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Textbuch zur Auslandsakademie Afrique en ... - Cusanuswerk

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vereinigung auf dem Spiel. Am 13. Februar<br />

1885 teilt<strong>en</strong> die Großmächte Portugal im<br />

Rahm<strong>en</strong> der Gespräche in Berlin mit, daß<br />

es völlig leer ausgeh<strong>en</strong> würde, falls es weiter<br />

auf seine Forderung<strong>en</strong> besteht. Die Portugies<strong>en</strong><br />

wußt<strong>en</strong> zwar um die verlor<strong>en</strong><br />

Schlacht, bestand<strong>en</strong> aber um ihrer Ehre will<strong>en</strong><br />

darauf, die damals völlig wertlose Enklave<br />

Kabinda nördlich des Kongo Angola<br />

zuzuerk<strong>en</strong>n<strong>en</strong>. Damals wußte man noch<br />

nicht, daß man dort eines Tages Öl find<strong>en</strong><br />

würde und Kabinda der reichste Teil Angolas<br />

werd<strong>en</strong> würde. So unterzeichnet<strong>en</strong> die<br />

AIC und Portugal am 15. Februar eine Konv<strong>en</strong>tion,<br />

die Gebietsfrag<strong>en</strong> <strong>zur</strong> allseitig<strong>en</strong><br />

Zufried<strong>en</strong>heit regelte. Auf diese Weise<br />

erhielt Leopold II. d<strong>en</strong> Kongo, legte Portugal<br />

die Gr<strong>en</strong>z<strong>en</strong> des heutig<strong>en</strong> Angola fest<br />

und schuf Frankreich die Basis für sein<br />

Kongo-Brazzaville. Währ<strong>en</strong>d die Kolonialmächte<br />

in d<strong>en</strong> Koloni<strong>en</strong> d<strong>en</strong> Eingebor<strong>en</strong><strong>en</strong><br />

bereits alles über Kommerz, Kirche und<br />

Kultur beibracht<strong>en</strong>, verfaßt<strong>en</strong> die Diplomat<strong>en</strong><br />

in der luxuriös<strong>en</strong> und friedvoll<strong>en</strong> Atmosphäre<br />

der Wilhelmstraße immer noch<br />

wohlgesetzte Phras<strong>en</strong>. Was aber war nun<br />

der Inhalt der Beschlüsse der Konfer<strong>en</strong>z<br />

von Berlin?<br />

Wie bereits erwähnt kam<strong>en</strong> keine groß<strong>en</strong><br />

politisch<strong>en</strong> Beschlüsse zustande. Keine Teilung<br />

Afrikas, wie erwartet. Aber die Teilung<br />

wurde auch nicht aufgehalt<strong>en</strong>. Sie beschleunigte<br />

sich und schlug um in ein<strong>en</strong> „scramble“,<br />

in ein<strong>en</strong> Wettlauf. Offiziell kam man<br />

in einer G<strong>en</strong>eralakte über die Handelsfreiheit<br />

im Kongogebiet überein, aber nichts<br />

davon wurde je verwirklicht. Freie Schifffahrt<br />

auf dem Kongo und Niger hat es nie<br />

gegeb<strong>en</strong>. Der untere Niger wurde sogar<br />

sehr schnell Handelsmonopol der britisch<strong>en</strong><br />

Chartered Company von Sir George<br />

Goldie. Der Kongo-Freistaat wurde unter<br />

dem sog. dominial<strong>en</strong> System vollständig<br />

von Monopol<strong>en</strong> beherrscht. Neb<strong>en</strong> dies<strong>en</strong><br />

beid<strong>en</strong> Punkt<strong>en</strong> bezog sich die dritte<br />

Grundlage der Konfer<strong>en</strong>z auf die Verpflichtung<strong>en</strong><br />

„effektiver Besetzung“ von Territori<strong>en</strong>,<br />

also eine Art Verhalt<strong>en</strong>scodex für die<br />

Teilung. Dank der Brit<strong>en</strong> wurd<strong>en</strong> diese<br />

Bestimmung<strong>en</strong> sehr vage gehalt<strong>en</strong> und<br />

bezog<strong>en</strong> sich nur auf neue Besetzung<strong>en</strong> an<br />

der Küste, nicht auf das Landesinnere. Die<br />

vorherige Ankündigung einer Okkupation<br />

als Pflicht war reine Formsache. Das ganze<br />

Prinzip, obwohl real nie angwandt erhielt in<br />

der Praxis paradoxerweise eine Art Vorbildwirkung.<br />

Ein zusätzlicher Punkt, der bei der<br />

Eröffnung hinzugefügt word<strong>en</strong> war, war die<br />

Frage, um humanitäre Prinzipi<strong>en</strong>, wie bspw.<br />

die Bekämpfung der Sklaverei, der Einfuhr<br />

von Gewehr<strong>en</strong>, Munition und Spirituos<strong>en</strong>.<br />

Es wurd<strong>en</strong> viele feierlich Erklärung<strong>en</strong> abgegeb<strong>en</strong>,<br />

