilegien aufgegeben
haben.
NePAD als Hilfe zur Selbsthilfe auf dem
Weg zu Demokratie
Demokratisierung und wirtschaftliche Entwicklung
können nicht getrennt betrachtet
werden. Einerseits hängt es von der Politik
ab, wie gut sich die Wirtschaft entwickelt,
denn hier werden die Anreize gesetzt, ob
Ressourcen produktiv verwendet werden
oder nicht. Andererseits kommt es auf die
Wirtschaft an, ob ein politisches Regime
tragfähig ist. Von der Wirtschaft hängt
ebenfalls ab, ob der Übergang vom autokratischen
zum demokratischen Regime möglich
ist. Vor diesem Hintergrund hat
NePAD das Potential, Demokratie und wirtschaftliche
Entwicklung gleichermaßen zu
befördern.
Demokratische Reformen erfordern politische
Glaubwürdigkeit. Hier ist der „African
Peer Review Mechanism“ (APRM) als
innovatives Element politischer Selbstbindung
zu begrüßen. Dieses Monitoring-
System lässt sich als Versuch interpretieren,
Glaubwürdigkeit gleichsam von außen zu
importieren: Während eine bloße Ankündigung
bestimmter Maßnahmen aufgrund
zahlreicher enttäuschender Erfahrungen in
der Vergangenheit Gefahr liefe, innenpolitisch
folgenlos zu bleiben, sorgt dieses kollektive
Arrangement für eine größere
Transparenz und Verlässlichkeit der angekündigten
Selbstbindungen. Gleichzeitig
trägt die wirtschaftspolitische Ausrichtung
von NePAD der Einsicht Rechnung, dass
politische Reformen nicht im luftleeren
Raum greifen können. Vielmehr wird Wirt-
schaftswachstum nötig, um die politische
Transformation zur Demokratie zu stabilisieren.
Fazit
Hinsichtlich der ehrgeizigen Ziele unterscheidet
sich NePAD nicht von zahlreichen
anderen, seit 1960 immer wieder gescheiterten,
Entwicklungsstrategien für Afrika. Was
NePAD dagegen auszeichnet, sind folgende
Punkte:
· Im Rahmen von NePAD sucht Afrika
nach Problemursachen bei sich selbst –
und fokussiert damit folgerichtig auf
Lösungen im eigenen Einflussbereich,
die auch unabhängig von fremder Hilfe
nachhaltige Erfolge bewirken (können).
· NePAD zielt auf eine echte Partnerschaft
auf Augenhöhe mit den Industrieländern.
Damit legen die NePAD-Länder die
ihnen zugeschriebene Opferrolle ab und
verdeutlichen, dass gerade auch Afrika in
einer Partnerschaft eigene Beiträge leisten
kann.
· Mit NePAD werden Demokratisierung
und wirtschaftliche Entwicklung nicht
länger als ausschließlich nationale Angelegenheit
der einzelnen afrikanischen
Staaten aufgefasst. Vielmehr drückt
NePAD aus, dass es ein gemeinsames
Interesse afrikanischer Staaten gibt, die
Entwicklung des Kontinents gemeinsam
in die Hand zu nehmen und sich hierbei
wechselseitig zu unterstützen.
· Dabei nimmt NePAD die Strukturschwäche
einiger Mitgliedsstaaten ernst und
entwickelt im African Peer Review
Mechanism ein Instrument, um innenpolitische
Reformen auf dem Weg zu good
governance auch von außen zu unterstützen.
Damit könnte NePAD helfen, Afrika aus
eigener Kraft den selbst gesetzten Entwicklungszielen
näher zu bringen. Die Betonung
der Eigenverantwortung Afrikas für seine
Entwicklung heißt jedoch nicht, dass Afrika
nicht der Hilfe der restlichen Welt bedarf.
Angesichts dramatischer Probleme wie der
Ausbreitung von Krankheiten, Umweltzerstörung
oder Terrorismus – die allesamt
globale Bedrohungen darstellen – ist Entwicklungszusammenarbeit
wichtiger denn
je. Die Lösung dieser gemeinsamen Probleme
und die Entwicklung von Demokratie
und Wohlstand werden jedoch nur gelingen,
wenn der Westen Afrika nicht als
unmündigen Bittsteller, sondern als gleichberechtigten
Partner anerkennt. NePAD
kann hierzu einen wichtigen Beitrag leisten.
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