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ge gegen Berliner Neonaziband ›D.S.T.‹“). Der Berliner<br />

Hammerskin Norman Zühlke sollte bei der Produktion<br />

helfen, machte jedoch später Aussagen bei der<br />

Polizei. Die CDs waren in Teilmengen abgerufen und<br />

weiterverkauft worden. So auch von Bernd Bahlke der<br />

2002 im Neonaziladen „Top One“ (später „Hatecrime“)<br />

in Guben (Brandenburg) arbeitete. Betrieben wurde<br />

dieser vom Vertrauensmann des Verfassungsschutzes<br />

Toni Stadler (siehe AIB 57: „Nazischutzgebiete – zwei<br />

beispielhafte Biotope. Der V-Mann-Skandal in Guben“).<br />

Bernd Bahlke hatte sich an seinen Kameraden und<br />

Bundeswehrfreund Sven Bressin gewandt, um das<br />

Album zu bestellen. Beide waren kurz zuvor bei einem<br />

D.S.T. Konzert in Frankreich (Straßbourg ) gewesen.<br />

Sven Bressin ging in das Computergeschäft des D.S.T.-<br />

Sängers, der ihm die CDs Nachhause geliefert hätte.<br />

Brammann rief zunächst bei Steffen Penschow an<br />

und dieser wiederum bei einer dritten Person, welche<br />

die Bestellung an Brammann gab. Dummerweise<br />

geriet er mit der Ware in eine Verkehrskontrolle. Am<br />

selben Tag gab es bei den Beteiligten Hausdurchsuchungen,<br />

z.T. lagen bereits Durchsuchungsbeschlüsse<br />

vor. Nach der Festnahme von Brammann ging Sven<br />

Bressin trotzdem zu ihm in den Laden und beide wurden<br />

festgenommen.<br />

Wegen der Vermarktung von D.S.T.-CDs standen 2008<br />

auch jeweils Bernd Bahlke und Sven Bressin vor Gericht.<br />

Letzterer konnte oder wollte sich während der<br />

Verhandlung nicht äußern, bei einem Überfall im Jahr<br />

2002 hätten drei maskierte Männer ihn als Verräter<br />

bezeichnet und mit vorgehaltener Pistole vor seiner<br />

Wohnung bedroht. Ähnlich schleppend verliefen die<br />

Zeugenvernehmungen beim D.S.T.-Prozess: Alexander<br />

Bejach meldete sich krank, Bahls machte von seinem<br />

Aussageverweigerungsrecht gebrauch und Norman<br />

Zühlke wollte sich an nichts erinnern können. Er hätte<br />

die Aussage nur gemacht, weil ihn die Polizei unter<br />

Druck gesetzt hatte. Er sei zwar mit den prozessinvolvierten<br />

Neonazis Ricardo Adler (Hammerskins) und<br />

Steffen Penschow befreundet und von 1996 bis 2003<br />

Mitglied der „Hammerskins“ gewesen, heute wolle er<br />

aber nicht mehr der rechten Szene angehören. Auch<br />

Sven Bressin will größtenteils alles vergessen haben,<br />

Steffen Penschow erschien erst gar nicht und kündigte<br />

sein Schweigen nach §55 StPO (Gefahr der Selbstbelastung)<br />

an, ebenso verfuhren die Zeugen Ricardo<br />

Adler (Gosen/Neu Zittau), René Wuttke. (Pirna/<br />

Dohma) und der Tontechniker Michael Buchwald.<br />

Die Staatsschutzkammer des Landgerichts Berlin verurteilte<br />

letztlich nur die Brammann-Brüder zu Freiheitsstrafen<br />

von 14 und 10 Monaten auf Bewährung.<br />

Die Zugehörigkeit zur Band war bei den restlichen Beschuldigten<br />

nicht zweifelsfrei festzustellen.<br />

Im Februar 2011 begann vor der Berliner Staatsschutzkammer<br />

ein Prozess gegen Alexander Willibald Bahls<br />

(geb. 1975), Peter Marko Brammann (geb. 1968) und<br />

sein Bruder Alexander Brammann (geb. 1973). Sie<br />

sollen Mitglieder der unter dem Pseudonym „X.x.X.“<br />

firmierenden RechtsRockband D.S.T. („Deutsch, Stolz,<br />

Treue“) sein und im Zeitraum von Dezember 2005 bis<br />

Februar 2007 gemeinsam mit den Angeklagten Philip<br />

Schlaffer (geb. 1978) und Alexander Ingo Gast (geb.<br />

1973) die CD „Die Antwort aufs System“ produziert<br />

und in Berlin, Wismar und Hennigsdorf vertrieben haben. Auf dieser CD finde sich<br />

neben anderen der Titel „Die Auserwählten“, in dem die Judenverfolgung im so<br />

genannten Dritten Reich als „Befreiung“ des deutschen Volkes glorifiziert werde.<br />

