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Textbuch zur Auslandsakademie Afrique en ... - Cusanuswerk

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Offiziell hatte man sich auf drei Punkte –<br />

nämlich der freie Handel am Kongo(beck<strong>en</strong>),<br />

freie Schiffahrt auf Kongo und Niger<br />

unter internationaler Kontrolle und die<br />

Festlegung von „effektiv<strong>en</strong>“ Okkupationsrichtlini<strong>en</strong><br />

– als Diskussionsgrundlage geeinigt.<br />

Vor diesem Hintergrund ging es vor<br />

allem um Prinzipi<strong>en</strong> und allgemeine<br />

Regeln. Anfangs erwartete man sich ein<strong>en</strong><br />

Kongreß in der Tradition von Wi<strong>en</strong><br />

(1814/15) oder Paris (1856). Aber der Ton<br />

war anders. Hier wurde nicht die Sprache<br />

der Realpolitik gesproch<strong>en</strong>, sondern die<br />

des Völkerrechts imitiert. Nicht der Geist<br />

Machiavellis wehte hier, sondern der von<br />

Hugo Grotius. Man betrieb Haarspalterei,<br />

legte jedes Wort auf die Goldwaage. Sätze<br />

wurd<strong>en</strong> neu formuliert, Paragraph<strong>en</strong> zigmal<br />

umgeschrieb<strong>en</strong>. Kurz: es war deutlich,<br />

daß hier Unwichtiges geschah, jed<strong>en</strong>falls<br />

Unaufrichtiges. Es ging für niemand<strong>en</strong> um<br />

leb<strong>en</strong>swichtige Frag<strong>en</strong>.<br />

Die Franzos<strong>en</strong> bestand<strong>en</strong> darauf, daß<br />

sich die Tagesordnung auf prinzipielle Frag<strong>en</strong><br />

beschränkte, und keinerlei Gebietsansprüche<br />

diskutiert werd<strong>en</strong> sollt<strong>en</strong>. Man<br />

wollte mit d<strong>en</strong> Rival<strong>en</strong> Belgi<strong>en</strong> und Portugal<br />

am Kongo und Großbritanni<strong>en</strong> am<br />

Niger besser abschneid<strong>en</strong> als in Einzelverhandlung<strong>en</strong>.<br />

D<strong>en</strong> Brit<strong>en</strong> bereitete das Thema<br />

„Kongo“ kein Problem. Anders sah es<br />

allerdings mit dem neu<strong>en</strong> Protektorat am<br />

Niger aus, das man als eindeutig britische<br />

Sphäre betrachtete. Bismarcks Theorie von<br />

der „effektiv<strong>en</strong> Besetzung“ stand man mit<br />

Mißtrau<strong>en</strong> geg<strong>en</strong>über, da dies mögliche teure<br />

Verpflichtung<strong>en</strong> mit sich brachte. Großbritanni<strong>en</strong><br />

nahm die Einladung schließlich<br />

an in der Erwartung, daß seine Rechte am<br />

unter<strong>en</strong> Niger gewahrt blieb<strong>en</strong>.<br />

Die belgische Regierung hatte bis zum<br />

Schluß Zweifel, ob sie die ehrgeizig<strong>en</strong> Pläne<br />

Leopolds überhaupt unterstütz<strong>en</strong> sollte,<br />

wesweg<strong>en</strong> sie ihre Delegation anwies, auf<br />

jegliche Eig<strong>en</strong>initiative zu verzicht<strong>en</strong>. Leopold<br />

stellte dem Delegationsführer jedoch<br />

seine beid<strong>en</strong> <strong>en</strong>gst<strong>en</strong> Mitarbeiter an die Seite.<br />

Obwohl Deutschland anfänglich kein<br />

Interesse an Koloni<strong>en</strong> hatte, so wollte es<br />

1884 als Kolonialmacht d<strong>en</strong>noch ernst<br />

g<strong>en</strong>omm<strong>en</strong> werd<strong>en</strong>. Das einzige Interesse<br />

Deutschlands am Kongo war die Sicherstellung<br />

deutscher Handelsinteress<strong>en</strong>, was man<br />

durch die Schaffung einer riesig<strong>en</strong> Freihandelszone<br />

auch erreichte.<br />

Jeder der Teilnehmer wußte allerdings,<br />

daß die Zusamm<strong>en</strong>kunft katastrophal<br />

<strong>en</strong>d<strong>en</strong> würde, w<strong>en</strong>n man nicht einmal die<br />

Frage lös<strong>en</strong> konnte, wem was am Kongo<br />

54<br />

gehörte. Da sich die Konfer<strong>en</strong>z mit dies<strong>en</strong><br />

