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Die Skandinavien-Connection<br />
▸Abb.1 Sebastian Dahl (rechts), Michael Gehler (1.v.l), Lutz Giesen (2v.l.), Lisa Bauer (2.v.r.)<br />
Als 15 Berliner Neonazis am zweiten Dezember Wochenende<br />
2011 in Berlin-Schönefeld einen Billigflieger<br />
enterten, um nach Stockholm aufzubrechen, war ihr<br />
Ziel den Gedenkmarsch für Daniel Wretström. Der<br />
17-Jährige war ein bekennender Neonazi und spielte<br />
Schlagzeug in einer Rechtsrockgruppe mit dem programmatischen<br />
Namen „Vit Legion“ („Weiße Legion“).<br />
Beides – seine politische Einstellung und die Umstände<br />
seines Todes – ist Grund genug für die versammelte<br />
extreme Rechte Schwedens, ihn zu einem Märtyrer,<br />
einer Art schwedischem Horst Wessel zu verklären (Vgl.<br />
AIB 70 / 1.2006 „Salem, Wunsiedel Schwedens?“). Da<br />
durfte 2011 der reisefreudige Teil der Berliner Neonaziszene<br />
nicht fehlen. Unter den Aufmarschierenden<br />
waren u. a. die beiden aus Berlin-Lichtenberg stammenden<br />
Aktivisten Björn Wild und Oliver Oeltze. Die<br />
beiden kennen sich aus der 2005 verbotenen „Kameradschaft<br />
Tor“. Wild betätigte sich in Stockholm wie<br />
so oft als Anti-Antifa Fotograf. Als Nachfolgeprojekt<br />
des Umfelds der „Kameradschaft Tor“ erscheint seit<br />
2005 das Internetprojekt „NW-Berlin“. Gegen diese<br />
indizierte Internetseite laufen diverse Strafverfahren.<br />
Nach Angaben der dänischen Internetseite „Projektantifa“<br />
soll der schwedische Neonazi und IT-Spezialist<br />
Christian Kjellsson der Website mit der Vereinigung<br />
„Bifrost Media“ aus nationalistischen »designers and<br />
coders« geholfen haben. Kjellsson lebt in Dänemark.<br />
„Projektantifa“ rechnet Kjellsson der Organisation<br />
„Nordisches Hilfswerk“ (NHW) zu. Auch an der Erstellung<br />
der Internetpräsentation vom NHW war er beteiligt.<br />
Das NHW hat als selbst gestecktes Ziel „Hilfe<br />
in allen Lebenslagen, Koordination, Kulturförderung,<br />
Austausch von Informationen, Deutsch-Skandinavische<br />
Vernetzung, Demonstrationen, Festivals, Redner,<br />
Medienaufbau“, wie diese auf einer Veranstaltung in<br />
Berlin im Oktober 2011 verkündeten. Bei der gleichen<br />
Veranstaltung wurde für den früheren Berliner Neonazifunktionär<br />
Lutz Giesen Geld gesammelt.<br />
Dieser ist in der norddeutschen Neonaziszene wegen<br />
seine „unkameradschaftlichen Umgang“ bei älteren<br />
Neonazis nicht unumstritten. Giesen schafft es immer<br />
sehr gut sich rar zu machen, wenn es um das Bezahlen<br />
geht. Egal ob es nun staatliche Forderungen oder die<br />
Miete bei Kameraden ist, der Maurer und Vater von vier Kindern, der nach eigenen<br />
Angaben zwischen 1200 -1300 Euro verdient, ist dann schwer zu finden. Giesen<br />
wurde am 8. September 2011 in erster Instanz wegen seiner Hetzreden bei der Nazidemo<br />
nach dem Angriff auf den „Henker“ zu fünf Monaten Haft ohne Bewährung<br />
verurteilt. Die Haftstrafe gab es wegen seiner 22 Einträge im Bundeszentralregister<br />
