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RechtsRock made in Berlin<br />
Berlin ist kein einfaches Pflaster für RechtsRock-Konzerte.<br />
In den Jahren 2010-2012 gab diese nur vereinzelt<br />
– ob offen beworben oder klandestin organisiert. Der<br />
entschiedene Protest und die Intervention antifaschistischer<br />
und zivilgesellschaftlicher Akteur_innen macht<br />
es den Neonazis schwer. Hinzu kommen staatliche<br />
Verfolgungs- und Repressionsmaßnahmen. Oft waren<br />
Neonazi-Konzerte daher nur spärlich besucht, mussten<br />
seitens der Neonazis verlegt bzw. abgesagt werden<br />
oder wurden im Vorfeld polizeilich unterbunden. Eine<br />
der wenigen Möglichkeiten sind Konzerte im Rahmen<br />
von NPD-Veranstaltungen, die jedoch auch nicht sonderlich<br />
erfolgreich sind. Im September 2010 gab es den<br />
kläglichen Versuch ein Open-Air-Konzert in Schöneweide<br />
als NPD-Großevent zu inszenieren. Nur 150 statt<br />
der angekündigten 500 Neonazis wollten „Exzess“,<br />
„Totalverlust“ (Berlin) und die NS-Fetischisten „Kahlschlag“<br />
(Berlin) sehen. Mehrere Hundert Menschen<br />
protestierten, ein Teil versuchte Anreisewege zu blockieren.<br />
Auch der Akustik-Auftritt von „Sleipnir“ auf<br />
dem Alexanderplatz beim NPD-Wahlkampfabschluss<br />
zur Berlinwahl am 11. September 2011 interessierte nur<br />
wenige Dutzend. Die derzeit aktiven Berliner Bands<br />
und Liedermacher spielen also Konzerte meist nicht in<br />
der „Reichshauptstadt“. Auch die bis vor ein paar Jahren<br />
organisatorisch sehr aktive „Kameradschaft Spreewacht“<br />
ist nach anhaltender Repression mittlerweile<br />
nicht mehr wahrnehmbar. Deren Hausband „Legion<br />
of Thor“ allerdings spielte auch noch 2012 Konzerte<br />
außerhalb Berlins.<br />
Trotz dieser relativen Konzert-Ruhe sind bezüglich CD-<br />
und Song-Veröffentlichungen beständige Aktivitäten<br />
im Berliner RechtsRock-Zirkus feststellbar, die zudem<br />
stilistisch sehr weit gefächert sind. Dies zeigt sich auch<br />
auf der NPD-Schulhof-CD „Deutsch & heterosexuell“<br />
aus dem Berliner Landeswahlkampf 2011. Darauf sind<br />
mit „Die Lunikoff Verschwörung“, „Tätervolk“, „Fylgien“<br />
und „Second Class Citizen“ einige Berliner Bands<br />
bzw. Liedermacher vertreten. Die CD wurde entgegen<br />
der Ankündigungen nur vereinzelt verteilt. Im März<br />
2012 wurde sie von der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende<br />
Medien (BPjM) indiziert, Hausdurchsuchungen<br />
in der NPD-Bundeszentrale und bei NPD-<br />
Landeschef Sebastian Schmidtke waren die Folge.<br />
Mit „Die Lunikoff Verschwörung“ kommt eine der bundesweit<br />
angesagtesten Neonazi-Bands aus Berlin, die<br />
2012 ihr fünftes Album veröffentlichte. Die Band besteht<br />
aus dem ehemaligen „Landser“-Sänger Michael<br />
Regener („Lunikoff“) und ehemaligen Mitgliedern der<br />
▸Abb.1 „Punkfront“<br />
aufgelösten Berliner Neonazi-Band „Spreegeschwader“ (u.a. Alexander Gast und<br />
zeitweise Alexander-Willibald Bahls). Sowohl „Landser“ als auch „Spreegeschwader“<br />
gingen aus der Neonazi-Rockergruppe „Die Vandalen“ hervor, Regener gilt als<br />
deren Mitbegründer. Als „Rädelsführer“ der als „kriminelle Vereinigung“ verbotenen<br />
„Landser“ wurde Regener zu 3 ½ Jahren Haft verurteilt. Nach seiner Haft ist<br />
er bemüht, textlich im strafrechtlich tolerablen Rahmen zu bleiben. Im April 2012<br />
wurde jedoch mit „L-Kaida“ aus dem Jahr 2011 erstmals ein Album der „Lunikoff<br />
