Textbuch zur Auslandsakademie Afrique en ... - Cusanuswerk
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und „Armut“. Nimmt man zu Fußball noch<br />
die Begriffe „Winfried Schäfer“, „Roger Milla“<br />
und „die Löw<strong>en</strong>“ hinzu, so wird der<br />
beliebte Ballsport zum häufigst g<strong>en</strong>annt<strong>en</strong><br />
Begriff im Zusamm<strong>en</strong>hang mit Kamerun.<br />
Auch in später<strong>en</strong> Antwort<strong>en</strong> zeigt sich diese<br />
Dominanz. So meint eine Mehrheit der<br />
Befragt<strong>en</strong>, ihr Bild über Kamerun sei<br />
hauptsächlich durch Länderspiele und Länderportraits<br />
im Fernseh<strong>en</strong> währ<strong>en</strong>d Fußballweltmeisterschaft<strong>en</strong><br />
bestimmt. Man<br />
erinnert sich an d<strong>en</strong> stark<strong>en</strong> Auftritt von<br />
Roger Milla bei der WM 1990, sein<strong>en</strong> leg<strong>en</strong>där<strong>en</strong><br />
Tanz um die Eckfahne und dass 2003<br />
ein kamerunischer Spieler, Marc-Vivi<strong>en</strong><br />
Foé, beim Konföderation<strong>en</strong>-Pokal in Frankreich<br />
auf dem Platz zusamm<strong>en</strong>brach und<br />
w<strong>en</strong>ig später starb.<br />
Damit ist für viele ihr Wiss<strong>en</strong> über Kamerun<br />
aber auch schon erschöpft. „Voll ins<br />
Leere getroff<strong>en</strong>“ meint eine 44-jährige<br />
Frau, auf die Frage, was ihr Bild von Kamerun<br />
bestimmt und so lautet die typische<br />
Antwort „man weiß einfach sehr w<strong>en</strong>ig darüber“.<br />
Erschreck<strong>en</strong>d und peinlich findet<br />
das ein 38-jähriger Mann und ein 72-Jähriger<br />
erklärt seine Unwiss<strong>en</strong>heit damit, dass<br />
Kamerun eb<strong>en</strong> nicht „durch negative<br />
Schlagzeil<strong>en</strong> wie Bürgerkriege oder Naturkatastroph<strong>en</strong><br />
unang<strong>en</strong>ehm auffalle“. Gibt<br />
man „Kamerun“ als Suchbegriff in d<strong>en</strong><br />
Online-Archiv<strong>en</strong> von Zeitung<strong>en</strong> und Zeitschrift<strong>en</strong><br />
wie „Die Zeit“, „Spiegel“, „FAZ“,<br />
„Stern“ und „SZ“ ein, so erhält man bis zu<br />
150 Treffern, wobei auch hier die meist<strong>en</strong><br />
Artikel mit Fußball zu tun hab<strong>en</strong>. Flüchtlingspolitik,<br />
AIDS und Weltkirche sind weitere<br />
häufigere Them<strong>en</strong>. Aber auch über<br />
„Die Macht der Hex<strong>en</strong>“ (DIE ZEIT, Nr.38,<br />
2005), interkulturelle Schönheitsideale (DIE<br />
ZEIT, Nr.7, 2004) und deutsche vs. kamerunische<br />
Komplim<strong>en</strong>te (SZ, 14.09.2005) kann<br />
man etwas lern<strong>en</strong>.<br />
Insbesondere ältere Person<strong>en</strong> erinnern<br />
sich noch daran, dass Kamerun vor dem<br />
erst<strong>en</strong> Weltkrieg deutsche Kolonie war und<br />
im Geschichtsunterricht behandelt wurde.<br />
Auch in d<strong>en</strong> Medi<strong>en</strong> findet man hierzu<br />
noch einige Berichte, und sei es nur als<br />
Ankündigung einer Fotoausstellung. Für<br />
die Mehrheit der Befragt<strong>en</strong> spielt die koloniale<br />
Vergang<strong>en</strong>heit Deutschlands für ihr<br />
Kamerunbild jedoch kaum eine Rolle.<br />
Vielmehr führ<strong>en</strong> mangelnde K<strong>en</strong>ntnisse<br />
über Land und Leute dazu, dass allgemeine<br />
Klischees über Afrika, die sich aus verschied<strong>en</strong><strong>en</strong><br />
Quell<strong>en</strong> zusamm<strong>en</strong>setz<strong>en</strong>, einfach<br />
auf Kamerun übertrag<strong>en</strong> werd<strong>en</strong>.<br />
So ergibt sich das Bild von arm<strong>en</strong>,<br />
schwarz<strong>en</strong> M<strong>en</strong>sch<strong>en</strong>, die trotz aller widrig<strong>en</strong><br />
Umstände leb<strong>en</strong>sfroh und freundlich<br />
sind. Sie tanz<strong>en</strong> gerne, ess<strong>en</strong> hauptsächlich<br />
Reis und Früchte und leb<strong>en</strong> in einer heiß<strong>en</strong>,<br />
trock<strong>en</strong><strong>en</strong> Landschaft. Die meist<strong>en</strong><br />
sind von Christ<strong>en</strong> missioniert word<strong>en</strong>,<br />
hab<strong>en</strong> aber noch ihre einheimisch<strong>en</strong> Naturreligion<strong>en</strong><br />
und Bräuche, die auf Europäer<br />
fremd und unbekannt oder aber exotisch<br />
anzieh<strong>en</strong>d wirk<strong>en</strong>. Es herrsch<strong>en</strong> die typisch<br />
afrikanisch<strong>en</strong> Probleme wie Armut, mangelnde<br />
Bildung, Unterdrückung von Frau<strong>en</strong>,<br />
Hunger und evtl. Krieg.<br />
So zumindest würde eine äußert knappe<br />
Zusamm<strong>en</strong>fassung der Hauptaussag<strong>en</strong> meiner<br />
Umfrage laut<strong>en</strong>, der<strong>en</strong> Ergebnisse ich<br />
in Form eines Gesamtfragebog<strong>en</strong>s in einem<br />
Kast<strong>en</strong> dargestellt habe.<br />
Es ist jedoch falsch, einfach alle Aussag<strong>en</strong><br />
über alle Person<strong>en</strong> hinweg zu addier<strong>en</strong>, weil<br />
dadurch interindividuelle Unterschiede einfach<br />
verwischt werd<strong>en</strong>. So gibt es durchaus<br />
Person<strong>en</strong>, die ein differ<strong>en</strong>ziertes Kamerun -<br />
und Afrikabild hab<strong>en</strong> und nicht zuletzt sind<br />
das vor allem diej<strong>en</strong>ig<strong>en</strong>, die schon mal ein<br />
afrikanisches Land bereist hab<strong>en</strong> oder<br />
ein<strong>en</strong> Kameruner persönlich k<strong>en</strong>n<strong>en</strong>.<br />
Dies zeigt, dass Vorurteile und Klischees<br />
letztlich nur durch Wiss<strong>en</strong> und persönliche<br />
Begegnung abgebaut und verändert werd<strong>en</strong><br />
könn<strong>en</strong>. Eine Chance, die wir als Teilnehmer<br />
der Kamerunakademie im Februar<br />
2006 selbst hab<strong>en</strong> werd<strong>en</strong> – nutz<strong>en</strong> wir sie.<br />
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