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Textbuch zur Auslandsakademie Afrique en ... - Cusanuswerk

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Mittlerweile gibt es viele Deutsche, die in<br />

Afrika als Nationaltrainer arbeit<strong>en</strong>. Oft sind<br />

diese Trainer in Deutschland nicht besonders<br />

erfolgreich gewes<strong>en</strong> und versprech<strong>en</strong><br />

sich als Trainer einer afrikanisch<strong>en</strong> Nationalmannschaft<br />

die langersehnte Aufstiegsmöglichkeit<br />

in der Fußballwelt. Meist g<strong>en</strong>ieß<strong>en</strong><br />

sie in einem afrikanisch<strong>en</strong> Land große<br />

Anerk<strong>en</strong>nung – deutsche Trainer sind in<br />

Afrika sehr gefragt – und verdi<strong>en</strong><strong>en</strong> sehr<br />

gut, sind dafür aber mit schlechter Organisation,<br />

Aberglaub<strong>en</strong> und Korruption konfrontiert.<br />

Eine große Herausforderung für<br />

die deutsch<strong>en</strong> Trainer ist es, aus einer<br />

Gruppe von fußballtechnisch<strong>en</strong> Individualist<strong>en</strong><br />

ein Mannschaftskollektiv zu form<strong>en</strong>.<br />

Afrikaner erlern<strong>en</strong> das Fußballspiel<strong>en</strong> meist<br />

auf der Straße nach eig<strong>en</strong><strong>en</strong> Gesetz<strong>en</strong>, oft<br />

sogar mit zusamm<strong>en</strong>geknotet<strong>en</strong> Lapp<strong>en</strong><br />

anstelle eines Balls. Torhüter oder Verteidiger<br />

woll<strong>en</strong> dort die w<strong>en</strong>igst<strong>en</strong> sein, interessanter<br />

ist es, nach vorne zu stürm<strong>en</strong> und so<br />

viele Tore wie möglich zu erziel<strong>en</strong>. Für<br />

ein<strong>en</strong> deutscher Trainer, der von d<strong>en</strong> Verein<strong>en</strong><br />

in der Heimat in der Regel mehr das<br />

def<strong>en</strong>sive Spiel gewohnt ist, bedeutet der<br />

afrikanische „Angriffsfußball“ eine große<br />

Umstellung und Herausforderung.<br />

Fußball – Kameruns Nationalsport<br />

Fußball ist die beliebteste Sportart in Kamerun.<br />

Die Fußballbegeisterung der Kameruner<br />

hat eine lange Tradition. D<strong>en</strong> erst<strong>en</strong><br />

Ball aus Kautschuk brachte 1922 ein Wanderarbeiter<br />

aus Sierra Leone nach Douala.<br />

Sein Name war „George Goethe“. Sein<br />

Vater war ein gebildeter Mann und las am<br />

Tag seiner Geburt ein Gedicht von Goethe.<br />

So kam George Goethe zu seinem Nam<strong>en</strong>.<br />

Er brachte also ein<strong>en</strong> Ball aus Kautschuk<br />

mit, der mit dem Mund aufgeblas<strong>en</strong> werd<strong>en</strong><br />

musste, um in der Freizeit mit seinem Cousin<br />

ein w<strong>en</strong>ig zu kick<strong>en</strong>. Die Nachbarskinder<br />

fand<strong>en</strong> Gefall<strong>en</strong> an diesem Spiel, und<br />

nach zwei Jahr<strong>en</strong> gab es schon die erste<br />

Mannschaft: d<strong>en</strong> „CAC“ (Club Athlétique<br />

du Cameroun). Kameruns Fußballverband<br />

„Fédération Camerounaise de Football“<br />

wurde 1962 gegründet und im selb<strong>en</strong> Jahr<br />

in die FIFA aufg<strong>en</strong>omm<strong>en</strong>.<br />

Kamerun ist – wie so viele afrikanische<br />

Länder – geprägt von Korruption, Arbeitslosigkeit,<br />

Armut, Gewalt, Aids, El<strong>en</strong>d. Und<br />

gerade aus diesem Grund spielt Fußball<br />

eine so große Rolle in diesem Land. Fußball<br />

ist das Leb<strong>en</strong>. Die M<strong>en</strong>sch<strong>en</strong> id<strong>en</strong>tifizier<strong>en</strong><br />

sich mit ihr<strong>en</strong> Clubs. Man interessiert sich<br />

sogar für Spiele aus Frankreich, England<br />

oder der deutsch<strong>en</strong> Bundesliga, die es mit<br />

reichlicher Verspätung auch im Fernseh<strong>en</strong><br />

zu seh<strong>en</strong> gibt. Fußball eint die M<strong>en</strong>sch<strong>en</strong> in<br />

Kamerun und stiftet ein nationales Zusamm<strong>en</strong>gehörigkeitsgefühl.<br />

