fightback05
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Fast 12 Jahre, fünf Ausgaben gesammelte antifaschistische<br />
Rechercheveröffentlichung als Fight Back. 12 Jahre<br />
ein verlässliches Werkzeug für die alltägliche Arbeit:<br />
„Die fight.back ist ein Fachblatt für die antifaschistische<br />
Praxis. Es richtet sich an alle, die sich mit den Erscheinungsformen<br />
der extremen Rechten in Berlin aktionistisch,<br />
wissenschaftlich, beruflich, journalistisch<br />
und im Bildungsbereich auseinandersetzen.“ (Fight<br />
Back #04) – Nach dieser Zeit sei uns eine rückblickende<br />
Zwischenbilanz gestattet: Wurden „wir“ den Ansprüchen<br />
über die Jahre gerecht? Was wurde erreicht?<br />
Konnte mit gebündeltem, detailliertem und den Aktivist_innen<br />
zugänglich gemachtem Wissen erfolgreich<br />
Politik gemacht werden? Oder konnten wir wenigstens<br />
über die Gefahren durch Neonazis aufklären, damit<br />
sich präziser geschützt werden kann? Trägt Recherchearbeit<br />
tatsächlich dazu bei, den Neonazismus real<br />
einzuschränken, oder sind doch nur ein paar von uns<br />
zu Nerds geworden, die dann „auf der Straße fehlen“?<br />
Wer hat uns zugehört? Wurden die Erkenntnisse direkt<br />
und konsequent in die Praxis umgesetzt? Um einige<br />
dieser Fragen zu beantworten, haben wir uns selbst<br />
und „die alten Hasen“ befragt und nicht zuletzt in den<br />
alten Ausgaben gestöbert. Wir hoffen so, auf ein paar<br />
aktuelle Fragen bezüglich Antifa-Arbeit – nicht nur in<br />
Berlin und Brandenburg – Antworten zu finden.<br />
Was war die Intention, mit der<br />
die Fight Back startete?<br />
Angefangen hatte diese Kooperation von Antifas aus<br />
verschiedenen Zusammenhängen 2001 „gegen Nazischweine“<br />
als „Fight Back – Antifarecherche Berlin<br />
Nord-Ost“, um den lokalen antifaschistischen Kämpfen<br />
konkretere Informationen zugrunde zu legen: „Das<br />
Wissen um die Ideologie der Neonazis ist Grundvoraussetzung<br />
des antifaschistischen Widerstandes. Die<br />
Kenntnis ihrer Akteure, ihrer Organisationen und<br />
ihrer Infrastruktur bietet darüber hinaus konkrete<br />
Ansatzpunkte der aktiven Bekämpfung“ (Fight Back<br />
„Von Antifas für Antifas“?<br />
Succeeded and failed<br />
#03). Dieser Leitgedanke setzte sich durch und so erschien im Mai 2003 die zweite<br />
Ausgabe, diesmal erweitert um Berichte aus weiteren Ostbezirken, aber auch um<br />
Portraits der Neonaziszenen in den Westberliner Stadtteilen Moabit und Rudow. In<br />
der dritten Ausgabe kamen dann weitere Bezirke dazu und erstmalig auch Berichte<br />
aus den Brandenburger Städten Königs Wusterhausen und Potsdam. Besonders<br />
wurde dabei der Bereich der Themenartikel stark ausgebaut. Die vierte Ausgabe aus<br />
dem Jahre 2009 erweiterte sich abermals, die Anzahl der Themenartikel verdoppelte<br />
sich nahezu und es kamen Regionalberichte aus fast dem gesamten Berliner Umland<br />
und erstmals auch aus dem Berliner Süd-Westen hinzu. Und so nennt sich das<br />
Projekt mittlerweile stolz „Antifarecherche Berlin-Brandenburg“ – natürlich nach<br />
wie vor „gegen Nazischweine“.<br />
Die Fight Back verstand sich jedoch von Beginn an nicht als „Ermittlungs-NGO“ oder<br />
als Zuarbeiterin der Justiz. Im Gegenteil ging es darum, „eine Basis für konkrete<br />
antifaschistische Arbeit in Berlin zu schaffen“ (Fight Back #02). „Antifa-Recherche<br />
ist weder alternativer Verfassungsschutz, noch Selbstzweck einer autonomen antifaschistischen<br />
Bewegung. Sie geht über die staatlich finanzierten Anti-Nazi-Programme<br />
hinaus.“(Fight Back #04). Und so herrschte bei allen beteiligten Zusammenhängen<br />
immer eine deutliche Skepsis gegenüber dem konjukturabhängigen staatlichen<br />
Vorgehen „gegen Rechtsextremismus“, aber auch ein distanziert-strategisches Verhältnis<br />
zu bürgerlichen und zivilgesellschaftlichen Akteuren: „Unserer radikalen<br />
Gesellschaftskritik folgend unterscheiden wir uns bisweilen auch in der Wahl der<br />
Mittel unserer Politik von bürgerlichen Bündnispartner_innen. Das heißt, unsere<br />
Aktionsformen werden nach ihrer Effektivität gewählt und weniger nach dem rechtlichen<br />
Rahmen. Wir finden es gerechtfertigt, sich Neonazis in den Weg zu stellen,<br />
ob nun erlaubt oder nicht. So sehen wir auch Militanz als berechtigtes Mittel an. Es<br />
wird dadurch bewusst das staatliche Gewaltmonopol und auch die ideologische<br />
Deutungshoheit darüber, was legitime (Staats-)Gewalt, und was ‚kriminell‘ ist, in<br />
Frage gestellt. Das gewaltsame Abschieben von Flüchtlingen, das Wegsperren von<br />
Antifaschist_innen und das Verprügeln von Demonstrant_innen etc. gilt als gerechtfertigt,<br />
antifaschistische Gegenwehr jedoch wird zum Verbrechen erklärt. Dieser verlogene<br />
Gewaltbegriff unserer Gesellschaftsordnung, der institutionalisierte Gewalt<br />
und gesellschaftliche Ausgrenzung (z.B. in Form von Rassismus) legitimiert, wird<br />
somit zumindest symbolisch verneint.“ – So formulierte es Sophie, eine am Projekt<br />
beteiligte Antifaschistin, in der vierten Ausgabe treffend. Mit der Entdeckung des<br />
NSU und vor allem dem Entdecken der Mittäterschaft staatlicher Behörden gewinnt<br />
diese Aussage nochmals an Gehalt. Diese kritische Haltung den gesellschaftlichen<br />
Verhältnissen gegenüber spiegelte sich auch stets in den Analysen – vor allem in<br />
den Themenbeiträgen – wieder. Auch wurde das Projekt von vornherein genutzt,<br />
um „nicht nur Strukturen der extremen Rechten zu veröffentlichen, sondern auch,<br />
um antifaschistischen Projekten die Möglichkeit zu bieten, sich und ihre Inhalte<br />
vorzustellen.“ (Fight Back #01).