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▸Abb.6 Sebastian Thom ▸Abb.7 Patrick Weiß ▸Abb.8 Marcel Königsberger ▸Abb.9 Harald Bankel ▸Abb.10 Kai-Uwe Zemke<br />
Websites wurden im Jahr 2012 nur sporadisch aktualisiert.<br />
Mitgenutzt wurden aber offenbar die Webpräsenz<br />
des „NW-Berlin“ und die zugehörige Chronik, auf der<br />
Menschen bedroht werden, die sich gegen Neonazis<br />
engagieren.<br />
Die Buckower Neonazi-Skinheads Dennis Kittler und<br />
Roman Kische gehören ebenfalls weiterhin zur Neuköllner<br />
Neonaziszene. Sie sind auch nach dem Verbot<br />
der Kameradschaft „Frontbann 24“ aktiv, in dessen<br />
Neuköllner Ortsgruppe sie Mitglieder waren.<br />
Zuwachs bekamen die Neuköllner Neonazis in jüngerer<br />
Vergangenheit durch die Rudowerin Susanne Grahn<br />
und ihren Freund Thomas Breit, den man der Neuköllner<br />
NPD zurechnen kann. Der aus Kiel stammende<br />
Thomas Breit wurde in Berlin erstmalig im Oktober<br />
2009 wahrgenommen und nimmt seit dem regelmäßig<br />
an Aufmärschen teil.<br />
Attacken mit Schwerpunkt auf<br />
linke Kieze<br />
Die Neuköllner Neonazi-Szene ist zwar mittlerweile<br />
personell geschwächt, doch die verbliebenen Aktiven<br />
gehören nunmehr zum festen organisatorischen<br />
Kern des „NW-Berlin“, wobei namentlich als Neuköllner<br />
Führungspersonen Sebastian Thom und<br />
Patrick Weiß hervorzuheben sind, die zum Rückgrat<br />
des berlinweiten Netzwerks gehören. Die in Berlin zu<br />
beobachtende Radikalisierung der „Autonomen Nationalisten“<br />
wird mit den Attacken seit 2009 gerade<br />
auch in Nord-Neukölln ausgelebt und kann als ein<br />
unbewusster Ausdruck von Verzweiflung über die<br />
anhaltende politische Erfolglosigkeit der nun schon<br />
seit Jahren aktiven Neonazis interpretiert werden. Mit<br />
den durch nächtliche Aktionen individuell oder in der<br />
Kleingruppe erlebbaren Schein-Erfolgen lassen sich<br />
die Durststrecken der objektiven Wirkungs- und Bedeutungslosigkeit<br />
überstehen. Neukölln hat als weithin<br />
bekannter Bezirk mit einem hohen Migrant_innen-<br />
Anteil einen großen Symbolwert für Neonazis (wie für<br />
Rassist_innen allgemein) und steht daher oft im Fokus<br />
ihrer Agitation und Aktivitäten. Tatsächlich konnte die<br />
linke Infrastruktur in Nord-Neukölln durch die Attacken der „Autonomen Nationalisten“<br />
nicht beeinträchtigt werden – sie ist im Gegenteil weiter beständig gewachsen.<br />
Als Ausnahme kann hier nur das Anton-Schmaus-Haus der „Falken“ gesehen<br />
werden, das vorübergehend für Umbaumaßnahmen schließen musste – wenn man<br />
die Neuköllner SPD zur linken Szene des Bezirks hinzuzählen möchte. Schwerer wiegen<br />
die Brandanschläge auf Wohnhäuser und die gegen Einzelpersonen gerichteten<br />
Bedrohungen, die für die Betroffenen eine reale Gefährdung darstellen. Auch gehören<br />
rassistische Attacken, wie der Angriff auf migrantische Imbissbetreiber_innen<br />
im U-Bahnhof Rudow am 28. Oktober 2011, nach wie vor zu den schwerwiegenden<br />
Neonaziaktivitäten im Bezirk.<br />
Grenzbereich Rechtsterrorismus<br />
Ein Mord, bei dem ein rechter Hintergrund sehr wahrscheinlich ist, ereignete sich<br />
am 05. April 2012 gegen 01:15 auf dem Gehweg gegenüber des Klinikum Neukölln<br />
vor dem Klinikum Neukölln. Ein bislang unbekannter Täter schoss gezielt auf eine<br />
Gruppe Jugendlicher und junger Erwachsener und ermordete den 22-jährigen Burak<br />
B., zwei Jugendliche im Alter von 16 und 17 Jahren wurden teils schwer verletzt. Da<br />
die Betroffenen einen Migrationshintergrund haben und wegen der Ähnlichkeit<br />
zum Vorgehen des rechtsterroristischen NSU ist von einem rassistischen bzw. neonazistischen<br />
Motiv auszugehen. Andere sinnvolle Erklärungen sind auch fast ein<br />
Jahr nach der Tat nicht ersichtlich.<br />
Mit dem von der NPD im Wahlkampf 2011 als „Schutz“ eingesetzten und ursprünglich<br />
aus Kreuzberg stammenden Neonazi Oliver Werner besteht eine personelle<br />
Verbindung der aktuellen Neuköllner Szene mit der sogenannten „Organisierten Kriminalität“<br />
(OK) der Hauptstadt, sowie mit dem Rechtsterrorismus der 1990er Jahre in<br />
Berlin (siehe: indymedia: http://de.indymedia.org/2011/08/314217.shtml). Zu dieser<br />
Zeit baute Oliver Werner als Anti-Antifa-Aktivist an Rohrbomben und schoss mit<br />
einer Zwille vom Dach des Wohnhauses des Neonazi-Rockers Arnulf Priem auf ein<br />
Presse-Kamerateam. Die Gruppe um Arnulf Priem trat in jener Zeit mit Verbindungen<br />
zu Briefbombenanschlägen in Österreich, den Schüssen auf einen PDS-nahen<br />
Buchhändler und auf Polizisten sowie mit Brandanschlägen in Erscheinung. Später<br />
bemühte sich Oliver Werner jahrelang weniger aufzufallen oder verbrachte seine<br />
Zeit wegen Zuhälterei im Knast. Ein politisches Umdenken erfolgte in diesen Jahren<br />
nicht. Der ehemalige Anti-Antifa-Partner des Polizistenmörders Kay Diesner nahm<br />
stattdessen Sebastian Thom unter seine Fittiche, der sein aggressives Auftreten<br />
übernahm und von ihm auf die NS-Ideologie eingeschworen wurde. Das zeigt einerseits,<br />
dass man für die Berliner NPD nicht zu kriminell oder terroristisch sein<br />
kann, um geschätzt und eingesetzt zu werden. Andererseits sollte die „Personalie“<br />
Werner aktive Antifas und Linke zur anhaltenden Aufmerksamkeit mahnen, da<br />
hier der Zugang zu Waffen und terroristischem Know-How vorhanden und auch für<br />
aktuelle Neonazistrukturen wie den „NW-Berlin“ abrufbar ist.<br />
Aufsehen erregten auch zwei Razzien beim Neuköllner „Reichsbüger“ Daniel<br />
▸Abb.11 Neonazi aus Neukölln ▸Abb.12 Neonazi aus Neukölln ▸Abb.13 Christian Stein ▸Abb.14 Julian Beyer ▸Abb.15 Robert Hardege