fightback05
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▸ Nicht nur peinlich, sondern auch strafbar. Dieses Poserbild<br />
brachte Julian Beyer (Mitte) eine Hausdurchsuchung ein.<br />
Vor über drei Jahren erschien im Mai 2009 die Fight<br />
Back Nr.4 und seitdem gab es einige Bewegung im<br />
Bezirk. Die relative personelle Stärke der Neonazi-<br />
Szene und ihres Umfeldes in Süd-Neukölln und ihre<br />
Bindungskraft gegenüber Jugendlichen geht zurück.<br />
Die NPD ist bei der Wahl 2011 knapp aus dem Neuköllner<br />
Kommunalparlament geflogen und scheint<br />
vorläufig geschwächt. Zudem stagniert die Infrastruktur<br />
der Neuköllner Neonazis seit Jahren auf niedrigstem<br />
Niveau. Dennoch gehören die aktiven Neuköllner<br />
Neonazis nunmehr zum festen organisatorischen Kern<br />
des „Nationalen Widerstands Berlin“ („NW-Berlin“)<br />
und tragen dessen Radikalisierung mit entsprechenden<br />
Aktivitäten auch im Bezirk mit. Dabei werden wie<br />
schon 2008 potentiell lebensgefährliche Brandschläge<br />
durchgeführt, was zwar nicht den politischen Rückhalt<br />
der Neonazis in für sie erreichbaren Teilen der Bevölkerung<br />
verbessert, aber sehr wohl die von ihnen individuell<br />
erlebte Wirkungsmächtigkeit – zudem ist die<br />
Gefährdung für die Betroffenen sehr real.<br />
Anti-Antifa in Neukölln<br />
Als Köpfe der „Autonomen Nationalisten“ („AN“) und<br />
damit auch der „Anti-Antifa“ im Bezirk müssen an erster<br />
Stelle Sebastian Thom und Patrick Weiß sowie<br />
mit Abstrichen Marcel „Klopsi“ Königsberger, der<br />
mittlerweile nach Brandenburg verzogen ist, genannt<br />
werden. Die Genannten sind etwa Mitte 20 und wurden<br />
ca. 2003 von den älteren Jill-Pierre Glaser und Florian<br />
Schumann rekrutiert, um sie an die NPD heranzuführen.<br />
Fotomaterial der Gruppierung wird in erster<br />
Neukölln<br />
Weniger ist mehr? Entwicklungen der Neuköllner Neonazi-Szene seit 2009<br />
Linie von Patrick Weiß angefertigt. Weitere Aktive sind die nun etwa 20 Jahre alten<br />
Robert Hardege und Julian Beyer, die in Absprache mit Jill-Pierre Glaser von Kai-<br />
Uwe Zemke und Dennis Eister ab ca. 2005 unterwiesen wurden und Mitglieder der<br />
zeitweilig bestehenden „Division Rudow“ waren. Eister scheint sich mittlerweile<br />
in das Umfeld der Rockergruppierung „Bandidos“ zurückgezogen zu haben und<br />
auch Zemke fällt kaum durch offensichtliche Neonazi-Aktivitäten auf. Letzterer<br />
arbeitet z.Zt. im Tattoo-Studio „Tattoo Gonzo Berlin“ in Grünau (Königsstraße 2).<br />
Hardege saß nach einem versuchten Mord und versuchter schwerer Brandstiftung<br />
aus rassistischen Motiven im Jahr 2008 eine Jugendstrafe ab (siehe Fight Back 4,<br />
Seite 33). Danach nahm er seine Aktivitäten als Anti-Antifa sofort wieder auf und<br />
verbreitete gleichzeitig die Legende, er habe sich von der Szene gelöst. Hardege<br />
soll sich laut Szene-Insidern maßgeblich an der brutalen Attacke auf vier sitzende<br />
Gegendemonstrant_innen am Rande der verhinderten Neonazi-Demo in Kreuzberg<br />
am 14.Mai 2011 beteiligt haben (siehe Seite 12).<br />
Unterstützung erfuhr die von Weiß und Thom angeleitete Neuköllner „AN“-Clique<br />
auch von Harald Bankel (Lichtenrade), Christian Stein, Niclas Jacob, David Gallien<br />
(Mariendorf) und weiteren Personen dieses Altersspektrums, deren Namen<br />
z. Zt. noch nicht öffentlich genannt werden können (s. Abb. 11+12). Ihnen ist zumindest<br />
ein Teil der seit 2009 in Wellen durchgeführten Sachbeschädigungen und<br />
Brandanschläge im Bezirk zuzurechnen, die sich vor allem gegen „linke Locations“<br />
(z.B. gegen das Kinder- und Jugendzentrum Anton-Schmaus-Haus der SPD-nahen<br />
Falken) und Einzelpersonen richteten. Harald Bankel ist Tatverdächtiger im Zusammenhang<br />
mit dem Ablegen von Schweineköpfen vor der Nord-Neuköllner<br />
Sehitlik-Moschee. Aktuell scheint die Gruppierung aufgrund des Einflusses von<br />
Julian Beyer ihre Aktivitäten auf Johannisthal (Treptow-Köpenick) und Brandenburg<br />
(Landkreis Dahme-Spreewald) auszudehnen, ohne Neukölln als Stammbezirk<br />
aufzugeben. Beyer geriet in den Fokus der eigentlich bei den Ermittlungen gegen<br />
Rechts demonstrativ trägen Berliner Polizei, weil er Drohungen gegen Linke und<br />
weitere Äußerungen im Internet veröffentlichte, die einem Tatbekenntnis für die<br />
Attackenserie gleichkommen (s.o.).<br />
Als Internetpräsenzen Neuköllner Neonazis dienen eine Website, die auf dem von<br />
Dortmunder Neonazis betriebenen logr-Server liegt und ein wordpress-Blog. Beide<br />
▸Abb.1 Jill-Pierre Glaser ▸Abb.2 Florian Schumann ▸Abb.3 Oliver Werner ▸Abb.4 Jan Sturm ▸Abb.5 Thomas Vierk