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▸Abb.1 Neuschwabenland-Treffen<br />
Zossen, der nachdem er vermutlich von Gesinnungsgenossen<br />
öffentlich als „Kinderschänder“ angeprangert<br />
worden war, sich im Dezember 2009 das Leben nahm.<br />
Gefunden wurde er von seinem Freund und Mitbewohner,<br />
dem bekannten Holocaust-Leugner Gerd Walther,<br />
mit dem Link auch zeitweilig im damaligen Berliner<br />
NPD-Kreisverband Südwest war. Link war zuvor vor<br />
allem durch seine antisemitische Agitation gegen<br />
zwei vor seinem Wohnhaus verlegte Stolpersteine und<br />
gute Kontakte zu den inzwischen verbotenen „Freien<br />
Kräften Teltow-Fläming“ aufgefallen. Sein zum Zeitpunkt<br />
seines Todes bereits geschlossenes Internetcafe<br />
hatte zuvor als Treffpunkt für die lokale Neonaziszene<br />
fungiert. Im März 2009 war Link gemeinsam mit<br />
Walther bei der Urteilsverkündung wegen Volksverhetzung<br />
gegen Horst Mahler in Potsdam anwesend.<br />
Horst Mahler vertrat von 2001-2003 die NPD als<br />
Anwalt im Verbotsverfahren und ist Mitbegründer des<br />
„Deutschen Kollegs“ und des 2008 verbotenen „Verein<br />
zur Rehabilitierung der wegen Bestreiten des Holocausts<br />
Verfolgten“. Dass Spektrum der „Reichsbürger“<br />
kann nicht einfach als eine Ansammlung gescheiteter,<br />
politisch bedeutungsloser Existenzen abgetan<br />
werden. Viele seiner Protagonisten unterhalten enge<br />
Verbindungen zur NPD. So sollte der Antisemit und<br />
Reichsbürger Gerd Walther auf Einladung des extrem<br />
rechten „Hoffmann von Fallersleben-Bildungswerkes<br />
(HvFB)“ und des Kreisverbandes Nord der Berliner NPD<br />
im Oktober 2012 auf einer Veranstaltung in der Weddinger<br />
Gaststätte „Postkutsche“ zum „Revolutionsentwurfs<br />
Horst Mahlers und dessen Verwirklichung<br />
in Moskau“ sprechen. Die Veranstaltung konnte durch<br />
antifaschistische Intervention verhindert werden. Mit<br />
Reinhold Oberlercher hatte ein weiterer Mitbegründer<br />
des sich als „Studien- und Kampfgemeinschaft“<br />
verstehenden „Deutschen Kollegs“ bereits einige Wochen<br />
zuvor am selben Ort referiert. Unter den etwa 30<br />
Gästen des Vortrages befand sich auch Uwe Meenen,<br />
das dritte Gründungsmitglied des „Deutschen Kollegs“<br />
und stellvertretender Landesvorsitzender der Berliner<br />
NPD (siehe Seite 13). Das Restaurant „Potskutsche“<br />
musste in Folge von wiederholten antifaschistischen<br />
Aktionen inzwischen schließen.<br />
▸Abb.3 Roseneck, Britzer Damm 209<br />
▸Abb.2 Peter Schmidt<br />
Beispielhaft zeigt sich die von den „Reichsbürgern“ ausgehende, nicht zu unterschätzende<br />
Gefahr, die sich an zwei Vorfällen 2012 verdeutlichen lässt: Zwischen<br />
Februar und Juni 2012 verschickte die Gruppierung „Die Reichsbewegung – Neue<br />
Gemeinschaft von Philosophen“ per E-Mail ein achtseitiges Pamphlet an Schulen<br />
und Kindergärten, in dem sich exemplarisch rassistische und völkisch-antifeministische<br />
Argumentationsstränge der extremen Rechten verknüpfen. In dem Schreiben<br />
