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NPD Reinickendorf<br />
Der kurze Höhenflug der Stammtischnazis<br />
Die Reinickendorfer NPD (KV 2) ist nicht bekannt für<br />
medienwirksame Aktionen, neonazistische Straßendominanz<br />
oder NPD-Kampagnen. Und doch überrascht<br />
ein Blick auf diese Struktur, ihre kontinuierliche Arbeit<br />
und ihre Aktivisten. Im Jahr 2012 wurden der Struktur<br />
empfindliche Dämpfer zugefügt.<br />
Die Struktur<br />
Angeführt wird der Kreisverband von dem Neonazi-<br />
Juristen Richard Miosga aus dem Prenzlauer Berg.<br />
Miosga, der bereits 1989 für die „Republikaner“ im<br />
Abgeordnetenhaus und später für die NPD im Rat im<br />
Brandenburgischen Hohen Neuendorf saß, ist Internetverantwortlicher<br />
des neonazistischen Rechtshilfevereins<br />
„Deutsches Rechtsbüro“ (DRB) und war bis<br />
Februar 2012 im Berliner NPD-Vorstand. Sein Stellvertreter<br />
ist Tibor Haraszti. Der Ex-Republikaner<br />
führt die Geschäfte des Kreisverbands, ist seit 2012 im<br />
Berliner NPD-Vorstand und nahm u. a. an der NPD-<br />
Kundgebung am 29. Juni 2012 am Potsdamer Platz teil.<br />
Ebenfalls stellvertretender Kreisvorsitzender und Organisationsleiter<br />
ist Uwe Barteis. Der Maurer trat zusammen<br />
mit Haraszti von den „Republikanern“ über.<br />
Der Verband besteht derzeit aus etwa zwei Dutzend<br />
Neonazis. Die meisten Mitglieder sind 40 Jahre oder<br />
älter, was die Aktivitäten des Verbands entscheidend<br />
prägt. Darunter befinden sich mehrere Neonazis mit<br />
langjähriger NPD-Erfahrung, so z.B. Georg Magnus.<br />
Dieser war in den 2000er Jahren Vorsitzender der<br />
Berliner NPD, wurde jedoch schon nach kurzer Zeit<br />
wieder abgelöst. Auch im Reinickendorfer Verband<br />
ist er nicht bekannt dafür, seine Verpflichtungen zu<br />
erfüllen. So wurde er 2007 vom damaligen Berliner Vorsitzenden<br />
Eckart Bräuniger abgemahnt, weil er den<br />
Eintrittsantrag Harasztis verschleppte. Der NPDler<br />
André Markau trat 2005 und 2009 als Reinickendorfer<br />
NPD-Kandidat bei der Bundestagswahl an. Er ist nur<br />
bei lokalen Aktivitäten anzutreffen. Weitere Mitglieder<br />
des Verbands sind: Kay Eggert (Schatzmeister),<br />
Gerhard Hartlieb (Beisitzer), Jörg Geisler (Beisitzer),<br />
Marno Murawski, Manfred Bamberg, Dieter Dinse,<br />
Sebastian Dörre, Josi Geisler, Detlef Glaser, Axel<br />
▸Abb.2 Richard Miosga<br />
▸Abb.3 Tibor Haraszti<br />
▸Abb.1 NPD-Stand Tibor Haraszti, André Markau<br />
Wolfgang Heuer, Thomas Hille, Jörg Hirschfelder, Kai Hupe, Christian Jurk,<br />
Hans-Jürgen Kalina, Reiner Kluckow, Gabriela Rühlicke, Jörg Schenk, Jürgen<br />
Schneider, Bernd Schuler, Robert Schumacher, Alexandra Steller, Klaus-Dieter<br />
Thräne und Christian Türk.<br />
Die Aktionen<br />
Bis ins Jahr 2012 fanden im Monatstakt in Reinickendorf Veranstaltungen und<br />
Stammtische der NPD statt. Die NPD verfügte hier über ein Netz von Kneipen, die<br />
kein Problem darin sahen, Neonazis bei sich zu beherbergen. Im vergangenen Jahr<br />
traten bei solchen Veranstaltungen u. a.der ehemalige Berliner REP-Vorsitzende<br />
Konrad Voigt und der ehemalige NPD-Bundesvorsitzende Udo Voigt auf. Die Teilnehmer_innenzahl<br />
beschränkte sich meist auf einen einstelligen Bereich. Auch das<br />
diesjährige Sommerfest am 21. Juli 2012 sollte in der NPD-Stammkneipe „Brückenbogen“<br />
(Aroser Allee 152) stattfinden. Da der Wirt die Kneipe jedoch aus Finanznöten<br />
schließen musste, fragten die Neonazis die Kneipe „Zum gelben Schloss“ an, die<br />
ihnen nach antifaschistischer Intervention jedoch Hausverbot erteilte. Letztendlich<br />
fand das Fest im Café „Lust“ in der Emmenthaler Straße in Reinickendorf statt. Die<br />
regelmäßigen Stammtische finden zur Zeit noch im Lokal „Bier-Stub'n“ (Residenzstraße<br />
9) statt. Der Wirt der Tegeler Gaststätte „Zum Kegel“ hat die antifaschistischen<br />
Interventionen verstanden und wird in Zukunft keine neonazistischen Veranstaltungen<br />
in seinen Räumen mehr zulassen.<br />
Der Bundesparteitag der NPD 2009 fand im Rathaus Reinickendorf statt und 2012<br />
war der Landesparteitag in dem Reinickendorfer Restaurant „Villa Dalmacija“ (Residenzstraße<br />
142) geplant. Antifaschistische Proteste bewogen den kroatischen Wirt<br />
jedoch dazu den Mietvertrag zu kündigen.<br />
Eine Außenwirkung entfaltet der Verband selten, meist nur im Rahmen von NPD-<br />
Ständen. Diese finden regelmäßig im Rahmen von bundesweiten Aktionstagen statt.<br />
Die Reinickendorfer NPDler sind dabei – neben den Treptowern und Lichtenbergern<br />
– die einzigen, die logistisch in der Lage sind, Stände außerhalb von Wahlzeiten<br />
durchzuführen. Als der NPD-Werbe-LKW „Flaggschiff“ Berlin ansteuerte, hielt er<br />
zur Überraschung vieler nicht an einem zentralen Ort, sondern in Alt-Tegel. Weniger<br />
überraschend war, dass neben dem stellvertretenden Landesvorsitzenden<br />
Uwe Meenen lediglich Reinickendorfer NPDler anwesend waren. So hielten sich<br />
Miosga, Haraszti, Markau und sechs weitere NPDler unauffällig im Umfeld und<br />
in der Kundgebung auf.<br />
Nachwuchsarbeit des Verbands<br />
Der Reinickendorfer Verband hat ein Nachwuchsproblem. Und so wird jeder jüngere<br />
Neonazi mit Kusshand genommen und ohne vorherige Prüfung in Funktionen<br />
gehievt. Der Sassnitzer Steffen Peplow schaffte es im Reinickendorfer Verband<br />
im letzten Jahr zum Jugendbeauftragten. Peplow nahm diese Aufgabe scheinbar<br />
▸Abb.4 Kay Eggert<br />
▸Abb.5 Steffen Peplow<br />
▸Abb.6 Georg Magnus