Verschwörung“ indiziert. Wie schon in den Vorjahren trat die Band auch 2012 auf<br />
diversen RechtsRock-Großveranstaltungen und NPD-Festen auf. Zwar gilt die Band<br />
in der Szene weiterhin als Kultband, allerdings mit abnehmender Begeisterung. 2009<br />
feierten etwa 4000 Neonazis die Band wie Rockstars beim „Rock für Deutschland“<br />
in Gera, im August 2012 kamen „nur“ etwa 1000 zu ihrem Auftritt beim Pressefest<br />
der Deutschen Stimme nach Pasewalk in Mecklenburg-Vorpommern. Die CDs der<br />
„Lunikoff Verschwörung“ wie auch von „Spreegeschwader“ erschienen auf Alexander<br />
Gasts Label „Panzerbär Records“, der Vertrieb lief über den angeschlossenen<br />
„On the Streets“-Versand. Das gleichnamige Ladengeschäft in Hennigsdorf wurde<br />
nach anhaltenden Protesten 2011 geschlossen. Seit Herbst 2012 ist der Online-Shop<br />
„On the Streets“ auf Sebastian Schmidtke registriert.<br />
Des Weiteren gibt es mit „Merchant of Death“ einen neonazistischen Metal-Mailorder<br />
aus Berlin. Betrieben wird der vom verurteilten „Satansmörder“ und Mitglied der<br />
NSBM-Band „Absurd“, Hendrik Möbus. Zusammen mit seinem Bruder betreibt er<br />
außerdem das neonazistische Metal-Label „Darker Than Black“.<br />
Ein weiterer in der Berliner Neonazi-Musikszene aktiver „Vandale“ ist „Marci“. Am<br />
31. Juli 2011 gab er in der Neonazi-Kneipe „Zum Henker“ in Schöneweide eine Autogrammstunde.<br />
Wenige Wochen zuvor hatte er mit seiner Band „Marci und Kapelle“<br />
beim „Pressefest der Deutschen Stimme“ im sächsischen Jänkendorf mit dem<br />
gleichnamigen Song „Freiheit für Horst Mahler“ gefordert. Die Band ist bzw. war<br />
auch als „Tätervolk“ und „Totalverlust“ aktiv. Das Album „In brauner Uniform“ von<br />
„Tätervolk“ war 2008 indiziert worden, als „Totalverlust“ traten sie im September<br />
2010 beim NPD-Konzert in Schöneweide auf.<br />
Auch die seit 1994 aktiven „Deutsch Stolz Treue“ (auch D.S.T. oder X.x.X.) sind alte<br />
Bekannte im RechtsRock-Business. 2011 erschien bei „Gjallarhorn Klangschmiede“<br />
ihr aktuellster Output „Morituri vos salutant“, eine Split-CD mit „Sturmkommando“.<br />
Die CD wurde im März 2012 indiziert. Bereits im März 2009 waren Sänger<br />
Peter Brammann und sein Bruder Alexander („Der Neffe“) als Mitglieder von<br />
„D.S.T.“(Alexander Brammann, Alexander Bahls, Alexander Hogh, Alexander<br />
Bejach, Peter Brammann) vom Berliner Landgericht wegen Volksverhetzung und<br />
Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen zu Bewährungsstrafen<br />
verurteilt worden. Am 30. November 2011 gab es erneut eine Hausdurchsuchung<br />
bei u.a. Peter Brammann und seiner Lebensgefährtin Daniela M.. Neben<br />
deren Wohnung in Kreuzberg wurden zwei weitere Wohnungen sowie Keller- und<br />
Gewerberäume in Brandenburg durchsucht. Beschlagnahmt wurden mehrere Tausend<br />
strafrechtlich relevante versandfertige „D.S.T.“-CDs, Computer und ein Luftdruckgewehr<br />
ohne Zulassungszeichen.<br />
Im Juli 2012 wurde zudem Gordon Bodo Dreisch und seinem Vater Uwe Dreisch<br />
(Ex-„Frontbann 24“) der Prozess gemacht. Gordon Bodo Dreisch ist Hauptakteur<br />
von „Midgards Stimme“. Waren die ersten Outputs noch im Liedermacher-Stil, ist<br />
das fünfte Release „Krieg bis zum Sieg“ von 2011 ein klassisches RechtsRock-Album.<br />
In den Texten wird offen zum Mord an Muslim_innen, Jüd_innen und Linken auf-<br />
▸Abb.2 Sacha Korn ▸Abb.3 „Legion of Thor“ (L.O.T)