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▸Abb.6 Sebastian Dahl ▸Abb.7 Oliver Werner ▸Abb.8 Robert Hardege ▸Abb.9 Marcus Bischoff ▸Abb.10 Aribert Streubel<br />

Anders als in anderen Bundesländern ist der Anteil<br />

der Migrant_innen unter den Opfern vergleichsweise<br />

gering. Neben sozial Benachteiligten wie Dieter<br />

Eich, Beate Fischer und Günter Schwannecke waren<br />

Polizisten und Menschen aus dem persönlichen Umfeld<br />

im Visier der Neonazis. So wurden in einem Streit<br />

untereinander die Neonazis Chris Danneil und Olaf<br />

Schmidtke von ihren eigenen Kameraden erstochen.<br />

Der Polizist Stefan Grage wurde von Kay Diesner auf<br />

der Flucht erschossen, nachdem Diesner versucht<br />

hatte, den Berliner Buchhändler Klaus Baltruschat zu<br />

ermorden. Der Buchhändler und ein weiterer Polizist<br />

wurden durch Schüsse Diesners schwer verletzt.<br />

Brandstiftungen, Waffendeals,<br />

Mordanschläge und terroristi-<br />

sche Strukturen in Berlin<br />

Nicht immer kam es bei den Angriffen der Berliner<br />

Neonazis zu Toten, doch oft war mit einkalkuliert,<br />

dass Menschen sterben. Am 7. November 1970 schoss<br />

der Neonazi Ekkehard Weil aus Kreuzberg mit einem<br />

Kleinkaliber-Gewehr auf einen Wachsoldaten am sowjetischen<br />

Ehrenmal in Tiergarten und verletzte diesen<br />

schwer. An einem Pavillon im Tiergarten wurden mehrere<br />

neonazistische Parolen hinterlassen und mit dem<br />

Schriftzug „Europäische Befreiungsfront” unterschrieben.<br />

In den 1990er Jahren kam es zu organisierten Angriffen<br />

von Neonazis auf Berliner Flüchtlingsheime.<br />

Die Täter_innen gingen dabei nach dem Vorbild der Pogrome<br />

in Rostock-Lichtenhagen vor und versuchten in<br />

den Jahren 1992 und 1993 unter anderem Heime in den<br />

Bezirken Pankow, Weißensee und Hohenschönhausen<br />

mit Brandsätzen niederzubrennen. Der Höhepunkt dieser<br />

Attacken war 1993 erreicht, als die Neonazigruppe<br />

„Weißenseer Arischer Widerstand (WAW)“ Handgranaten<br />

in ein Flüchtlingsheim in Weißensee warf. Zudem<br />

verübte die Gruppe in diesem Zeitraum Anschläge auf<br />

Parteibüros der PDS, der Vorgängerin der heutigen<br />

Linkspartei. Im Zusammenhang mit dem WAW fiel<br />

der Name des Neonazis und ehemaligen Kroatien-<br />

Söldners Marcus Bischoff. Er wurde 1994 für die Publikation der Propagandaschrift<br />

„NS-Kampfruf“ angeklagt, die in direktem Zusammenhang mit dem WAW stand.<br />

Bischoff ist inzwischen in die Berliner NPD-Strukturen integriert und engagierte<br />

sich beim NPD-Wahlkampf in Pankow im Sommer 2011. Im Jahr 1997<br />

fielen mehrere Aktivisten aus dem Umfeld der Kameradschaft Treptow dadurch<br />

auf, dass sie sich Anleitungen zum Rohrbombenbau besorgten und<br />

mehrere Probesprengungen an Telefonzellen durchführten. Die beiden Neonazis<br />

Patrick Demming und Carsten Müller, die auch in der Gruppe „Freicorps Berlin“<br />

waren, gestanden nach einer Hausdurchsuchung, bei denen Bombenbauanleitungen<br />

gefunden wurden, einen geplanten Anschlag auf ein Mitglied der PDS. Die<br />

beiden bereiteten den Aufbau einer konspirativen Gruppe mit höchstens vier Mitgliedern<br />

vor und nannten sich bereits „Kampfgruppe Schörner“. Bei einer misslungenen<br />

Probesprengung im Treptower Park fand die Polizei eine Rohrbombe mit der<br />

Gruppenbezeichnung.<br />

Ende der 1990er Jahre wurde ebenfalls die Vereinigung „Nationalrevolutionäre<br />

Zellen“ in Berlin und Brandenburg aktiv. Die Gruppe, die personelle Überschneidungen<br />

zu Neonazi-Kameradschaften wie der „Kameradschaft Germania“ besaß, war<br />

in mehrere Anschläge und Waffendeals in Berlin und Brandenburg verwickelt. So<br />

wurde ein Brandanschlag auf das frühere alternative Café „Pesthund“ im Prenzlauer<br />

Berg nur kurz vor der Durchführung gestoppt, weil die Neonazis sich beobachtet<br />

fühlten. Führender Kopf der NRZ war der V-Mann Carsten Szczepanski, der zuvor<br />

selbst wegen eines rassistisch motivierten Mordversuches an einem Flüchtling aus<br />

Nigeria verurteilt worden war.<br />

Immer wieder gab es Versuche, sich zu bewaffnen. Im Jahr 2000 wurde ein Berliner<br />

Neonazi festgenommen, der im Besitz einer Rohrbombe war. 2001 wurde der Treptower<br />

Kameradschaftler Ronald Schmidt bei dem Versuch festgenommen, Waffen<br />

zu verkaufen. Er besaß eine Panzerfaust und einen Revolver. An Waffengeschäften<br />

waren auch die damals noch aktiveren „Vandalen – Ariogermanische Kampfgemeinschaft“<br />

beteiligt, die das politische Umfeld der 2005 als kriminelle Vereinigung<br />

verbotenen Neonazi-Band „Landser“ bildete. Der Vandale Andreas Cavael und<br />

der Neonazi-Rocker Arnulf Priem sowie andere Berliner Neonazis unternahmen<br />

Wehrsportübungen zusammen mit der österreichischen Neonazi-Truppe VAPO, der<br />

die Sprengstoffanschlagsserie in Österreich im Jahr 1993 zugeordnet wird.<br />

Im April 2000 verschafften Berliner Neonazis auch einer Gruppe Neonazis in Südbrandenburg<br />

Waffen, mit denen sie Anschläge auf politische Gegner planten. Im<br />

Mai fand die Polizei bei Ralf Luckow ein halbautomatisches Gewehr samt Schalldämpfer<br />

und Zielfernrohr. Zusammen mit Daniel Gärtner hatte er es bei einem<br />

konspirativen Treffen in Neu-Zittau/Brandenburg von den Berliner Neonazis Jean<br />

René Bauer und Frank Lutz gekauft. Bauer gehört ebenfalls zu den „Vandalen“,<br />

Frank Lutz war Vorsitzender der „Nationalen Alternative“ und tätowiert jetzt im<br />

Lichtenberger „Uttgard Tattoo“-Studio Neonazis.<br />

Im Juni 2000 wurde im Kellerraum von Nick Greger in Berlin-Treptow eine funktionstüchtige<br />

Rohrbombe und Material zum Bau einer weiteren gefunden. Zu sei-<br />

▸Abb.11 Carsten Szczepanski ▸Abb.12 Leonard Schmidt ▸Abb.13 Jan Gallasch (1990er) ▸Abb. 14 Jan Gallasch (2003) ▸Abb.15 Jörg Lange

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