Textbuch zur Auslandsakademie Afrique en ... - Cusanuswerk
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Besteh<strong>en</strong> eines Sprachtestes studier<strong>en</strong>. In<br />
Kamerun ist das Universitätssystem dem<br />
französisch<strong>en</strong> recht ähnlich: es gibt Eliteschul<strong>en</strong>,<br />
der<strong>en</strong> Plätze sehr rar sind, unter<br />
anderem . deshalb, weil sie nach Stammeszugehörigkeit<br />
vergeb<strong>en</strong> werd<strong>en</strong>.<br />
Für viele ankomm<strong>en</strong>de Kameruner Stud<strong>en</strong>t<strong>en</strong><br />
ist die Kameruner Gemeinschaft die<br />
erste Anlaufstelle, um sich wichtige Information<strong>en</strong><br />
einzuhol<strong>en</strong>. Derartige Zusamm<strong>en</strong>künfte<br />
gibt es in fast all<strong>en</strong> deutsch<strong>en</strong><br />
Großstädt<strong>en</strong> – so auch in Münch<strong>en</strong>, wo sie<br />
1985 gegründet wurde. Ziel der Kameruner<br />
Gemeinschaft Münch<strong>en</strong> ist es, Stud<strong>en</strong>t<strong>en</strong><br />
bei Behörd<strong>en</strong>gäng<strong>en</strong> sowie währ<strong>en</strong>d des<br />
Studiums zu unterstütz<strong>en</strong>. So erhielt<strong>en</strong> 10<br />
Kameruner Stud<strong>en</strong>t<strong>en</strong> ein<strong>en</strong> Computer, die<br />
in der Firma eines ander<strong>en</strong> Mitgliedes der<br />
Gemeinschaft ausgemustert word<strong>en</strong> war<strong>en</strong>.<br />
Auch bei der Wohnungssuche und beim<br />
Find<strong>en</strong> eines Arbeitsplatzes nach Abschluss<br />
des Studiums werd<strong>en</strong> Stud<strong>en</strong>t<strong>en</strong> unterstützt.<br />
Neb<strong>en</strong> dies<strong>en</strong> praktisch<strong>en</strong> Hilf<strong>en</strong> werd<strong>en</strong><br />
außerdem Theaterbesuche, Ausflüge und<br />
Fußballturniere organisiert. Letztere find<strong>en</strong><br />
auch in Zusamm<strong>en</strong>arbeit mit d<strong>en</strong> ander<strong>en</strong><br />
Kameruner Gemeinschaft<strong>en</strong> in Deutschland<br />
statt.<br />
W<strong>en</strong>n die Vereinskasse es zulässt, werd<strong>en</strong><br />
caritative Sp<strong>en</strong>d<strong>en</strong> in die Heimat durchgeführt<br />
(z.B. an eine Behindert<strong>en</strong>schule).<br />
Daneb<strong>en</strong> ist natürlich auch die Möglichkeit,<br />
sich mit M<strong>en</strong>sch<strong>en</strong> der gleich<strong>en</strong> Herkunft<br />
auszutausch<strong>en</strong> von großer Bedeutung.<br />
Als ich mein<strong>en</strong> Kommiliton<strong>en</strong> William<br />
nach seinem Deutschlandbild vor der<br />
Ankunft fragte, wie er das Leb<strong>en</strong> hier nun<br />
empfinde, und was für ihn typisch deutsch<br />
sei, kam er fast gar nicht mehr aus dem<br />
Erzähl<strong>en</strong> heraus.<br />
Bei seiner Ankunft in Deutschland war<strong>en</strong><br />
seine Erwartung<strong>en</strong> neutral bis positiv. Er<br />
hatte sich keine g<strong>en</strong>au<strong>en</strong> Vorstellung<strong>en</strong><br />
gemacht. G<strong>en</strong>erell herrscht aber noch seit<br />
der Kolonialzeit ein positives Bild von Deutsch<strong>en</strong><br />
im Kamerun. William machte dies<br />
am Beispiel der Eis<strong>en</strong>bahnlinie klar: sie<br />
wurde einst von der deutsch<strong>en</strong> Kolonialmacht<br />
gebaut und besteht noch heute.<br />
Dageg<strong>en</strong> würd<strong>en</strong> die Baut<strong>en</strong> der Engländer<br />
und Franzos<strong>en</strong> schon etwas bröckeln -<br />
„Made in Germany“ scheint also immer<br />
noch ein Qualitätssiegel erster Güte zu sein.<br />
William würde dieses Siegel jedoch bei<br />
Weitem nicht ausnahmslos an alles und<br />
jed<strong>en</strong> aus Deutschland verteil<strong>en</strong>. Er ist zwar<br />
mit der Universität recht zufried<strong>en</strong>, aber<br />
vom deutsch<strong>en</strong> Schulsystem hätte er weitaus<br />
mehr erwartet. In d<strong>en</strong> erst<strong>en</strong> Semestern<br />
hatte er sich – im Geg<strong>en</strong>satz zu sein<strong>en</strong> Kommiliton<strong>en</strong><br />
–in d<strong>en</strong> Vorlesung<strong>en</strong> teilweise<br />
gelangweilt und konnte es nicht versteh<strong>en</strong>,<br />
warum sich viele Deutsche quasi blind auf<br />
die Formelsammlung verlass<strong>en</strong>. Auch von<br />
der Allgemeinbildung der Deutsch<strong>en</strong> ist er<br />
ein w<strong>en</strong>ig <strong>en</strong>ttäuscht: als Beispiel führte er<br />
„Trivial Persuit“ an, welches er geg<strong>en</strong> Deutsche<br />
stets gewonn<strong>en</strong> hatte.<br />
Was die Werte betrifft, so war<strong>en</strong> sich Dr.<br />
Ndogmo und William einig: Familie hat in<br />
Kamerun eine weitaus höhere Stellung als<br />
in Deutschland. Dabei drückte sich Dr.<br />
Ndogmo folg<strong>en</strong>dermaß<strong>en</strong> aus: „W<strong>en</strong>n man<br />
Politikern so zuhört, braucht man sich nicht<br />
zu wundern, dass Deutsche keiner mehr<br />
Kinder bekomm<strong>en</strong> möcht<strong>en</strong>.“ Er hat eine<br />
Tochter und weiß daher, was mangelnde<br />
Kindergart<strong>en</strong>plätze bedeut<strong>en</strong>. Für William<br />
geht ganz selbstverständlich mit dem erst<strong>en</strong><br />
Job auch die Gründung seiner Familie einher,<br />
währ<strong>en</strong>d viele Deutsche seiner Ansicht<br />
nach doch lieber erst mal in ein großes<br />
Auto, d<strong>en</strong> Bausparvertrag oder Urlaub inve-<br />
Abbildung 1: Kamerunische<br />
Bevölkerung<br />
nach Altersgrupp<strong>en</strong> in<br />
Deutschland (Quelle:<br />
Statistisches Bundesamt,<br />
Wiesbad<strong>en</strong>, 2004)<br />
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