Schlaffer soll für die CD mit einer Gesamtauflage von rund 6000 Exemplaren sein<br />

RechtsRock-Label North X genutzt haben. Schlaffer beauftrage laut Anklage eine<br />

Firma aus Dillenburg mit der Herstellung, welche ein Presswerk in Olpe beauftragte.<br />

Das Cover gestaltete Bahls über seine Firma. Der Vertrieb erfolgte über die Läden<br />

Parzifal von Bahls und Schlaffer in Berlin, den Laden Werwolf Shop von Schlaffer<br />

in Wismar, den Versand Hate Store von Schlaffer und den Laden On the Steets von<br />

Gast in Henningsdorf. Der Angeklagte Schlaffer soll darüber hinaus eine „Pump<br />

Gun“ Winchester samt 11 Schuss Schrot-Munition besessen haben, obwohl ihm das<br />

Ordnungsamt Wismar bereits im Januar 2006 den Besitz von Waffen verboten hatte.<br />

Schlaffer soll auch in Wismar und Tostedt Bekleidung mit Symbolen der Waffen-SS<br />

(u.a. Werwolf Wismar) gelagert und zum Verkauf angeboten haben. Die Angeklagten<br />

Peter und Alexander Brammann als Mitglieder der Band „X.x.X.“, Uwe Menzel<br />

(geb. 1974) als Bandmitglied von „Burn down“ sowie Alexander Gast, Lutz Willert<br />

(geb. 1974) aus Witzeeze, Andreas Tanjsek (geb. 1974) aus Berlin-Hoppegarten/<br />

Hönöw und Philip Schlaffer sollen die CD „Gift für die Ohren“ produziert und in<br />

Tostedt, Berlin und Hennigsdorf vertrieben haben. Auf dieser CD der Bands „X.x.X“<br />

und „Burn down“ finde sich unter anderem der Titel „Es war einmal…“, in dem das<br />

„Tagebuch der Anne Frank“ verballhornt und behauptet werde, Anne Frank sei nicht<br />

Opfer eines Völkermordes geworden. Besonders pikant: Andreas Tanjsek war Polizeihauptmeister<br />

der Berliner Landespolizei und Alexander Brammann Mitarbeiter<br />

des Bezirksamtes Berlin Mitte. Diese CD in einer Gesamtauflage von 3000 CDs wurde<br />

laut Anklage im Auftrag von Gast bei einem Presswerk in Nidderau-Heldenberg<br />

hergestellt. 3130 Stück bekam Gast hier für einen Gesamtpreis von 1.027,92 Euro.<br />

Das Cover und das Booklet gestalteten demnach Willert und Tanjsek, bevor es bei<br />

einer Firma Ulm gedruckt wurde. Der Vertrieb der CD lief über das RechtsRock-Label<br />

Panzerbär Records, den Laden On the Streets und die Internetseite von Gast und<br />

den Laden Streetwear von Schlaffer in Tostedt.<br />

Das Verfahren endete im Oktober 2011 mit folgendem Urteil: Freispruch für Alexander<br />

Gast, 41 Monate Freiheitsstrafe für Alexander Bahls, 21 Monate Freiheitsstrafe<br />

(Bewährung) für Philip Schlaffer, 19 Monate Freiheitsstrafe (Bewährung) für Peter<br />

Brammann und 15 Monate Freiheitsstrafe (Bewährung) für Alexander Bramann.<br />

Zu dem Freispruch von Alexander Gast kam es, da nach Auffasung des Gerichtes,<br />

eine der ihm vorgeworfenen Taten keine Straftat darstellt. Es ging um eine Verunglimpfung<br />

von Anne Frank in einem Lied, die aber so verklausuliert war, dass nur<br />

der gebildete oder eingeweihte, nicht aber der durchschnittliche Hörer, versteht,<br />

worum es geht. Aus diesem Grunde waren bereits Ende März 2011 die Angeklagten<br />

Lutz Willert, Andreas Tanjsek und Uwe Menzel freigesprochen worden. Im<br />

Fall von Gast ließ sich nicht mit der für eine Verurteilung erforderlichen Sicherheit<br />

feststellen, dass er an Produktion und Vertrieb der RechtsRock-Musik tatsächlich<br />

beteiligt gewesen ist.<br />

▸Abb.12 Schlaffer (Kamera) und Unterstützer vor dem Neonaziladen Parzifal

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