werden in Deutschland lebende nicht-weiße und insbesondere muslimische<br />
Migrant_innen „mit sofortiger Wirkung“ (sic!) aus Deutschland ausgewiesen und<br />
aufgefordert, das Land innerhalb von sechs Monaten zu verlassen. Begründet wird<br />
dies damit, dass die „Auslöschung bzw. Mordung der weißen europäischen Völker<br />
durch Zwangsvermischung, Multi-Kulti, Eine-Welt-Wahn usw.“ gestoppt werden<br />
müsse. Man wolle künftig „in unserem Land“ keine „Sozialschmarotzer“, „Ehrenmorde“,<br />
„Integrationsverweigerer“ und „Vergewaltigungen unserer Mädchen und<br />
Frauen“ (mehr). Ausnahmen werden für den Fall in Aussicht gestellt, dass eine<br />
nicht-muslimische Migrantin mit einem „patriotischen“ Deutschen verheiratet ist.<br />
Die gesamte Familie soll jedoch ausgewiesen werden, wenn eine deutsche Frau<br />
mit einem „männlichen Türken“ verheiratet sei. Denn so schreiben die „Reichsbürger“:<br />
„Wenn eine Frau mit einem andersstämmigen bzw. fremdrassigen Mann eine<br />
geschlechtliche Beziehung eingehe, dann sollte sie immer wissen, dass sie dann<br />
auch mit diesem in dessen Volk zu gehen hat.“ Verbunden wird das dystopische<br />
Blut-und-Boden-Untergangsszenario mit einer Drohung, die „Reichsbewegung“ verurteile<br />
zwar grundsätzlich „Gewaltaktionen gegen Ausländer“ und versuche diese<br />
zu verhindern, weist aber darauf hin, dass sie dies „ab Tag- X“ nicht mehr „sicherstellen“<br />
könne. Das eine durchaus reale Gefahr besteht, dass die „Reichsbürger“<br />
Versuche unternehmen, ihre Ziele praktisch umzusetzen, kam etwa durch einen<br />
Zufallsfund im April 2012 zu Tage. Wegen langjähriger Steuervergehen durchsuchte<br />
die Steuerfahndung die Wohn-und Geschäftsräume des 39-jährigen „Reichsbürgers“<br />
Daniel Schwartz auf einem Betriebsgelände an der Neuköllnischen Allee in Neukölln.<br />
Gemäß der Ideologie der „Reichsbürger“ vertritt Schwartz die Auffassung,<br />
dass sein Grundstück kein Teil der BRD ist. Neben dem Briefkasten hat er daher ein<br />
Schild mit der Aufschrift „Republik Freies Deutschland – Hoheitsgebiet“ angebracht.<br />
Schwartz betrieb dort bis Ende 2012 einen Technikhandel für Feuerwerk, Chemie<br />
und Sprengungen. Bei der Durchsuchung wurden 1,8 Tonnen Chemikalien, die zum<br />
Bau von Sprengsätzen geeignet sind, und in einem ehemaligen Kriegsbunker große<br />
Mengen Pyrotechnik sichergestellt. Am Rande des Polizeieinsatzes erschien ein<br />
Mann, der an seiner Jacke ein Schild mit der Aufschrift „Deutsche Polizei“ und der<br />
Abkürzung „DPHW“ befestigt hatte. Er gab an, Schwartz vor einer „völkerrechtswidrigen“<br />
Polizeiaktion schützen zu wollen.<br />
Das „Deutsche Polizeihilfswerk“ wurde von „Reichsbürgern“ geründet. Erstmals<br />
in die Schlagzeilen geraten war die dubiose Hilfspolizeitruppe jedoch erst Ende<br />
November 2012, als uniformierte DPHW-Angehörige im sächsischen Örtchen<br />
Bärwalde bei Dresden einem vom Amtsgericht beauftragten Gerichtsvollzieher kurzer<br />
Hand „festnahmen.“ Das „Deutsche Polizeihilfswerk“ unterhält nach eigenen<br />
▸Abb.4 Dr. Axel Stoll