Frag<strong>en</strong> jedoch nicht befass<strong>en</strong> konnte, mußt<strong>en</strong><br />

außerhalb begleit<strong>en</strong>de Verhandlung<strong>en</strong><br />

geführt werd<strong>en</strong>. Die offiziell<strong>en</strong> Vertreter<br />

war<strong>en</strong> also gehalt<strong>en</strong>, Däumch<strong>en</strong> zu dreh<strong>en</strong>,<br />

bis die Auseinandersetzung be<strong>en</strong>det word<strong>en</strong><br />

war.<br />

Bismarck war es, der parallele Verhandlung<strong>en</strong><br />

über Gebietsfrag<strong>en</strong> eröffnete. Diese<br />

begann<strong>en</strong> im Dezember 1884 in Berlin,<br />

wurd<strong>en</strong> im Januar in Paris fortgesetzt und<br />

ging<strong>en</strong> im Februar in Berlin weiter, wo man<br />

am 14. zu einer Entscheidung gelangte. Daraufhin<br />

konnte die Konfer<strong>en</strong>z selbst zwölf<br />

Tage später eb<strong>en</strong>falls <strong>en</strong>d<strong>en</strong>. Die drei Teilnehmer<br />

am Spiel um das kongolesische<br />

Land war<strong>en</strong> Frankreich, Portugal und der<br />

belgische König. Leopold hatte Angst, daß<br />

das Bündnis zwisch<strong>en</strong> Frankreich und<br />

Deutschland, sowie das wachs<strong>en</strong>de Verständnis<br />

zwisch<strong>en</strong> Frankreich und Portugal<br />

ihn ausboot<strong>en</strong> würde und wurde deshalb als<br />

erster aktiv. Leopolds Vertrauter Stanley<br />

mußte nach London reis<strong>en</strong> und sollte der<br />

vom belgisch<strong>en</strong> König gegründet<strong>en</strong> international<strong>en</strong><br />

Kongovereinigung (AIC) das<br />

gesamte rechte Kongoufer bis einschließlich<br />

dem recht<strong>en</strong> Ufer des Stanleypool sichern.<br />

Portugals Forderung<strong>en</strong> sollt<strong>en</strong> an der Küste<br />

<strong>en</strong>tlang bis ans südliche Ufer anerkannt<br />

werd<strong>en</strong>. Die Gr<strong>en</strong>ze nördlich des Nokkiflußes<br />

zwisch<strong>en</strong> der AIC und Frankreich sollte<br />

d<strong>en</strong> Franzos<strong>en</strong> Zugang zum ober<strong>en</strong> Kongo<br />

bei Brazzaville ermöglich<strong>en</strong>. Dieser Plan<br />

war ein Schlag geg<strong>en</strong> d<strong>en</strong> Brazza-Makoko-<br />

Vertrag. Würde Bismarck mitspiel<strong>en</strong> und<br />

Frankreich und Portugal dahingeh<strong>en</strong>d<br />

beeinfluß<strong>en</strong>, daß sie Leopold d<strong>en</strong> Zugang<br />

zum Meer gewährt<strong>en</strong>, d<strong>en</strong> er <strong>zur</strong> Erfüllung<br />

seines Traumes so dring<strong>en</strong>d brauchte?<br />

Mehrere Tage war alles in der Schwebe. Fast<br />

wie ein Wunder teilte am 20. Dezember der<br />

französische Diplomat Courcel Deutschland<br />

mit, Frankreich sei bereit, d<strong>en</strong> Kongo mit<br />

Portugal und der Vereinigung zu teil<strong>en</strong>.<br />

Nach Gespräch<strong>en</strong> über die Weihnachtstage<br />

wurde die Gebietsfrage am Silvesterab<strong>en</strong>d<br />

1884 im Büro des französisch<strong>en</strong> Präsid<strong>en</strong>t<strong>en</strong><br />

Jules Ferry schließlich geklärt. Hauptproblem<br />

war nunmehr, ob Frankreich Leopold<br />

dafür <strong>en</strong>tschädig<strong>en</strong> mußte, daß sich<br />

dieser vom Niari-Kwilu <strong>zur</strong>ückzog oder der<br />

Vereinigung erlaubt wurde in Frankreich<br />

eine Kongoanleihe mit der gigantisch<strong>en</strong><br />

Summe von sechs Million<strong>en</strong> Francs einzubring<strong>en</strong>.<br />

Das schi<strong>en</strong> Ferry akzeptabel. Die<br />

Portugies<strong>en</strong> jedoch weigert<strong>en</strong> sich wie<br />

üblich in ihr<strong>en</strong> Position<strong>en</strong> nachzugeb<strong>en</strong><br />

und erneut stand die Exist<strong>en</strong>z der Kongo-

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