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Eine neue Dimension innerhalb der neonazistischen<br />
Bewegung nahmen die „Spreelichter“ ein. Gezielt<br />
versuchten diese unorganisierte Neonazis aus Südbrandenburg<br />
anzusprechen und für ihre Zwecke zu<br />
instrumentalisieren, somit machten sie sich auch speziell<br />
durch ihre „Werde Unsterblich“-Kampagne bundesweit<br />
einen Namen. Sie wurden schnell zu einem<br />
„Elite-Netzwerk“ innerhalb der Neonazi-Szene, was zu<br />
einem Verbot der Vereinigung durch das Innenministerium<br />
geführt hat.<br />
Die Personen aus dem inneren Kreis der „Spreelichter“<br />
rekrutierten sich zunächst aus Lübben und Lübbenau,<br />
aus dem Anhang des geschlossenen „Bunker<br />
88“. Später wurde die sog. „Widerstandsbewegung in<br />
Südbrandenburg“ ausgeweitet, so fanden sich weitere<br />
Ortsgruppen in Vetschau (vetschaufenster.info),<br />
Cottbus (cb-infos.net), Senftenberg (sfb-infos.nw.am),<br />
Spremberg (spremblog.info) und vereinzelt in Finsterwalde<br />
zusammen.<br />
Durch ihre Aktionen gelang es den „Spreelichtern“<br />
sich bewusst von bisher dagewesenen Kameradschaften<br />
und rechten Parteien abzugrenzen. Mit dem<br />
Leitspruch „Die Demokraten bringen uns den Volkstod“<br />
wurde versucht an eine „deutsche Identität“ zu<br />
appellieren, allgegenwärtige Themen wie die Abwanderung<br />
aus den Kleinstädten taktisch anzusprechen,<br />
um leichte Anknüpfungspunkte in der Bevölkerung<br />
zu gewinnen. Ohne dabei inhaltlich Kompromisse einzugehen,<br />
so ging es stets um die „rassische Einheit“,<br />
das Bekenntnis zum „Nationalsozialismus“ und den<br />
Kampf gegen die „BRD“.<br />
Dies war teilweise erfolgreich, Aufkleber mit dem<br />
Spruch „Wir sind keine Demokraten. Na und?“ sind in<br />
nahezu jedem Ort in Südbrandenburg zu sehen. Ein<br />
wichtiger Faktor für die flächendeckende Verteilung<br />
der Propaganda-Materialien war die hohe Popularität<br />
und die Anzahl der Sympathisierenden im Gebilde der<br />
„Spreelichter“.<br />
Die ersten nennenswerten Aktionen der Spreelichter<br />
fanden im Frühjahr 2009 statt. Beim Karnevalsumzug<br />
in Schlepzig im Spreewald setzten sich mehrere als<br />
Sensenmänner verkleidete Neonazis, u.a. Jonas Wies-<br />
„Die Spreelichter“<br />
„Widerstandsbewegung in Südbrandenburg“<br />
ner, an die Spitze des Umzuges und zeigten ein Transparent mit der Aufschrift „Die<br />
Demokraten bringen uns den Volkstod“. Bei einer weiteren Aktion wurde erneut<br />
ein Transparent mit diesem Spruch verwendet, ca. 15 Personen standen auf einer<br />
Autobahnbrücke an der A13 und präsentierten dieses. Videos dieser Auftritte sind<br />
auch weiterhin im Internet zu finden.<br />
Die große Verbreitung der „Spreelichter“ ist vor allem auf ihre Internetpräsenz<br />
www.spreelichter.info zurück zu führen. Mit konstanter Aktualität, höherem Maß<br />
an Professionalität bei der Produktion von Videos, Jingels und Print-Medien wurde<br />
es zu einem Vorzeigebeispiel neonazistischer Netzaktivität. So verbreitete sich die<br />
„Werde Unsterblich“ Kampagne aufgrund der martialisch inszenierten nächtlichen<br />
Fackelmärsche mit der Masken-Show in den sächsischen Städten Stolpen oder auch<br />
Bautzen rasant. Die Videos dieser unangemeldeten Aufmärsche durch leere Innenstädte<br />
erwecken den Anschein einer Massenbewegung, und einer rechten Erlebniswelt.<br />
Sehr bald fanden sich Nachahmende auf das ganze Bundesgebiet verteilt.<br />
Bemerkenswert dabei ist, wie das Netzwerk mehrmals mehrere Hundert Neonazis<br />
konspirativ mobilisieren konnten, was eine starke Vernetzung und unzugängliche<br />
Kommunikationswege vermuten lässt.<br />
Die zentrale Figur der „Spreelichter“ ist der Lübbenauer Marcel Forstmeier (bekannt<br />
auch unter dem Pseudonym „NationalSozi“ auf dem Neonazi-Forum thiazi<br />
.net), er steht hinter dem Vorgehen der „Widerstandsbewegung in Südbrandenburg“.<br />
In seinem engeren Kreis scharrt er Nachwuchs-Kader aus dem Spreewald um sich.<br />
So zum Beispiel die Lübbener Patrick Bierwagen, Julian Thugut, Florian Reichel,<br />
Steven Mergans, die Brüder Jonas und Gregor Wiesner sowie Patrick Jahn, Stefan<br />
Hannuschke, Steven Baatz und Jens Heidenreich.<br />
Dieser Personenkreis gemeinsam mit Neonazis der weiteren Aktionsgruppen aus<br />
Südbrandenburg wuden immer wieder auf Demonstrationen gesichtet, so unter<br />
anderem am 1. Mai 2009 in Freiberg, „Antikriegstagen“ in Dortmund oder bei den<br />
Trauermärschen in Magdeburg und Dresden. Vor dem Aufkommen der „Spreelichter“<br />
waren Teile dieser Personengruppe auch schon in der 2006 selbst aufgelösten<br />
„Gesinnungsgemeinschaft Süd-Ost Brandenburg“ (GGSOBB) oder an dem rechten<br />
Berichterstattungs-Portal „Jugend Offensive“ beteiligt. Dem harten Kern der „Spreelichter“<br />
standen für ihre Treffen, Vorbereitungen für Demonstrationen oder Aktionen<br />
eine Reihe von angemieteten Garagen und Immobilien in Lübben (Nordstadt)<br />
und Lübbenau zur Verfügung. In Cottbus fungierte der Neonazi-Laden „The devils<br />
right hand store“ als Begegnungsort.<br />
Wichtige Figuren der Spreelichter wie Forstmeier und der Cottbuser Neonazi und<br />
Kickboxer Markus Walzuck (siehe Seite 95) waren auch am Überfall auf eine antifaschistische<br />
Party im „Fragezeichen e.V.“ in Cottbus 2005 beteiligt, welcher auch<br />
mediale Aufmerksamkeit erregte. Die Verbindungen zwischen aktiven Neonazis und<br />
der Kampfsportszene sind kein Geheimnis mehr. Mitglieder der „Spreelichter“ sind<br />
in Kickboxvereinen aktiv, so wurden die Bestrebungen geweckt lokale Wehrsport-<br />
Gruppen zu gründen.<br />
▸Abb.1 Christopher Greb ▸Abb.2 Christopher Magoltz ▸Abb.3 Christopher Trawny ▸Abb.4 Florian Reichel ▸Abb.5 Gregor Wiesner