Textbuch zur Auslandsakademie Afrique en ... - Cusanuswerk
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102<br />
Solow-Modell kein<strong>en</strong> Einfluss auf das BIP<br />
pro Kopf, sondern nur auf die absolute<br />
Höhe des BIP. Klassischerweise wird das<br />
Solow-Modell als exog<strong>en</strong>es Wachstumsmodell<br />
präs<strong>en</strong>tiert, bei dem die Bevölkerungswachstumsrate<br />
und damit die langfristige<br />
Wachstumsrate des BIP außerhalb des<br />
Modells bestimmt wird. Young <strong>en</strong>dog<strong>en</strong>isiert<br />
in seinem Modell jedoch das Bevölkerungswachstum<br />
durch eine explizite Modellierung<br />
der Fertilitäts<strong>en</strong>tscheidung der<br />
Haushalte. Damit kann in einem solch<strong>en</strong><br />
Modell HIV/AIDS über eine Beeinflussung<br />
der Fertilität ein<strong>en</strong> Einfluss auf das BIP pro<br />
Kopf und damit die individuell<strong>en</strong> Konsummöglichkeit<strong>en</strong><br />
hab<strong>en</strong>. Das individuelle Einkomm<strong>en</strong><br />
hängt in diesem Modell zwar auch<br />
von dem persönlich<strong>en</strong> Bestand an Humankapital<br />
ab. Die Akkumulation von Humankapital<br />
ist hier jedoch keine Quelle langfristig<strong>en</strong><br />
Wachstums wie im vorher besproch<strong>en</strong><strong>en</strong><br />
Modell von Bell, Devarajan und<br />
Gersbach (2003).<br />
Im Wes<strong>en</strong>tlich<strong>en</strong> betrachtet Young dann<br />
zwei geg<strong>en</strong>läufige Effekte von AIDS. Einerseits<br />
hat die Epidemie ein<strong>en</strong> negativ<strong>en</strong> Einfluss<br />
auf die Humankapitalakkumulation<br />
von AIDS Wais<strong>en</strong>. Zum ander<strong>en</strong> reduziert<br />
die Verbreitung von HIV die Fertilität der<br />
Bevölkerung direkt durch eine Verminderung<br />
von ungeschütztem Sex und indirekt<br />
durch höhere Löhne aufgrund eines knapper<strong>en</strong><br />
Arbeitsangebots, was die Opportunitätskost<strong>en</strong><br />
von Kindern für Frau<strong>en</strong> (das <strong>en</strong>tgang<strong>en</strong>e<br />
Lohneinkomm<strong>en</strong>) erhöht.<br />
Young schätzt für Südafrika die empirisch<strong>en</strong><br />
Zusamm<strong>en</strong>hänge zwisch<strong>en</strong><br />
HIV/AIDS, Löhn<strong>en</strong>, Arbeitsangebot, Bildung<br />
der Kinder und Fertilität aus Dat<strong>en</strong><br />
der Vergang<strong>en</strong>heit. Mit dies<strong>en</strong> Schätzung<strong>en</strong><br />
ermittelt er, dass der zweite Effekt von<br />
HIV/AIDS einer reduziert<strong>en</strong> Fertilität überwiegt<br />
und somit das BIP pro Kopf der<br />
Überleb<strong>en</strong>d<strong>en</strong> der Epidemie steigt. Die daraus<br />
resultier<strong>en</strong>d<strong>en</strong> größer<strong>en</strong> Konsummöglichkeit<strong>en</strong><br />
des Einzeln<strong>en</strong> würd<strong>en</strong> nach sein<strong>en</strong><br />
Abschätzung<strong>en</strong> sogar die notw<strong>en</strong>dig<strong>en</strong><br />
Ausgab<strong>en</strong> <strong>zur</strong> Behandlung der HIV Infiziert<strong>en</strong><br />
deck<strong>en</strong>. Entsprech<strong>en</strong>d kommt der<br />
Regierung all<strong>en</strong>falls eine Rolle bei der<br />
Lösung des Gesundheitsproblems zu und<br />
nicht bei der Milderung ökonomischer Folg<strong>en</strong>.<br />
Young zieht daraus insgesamt d<strong>en</strong><br />