aber das Ergebnis beeindruckte<br />

nicht.<br />

Am 26. Februar 1885 kam die Konfer<strong>en</strong>z<br />

schließlich an ein Ende. Die Berliner Konfer<strong>en</strong>z<br />

war vor allem öff<strong>en</strong>tliche und symbolische<br />

Bestätigung des „point of no return“.<br />

Die Teilung Afrikas war bereits begonn<strong>en</strong><br />

und man teilte in hohem Tempo weiter auf,<br />

bis es nichts mehr gab. Der Endpunkt war<br />

bereits nach 10 Jahr<strong>en</strong> fast erreicht. Angesichts<br />

dess<strong>en</strong>, was erreicht word<strong>en</strong> war<br />

nahm sich die pompöse Abschlußzeremonie<br />

mehr als absurd aus. „Au nom de Dieu<br />

Tout-Puissant“, so begann die Urkunde der<br />

Konfer<strong>en</strong>z. Im Grunde blieb jedoch alles<br />

beim Alt<strong>en</strong>. Aus europäischer Perspektive<br />

ist die Konfer<strong>en</strong>z mehr ein Phänom<strong>en</strong> der<br />

international<strong>en</strong> Politik Europas. Es war das<br />

letzte gemeinsame friedliche Auftret<strong>en</strong> des<br />

Kontin<strong>en</strong>ts, bevor er 1914 auseinanderfiel.<br />

Für Afrika jedoch lag die wahre Bedeutung<br />

der Kongokonfer<strong>en</strong>z in einem Handeln,<br />

über das sich die Berliner Delegiert<strong>en</strong> nicht<br />

wirklich klar war<strong>en</strong>. Sie schuf<strong>en</strong> nämlich die<br />

Grundsteine für die größt<strong>en</strong> und stark mit<br />

Konflikt belad<strong>en</strong><strong>en</strong> Nationalstaat<strong>en</strong> des<br />

heutig<strong>en</strong> Afrika: d<strong>en</strong> Kongo und Nigeria. In<br />

Berlin begann man mit der Festlegung politischer<br />

Gr<strong>en</strong>z<strong>en</strong> quer durch Afrika, frei<br />

nach dem Motto der Dreigrosch<strong>en</strong>oper: „Es<br />

kann auch anders, aber so kann es auch!“<br />

Aber nicht nur politisch, sondern auch wirtschaftlich<br />

stellte die Berliner Konfer<strong>en</strong>z<br />

ein<strong>en</strong> Meil<strong>en</strong>stein in der Ausbeutung des<br />

afrikanisch<strong>en</strong> Kontin<strong>en</strong>ts dar. Doch das wiederum<br />

wäre ein anderer „Akt“ dieses vielberedt<strong>en</strong><br />

europäisch<strong>en</strong> Stücks über d<strong>en</strong><br />

„stumm<strong>en</strong> Kontin<strong>en</strong>t“.<br />

Literatur<br />

· Schildknecht, Jörg, Bismarck, Südwestafrika<br />

und die Kongokonfer<strong>en</strong>z. Die völkerrechtlich<strong>en</strong><br />

Grundlag<strong>en</strong> der effektiv<strong>en</strong> Okkupation und<br />

ihre Neb<strong>en</strong>pflicht<strong>en</strong> am Beispiel des Erwerbs<br />

der erst<strong>en</strong> deutsch<strong>en</strong> Kolonie (=Juristische<br />

Schrift<strong>en</strong>reihe Bd. 135), Berlin 1999.<br />

· Weiss, Ruth; Mayer, Hans, Afrika d<strong>en</strong> Europäern.<br />

Von der Berliner Kongokonfer<strong>en</strong>z 1884<br />

ins Afrika der neu<strong>en</strong> Kolonisation (unter Mitarbeit<br />

von Antony Martin), Wuppertal 1984.<br />

· Wesseling, H<strong>en</strong>k L., Die Berliner Kongo-Konfer<strong>en</strong>z<br />

und die Teilung Afrikas (=Kleine Beiträge<br />

<strong>zur</strong> europäisch<strong>en</strong> Überseegeschichte Heft 1),<br />

Bamberg 1989.<br />

Aus Wild-Afrika: Engländer<br />

und Portugiese<br />

streit<strong>en</strong> sich: „Armer<br />

Neger! W<strong>en</strong>n sie nicht<br />

dem Sklav<strong>en</strong>händler<br />

verfall<strong>en</strong>, werd<strong>en</strong> sie<br />

von der Zivilisation<br />

zerriss<strong>en</strong>.“<br />

aus: Humoristische<br />

Blätter Nr. 3 - Wi<strong>en</strong><br />

19. Jänner 1890<br />

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