Und dies<strong>en</strong> Wort<strong>en</strong><br />

ist mehr Bedeutung zuzumess<strong>en</strong>, als es im<br />

erst<strong>en</strong> Aug<strong>en</strong>blick erschein<strong>en</strong> mag. D<strong>en</strong>n in<br />

Kamerun leb<strong>en</strong> zahlreiche Stämme, die in<br />

früher<strong>en</strong> Zeit<strong>en</strong> verfeindet war<strong>en</strong>, es werd<strong>en</strong><br />

mehr als 200 verschied<strong>en</strong>e Sprach<strong>en</strong><br />

und es gibt die unterschiedlichst<strong>en</strong> Glaub<strong>en</strong>srichtung<strong>en</strong>.<br />

Unterschwellig werd<strong>en</strong> die<br />

Machtkämpfe von früher jedoch – zumindest<br />

in der national<strong>en</strong> Fußballliga – weiter<br />

ausgetrag<strong>en</strong>. So sind manche Kameruner<br />

der Meinung, der Fußball habe die im Verlauf<br />

der Kolonisation nur mit Mühe gebändigt<strong>en</strong><br />

Stammeskämpfe einfach ersetzt. Die<br />

in der 2. Liga stattfind<strong>en</strong>d<strong>en</strong> Spiele, Dorf<br />

geg<strong>en</strong> Dorf, erinnern selbst Einheimische<br />

an ein Zusamm<strong>en</strong>treff<strong>en</strong> zweier verfeindeter<br />

Clans kurz vor Kriegsausbruch. Auch<br />

fühl<strong>en</strong> sich die anglophon<strong>en</strong> Clubs geg<strong>en</strong>über<br />

der französisch<strong>en</strong> Übermacht im Land<br />

b<strong>en</strong>achteiligt. Fast alle sind inzwisch<strong>en</strong> aus<br />

der 1. Liga ausgeschied<strong>en</strong>, und dass nicht<br />

ganz ohne Intrig<strong>en</strong> aus d<strong>en</strong> französischsprachig<strong>en</strong><br />

Reih<strong>en</strong>, wie man sagt.<br />

Am meist<strong>en</strong> scheint Fußball in Kamerun<br />

d<strong>en</strong> Frau<strong>en</strong> Spaß zu mach<strong>en</strong>, was erstaunlich<br />

in einem Land ist, in dem Frau<strong>en</strong> in der<br />

Regel noch ein<strong>en</strong> untergeordnet<strong>en</strong> Status<br />

hab<strong>en</strong>. Seit 1990 gibt es sogar eine nationale<br />

Frau<strong>en</strong>liga – <strong>zur</strong> Belustigung der Männer<br />

und <strong>zur</strong> Begeisterung der Frau<strong>en</strong>.<br />

In viel<strong>en</strong> Ländern Afrikas helf<strong>en</strong> Zauberer<br />

dem Fußballglück nach, und auch in<br />

Kamerun ist das nicht anders. Aufgabe des<br />

Magiers, der in Kamerun „Guérisseur“<br />

heißt, ist es vor allem, die Mannschaft vor<br />

Hexerei<strong>en</strong> der Geg<strong>en</strong>mannschaft zu schütz<strong>en</strong>.<br />

Die „Guérisseure“ arbeit<strong>en</strong> mit d<strong>en</strong><br />

unterschiedlichst<strong>en</strong> Method<strong>en</strong>. Sie befrag<strong>en</strong><br />

Spiegel, mit Muscheln gefüllte Hoerner<br />

oder träum<strong>en</strong> d<strong>en</strong> Spielablauf. Die Spieler<br />

müss<strong>en</strong> Amulette berühr<strong>en</strong>, Puder und Öle<br />

auftrag<strong>en</strong>, das Stadion rückwärts betret<strong>en</strong><br />

oder am Vorab<strong>en</strong>d des Spiels nächtliche<br />

Zeremoni<strong>en</strong> feiern, was oft dazu führt, dass<br />

die Mannschaft total übermüdet auf dem<br />

Spielfeld erscheint. Manchmal werd<strong>en</strong> d<strong>en</strong><br />

Spielern gar nächtliche Auf<strong>en</strong>thalte auf<br />

dem Friedhof verordnet. So weiß in Kamerun<br />

auch jedes Kind, warum Kamerun bei<br />

der WM 1990 im Viertelfinale geg<strong>en</strong> England<br />

verlor<strong>en</strong> hat. Als ein Ball ins Publikum<br />

flog und scheinbar nicht <strong>zur</strong>ückkam, wurde<br />

mit einem ander<strong>en</strong> Ball gespielt – so war<br />

alle Magie dahin. Was d<strong>en</strong> meist<strong>en</strong> jedoch<br />

verborg<strong>en</strong> blieb, ist die Tatsache, dass der

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