sowie wegen drei zur Tatzeit laufenden Bewährungen. Im Publikum saßen damals<br />
Sandor Makai und Christian Schmidt, damals aus dem Spektrum der „Freien<br />
Nationalisten Mitte“, sowie Michael Gehler. Verteidigt wurde Giesen von RA<br />
Michael Andrejewski (NPD MdL MV), der bekannt wurde für sein Flugblatt 1992,<br />
dass zu den Pogromen von Rostock-Lichtenhagen aufhetzte. Wie bedeutend Giesen<br />
heute für die Berliner Neonaziszene ist, zeigt der Besuch von Sebastian Schmidtke<br />
beim Verfahren in der zweiten Instanz im Mai 2012 in der selben Sache gegen Giesen.<br />
In dieser Instanz kam das Justizwunder Giesen wieder mit einer Bewährung davon.<br />
Mitte Juli 2006 reiste Lutz Giesen mit Kameraden aus der 2009 verbotenen „Heimatteuen<br />
Deutschen Jugend“ (HDJ) nach Schweden. Dort wurde sich nicht nur mit einer<br />
Führungsfigur des „Nordischen Hilfswerks“ getroffen, sondern auch an einem Treffen<br />
mit zahlreichen Vertretern verschiedenster nordeuropäischer Neonazigruppen<br />
teilgenommen. Hierbei traten die anwesenden HDJ-Mitglieder unter anderem mit<br />
einem Fanfarenzug und einer Volkstanzaufführung auf. Lutz Giesen war zu der Zeit<br />
in Greifswald ansässig und wohnte dort gemeinsam mit dem ehemaligen Mitglied<br />
der verbotenen Berliner „Kameradschaft Tor“ Marcus Gutsche, dem damaligen<br />
Führer der „HDJ-Einheit Mecklenburg und Pommern“ Ragnar Dam, sowie Robert<br />
Weinhold zusammen in einer WG. Mit auf der Reise zu den schwedischen Kameraden<br />
waren auch Michael Gehler, der damalige Berliner HDJ-Führer Dennis Schauer<br />
und die damalige „HDJ-Bundesmädelführerin“ Holle Böhm. Giesen vertritt die<br />
deutsche Seite des NHW in Skandinavien. So reiste er zum Sommerlager vom 8. bis<br />
10. Juli 2011 der Svenskarnas parti (Partei der Schweden, SvP): Aus Deutschland<br />
waren außerdem Sebastian Dahl (ehem. Teptow-Köpenick, mittlerweile Kahla/Thüringen)<br />
und und seine Lebensgefährtin Lisa Bauer (Kahla), sowie Michael Gehler<br />
mit von der Partie. Man vertrieb sich auf diesem Lager die Zeit mit Bootfahren und<br />
Kriegspielen, Christian Kjellsson gab IT-Schulungen.<br />
Ein weiterer, in Berlin wohlbekannter Neonazi und Teilnehmer jenes Sommerlagers<br />
war Dan Eriksson. Der nach eigenen Angaben am 13. September 1982 geborene<br />
Schwede wohnt zeitweise in Berlin und trägt den Titel des „Internationalen Sekretär“<br />
der „Svenskarnas parti“. Er spricht regelmäßig bei Demonstrationen und<br />
Veranstaltungen in Deutschland. Auf einer Kundgebung am 8. Mai 2012 spach er in<br />
Königs Wusterhausen, in Berlin zuletzt am 14. Juli 2012 beim NPD Sommerfest. Er<br />
berichtetet seinen schwedischen Kameraden über Demonstrationen in Deutschland.<br />
Er hält aber nicht nur Kontakt zur NPD sondern hat enge Anbindung an das Netzwerk<br />
„NW-Berlin“ u.A. über Björn Wild. Regelmäßig ist er in der Nazikneipe „Zum<br />
Henker“ anzutreffen und war auch bei der 20. Aprilfeier im „NW-Berlin“-Stützpunkt<br />
in der Lückstraße 58 anwesend.<br />
▸Abb.2 Dan Erikson ▸Abb.3 Christian Kjellson ▸Abb.4 Lisa Bauer<br />
▸Abb.5 Lutz Giesen ▸Abb.6 Ragnar Dam