Textbuch zur Auslandsakademie Afrique en ... - Cusanuswerk
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18<br />
Sohn Davids, erbarme dich meiner, dieser<br />
Ruf eröffnet mehr, sucht anderes.<br />
Der Blinde stellt Jesus in die Hoffnungsgeschichte<br />
des Volkes Israels: er spricht ihn<br />
an als d<strong>en</strong> Messias, d<strong>en</strong> Retter aus der<br />
Unfreiheit, d<strong>en</strong> Repräs<strong>en</strong>tant<strong>en</strong> eines Gottes,<br />
der seinem Volk und jedem M<strong>en</strong>sch<strong>en</strong><br />
das Leb<strong>en</strong> im verheiß<strong>en</strong><strong>en</strong> Land, „das<br />
Leb<strong>en</strong> in Fülle“ (Joh 10,10) eröffn<strong>en</strong> will. Da<br />
geht es nicht nur um das Seh<strong>en</strong> Könn<strong>en</strong> für<br />
das eig<strong>en</strong>e Leb<strong>en</strong>, da lebt einer die Hoffnung<br />
für sein Volk und mit diesem Volk für<br />
alle M<strong>en</strong>sch<strong>en</strong>.<br />
Das Wunder geschieht, der Blinde<br />
erk<strong>en</strong>nt mit eig<strong>en</strong><strong>en</strong> Aug<strong>en</strong>, was ihn die<br />
Aug<strong>en</strong> des Glaub<strong>en</strong>s hab<strong>en</strong> ahn<strong>en</strong> lass<strong>en</strong><br />
und er geht sein<strong>en</strong> Weg weiter in der Nachfolge<br />
Jesu.<br />
Mit diesem <strong>Textbuch</strong> bereitet sich eine<br />
Gruppe des <strong>Cusanuswerk</strong>es auf ihre Reise<br />
nach Kamerun vor, auf die Begegnung mit<br />
M<strong>en</strong>sch<strong>en</strong>, mit d<strong>en</strong><strong>en</strong> es uns ähnlich ergeh<strong>en</strong><br />
kann, wie mit diesem Blind<strong>en</strong>: wir<br />
seh<strong>en</strong> doch ganz klar, was sie brauch<strong>en</strong>, wir<br />
hab<strong>en</strong> schnell Vorschläge im Kopf, was sie<br />
anders mach<strong>en</strong> müsst<strong>en</strong>, wir stoß<strong>en</strong> uns an<br />
Vielem, was wir von unserem D<strong>en</strong>k<strong>en</strong> her<br />
nicht sinnvoll find<strong>en</strong> – es ist nicht leicht,<br />
diese Fremdheit steh<strong>en</strong> zu lass<strong>en</strong>, sie zu<br />
seh<strong>en</strong> und anzuerk<strong>en</strong>n<strong>en</strong>, ohne diese Realität<br />
gleich verändern zu woll<strong>en</strong>.<br />
„Was willst Du?“ könnte die Grundfrage<br />
dieser Reise sein und sie wirft mich zuerst<br />
auf mich selbst <strong>zur</strong>ück: weiß ich, was ich<br />
suche und wer ich selbst bin, werd<strong>en</strong> möchte?<br />
Gerade die Reise in ein fremdes Land,<br />
die Begegnung mit einer fremd<strong>en</strong> Kultur<br />
macht mir die eig<strong>en</strong>e Prägung bewusst,<br />
kann sie <strong>zur</strong> Frage werd<strong>en</strong> lass<strong>en</strong>: wie bin<br />
ich geword<strong>en</strong> und wer will ich sein/werd<strong>en</strong>?<br />
Und dann mit der weiter<strong>en</strong> Frage: Begegne<br />
ich Fremd<strong>en</strong> in der Anerk<strong>en</strong>nung ihrer<br />
Andersartigkeit und im Zuge der Begegnung<br />
dann vielleicht mit der respektvoll<strong>en</strong><br />
Frage: Was willst du?<br />
Aber auch w<strong>en</strong>n wir uns bemüh<strong>en</strong>, uns –<br />
vielleicht mit d<strong>en</strong> Studier<strong>en</strong>d<strong>en</strong> des Kolloquiums<br />
– wirklich auf eine Stufe zu stell<strong>en</strong>,<br />
werd<strong>en</strong> wir immer wieder erleb<strong>en</strong>, dass wir<br />
mit ander<strong>en</strong> Voraussetzung<strong>en</strong> unser Leb<strong>en</strong><br />
gestalt<strong>en</strong>, die für die M<strong>en</strong>sch<strong>en</strong>, die wir<br />
besuch<strong>en</strong>, noch in weiter Ferne sind. Vielleicht<br />
kann unsere Begegnung in dieser<br />
Entwicklung ein kleiner Schritt sein, ein<br />
Mosaikstein in einem sich allmählich verändernd<strong>en</strong><br />
Bild, das Europa und Afrika<br />
gemeinsam <strong>en</strong>twerf<strong>en</strong> … aber die Unterschiede<br />
bleib<strong>en</strong> – vorerst.<br />
Wir komm<strong>en</strong> als Christ<strong>en</strong> nach Afrika.<br />
Wir steh<strong>en</strong> mit unserem Glaub<strong>en</strong> in einer<br />
Hoffnungsgeschichte, die all<strong>en</strong> Völkern das<br />
Heil verheißt. Jesus Christus ist der Bürge<br />
dafür, dass Gott nichts unversucht lässt, um<br />
dieses Heil zu eröffn<strong>en</strong>, nicht allein durch<br />
Almos<strong>en</strong> der Reicher<strong>en</strong>, sondern weil sein<br />
Sohn „heruntergekomm<strong>en</strong> ist“ zu jedem<br />
M<strong>en</strong>sch<strong>en</strong>. „Er hielt nicht daran fest, Gott<br />
gleich zu sein.“ (Phil, 2,6) Er lebte ein<br />
Leb<strong>en</strong>, dem nichts M<strong>en</strong>schliches fern war<br />
und stellte dieses Leb<strong>en</strong> in die Heilsperspektive<br />
des Vaters. Deshalb ist der Weg<br />
derer, die sich an ihm ori<strong>en</strong>tier<strong>en</strong>, ein Weg,<br />
der angesichts von Ungerechtigkeit sicher<br />
zuerst nach helf<strong>en</strong>d<strong>en</strong> Programm<strong>en</strong> sucht,<br />
der aber mehr noch von der Hoffnung<br />
getrag<strong>en</strong> ist, dass M<strong>en</strong>sch<strong>en</strong> in ihrer Vielfalt<br />
und Verschied<strong>en</strong>heit leb<strong>en</strong> könn<strong>en</strong>, dass sie<br />
leb<strong>en</strong> könn<strong>en</strong>, was sie als ihre Eig<strong>en</strong>art, ihre<br />
Fülle und ihre Sehnsucht erk<strong>en</strong>n<strong>en</strong> und<br />
sich darin „das Leb<strong>en</strong> in Fülle“ für alle<br />
erschließ<strong>en</strong> wird – auch für die scheinbar<br />
heute schon „Reich<strong>en</strong>“.