Schluss, dass HIV/AIDS zwar eine humanitäre<br />
Katastrophe darstellt, jedoch keine<br />
ökonomische.<br />
Die möglich<strong>en</strong> ökonomisch<strong>en</strong> Auswirkung<strong>en</strong><br />
von HIV/AIDS sind natürlich noch<br />
vielfältiger, als sie hier dargestellt wurd<strong>en</strong>.<br />
Es wurde nicht auf die Folg<strong>en</strong> der Epidemie<br />
für Unternehm<strong>en</strong> durch d<strong>en</strong> Verlust eingearbeiteter<br />
Arbeitskräfte, auf mögliche negative<br />
Folg<strong>en</strong> für Investition<strong>en</strong>, Kapitalbildung<br />
und Kreditmärkte und auch nicht auf<br />
die Bedeutung der Epidemie für Armut<br />
und Ungleichheit eingegang<strong>en</strong>. Weitere viel<br />
diskutierte Them<strong>en</strong> sind Pat<strong>en</strong>trechte im<br />
Pharmabereich und G<strong>en</strong>erika, sowie medizinische<br />
Forschung und westliche Hilfe für<br />
Entwicklungsländer im Kampf geg<strong>en</strong><br />
HIV/AIDS. Doch auch diese Frag<strong>en</strong> sind<br />
komplex und verlang<strong>en</strong> nach einer detailliert<strong>en</strong><br />
ökonomisch<strong>en</strong> Analyse anstatt vorschnell<strong>en</strong><br />
Schlüss<strong>en</strong>.<br />
In diesem Beitrag wurde ein Ausschnitt<br />
der Diskussion über die makroökonomisch<strong>en</strong><br />
Auswirkung<strong>en</strong> der HIV/AIDS Epidemie<br />
dargestellt. Insbesondere wurde betont,<br />
dass es nicht „eine“ ökonomische Analyse<br />
gibt, sondern verschied<strong>en</strong>e Sichtweis<strong>en</strong><br />
besteh<strong>en</strong>. Die ökonomische Analyse der Folg<strong>en</strong><br />
von HIV/AIDS ist aber insbesondere<br />
nicht dazu gedacht, zu Verzweiflung, Verzag<strong>en</strong><br />
oder untätigem Abwart<strong>en</strong> zu führ<strong>en</strong>.<br />
Ganz im Geg<strong>en</strong>teil geht es darum der Realität<br />
ins Auge zu schau<strong>en</strong> und dann die notw<strong>en</strong>dig<strong>en</strong><br />
Maßnahm<strong>en</strong> im Kampf geg<strong>en</strong><br />
HIV/AIDS und seine Folg<strong>en</strong> für alle<br />
Leb<strong>en</strong>sbereiche zu ergreif<strong>en</strong>. Ein Zögern<br />
könn<strong>en</strong> sich weder die direkt betroff<strong>en</strong><strong>en</strong><br />
M<strong>en</strong>sch<strong>en</strong> und Länder, noch die scheinbar<br />
am Rande Steh<strong>en</strong>d<strong>en</strong> leist<strong>en</strong>!<br />
Quell<strong>en</strong><br />
· Bell, Clive, Shantayanan Devarajan und Hans<br />
Gersbach (2003): „The Long-Run Economic<br />
Costs of AIDS: Theory and Application to<br />
South Africa“. Policy Research Working Paper<br />
No. 3152, The World Bank, Washington<br />
D.C.Bell, Clive, Shantayanan Devarajan und<br />
Hans Gersbach (2003): „The Long-Run Economic<br />
Costs of AIDS: Theory and Application to<br />
South Africa“. Policy Research Working Paper<br />
No. 3152, The World Bank, Washington D.C.<br />
· Haacker, Markus (Hrsg.) (2004): „The Macroeconomics<br />
of HIV/AIDS“. International Monetary<br />
Fund, Washington D.C.<br />
· UNAIDS (2004): „AIDS Epidemic Update:<br />
2004“, G<strong>en</strong>f. Verfügbar über das Internet:<br />
http://www.unaids.org/.<br />
· Young, Alwyn (2005): „The Gift of the Dying:<br />
The Tragedy of AIDS and the Welfare of Future<br />
African G<strong>en</strong>erations“. Quarterly Journal of<br />
Economics 120(2): 423-466.