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2011 Diplomarbeit_Wawra.pdf - ÖIN

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Die zentrale Frage in diesem Kontext ist: „Führt mehr Umweltwissen auch zu (mehr)<br />

Umweltverhalten?“. Die klare Antwort ist: Nein, bzw. nicht notwendigerweise. Der Grund wieso<br />

diese Idee, „mehr Wissen“ zu einem Thema, ist gleich „mehr richtiges Verhalten“ in diesem Bereich,<br />

so präsent in unseren Köpfen ist, entstammt einer einfachen Aufklärungsidee. Aus Wissen wird<br />

Einsicht und daraus resultiert schließlich das richtige Verhalten (vgl. de Haan/Kuckartz 1996, 104).<br />

Die angenommene Wirkungskette in Bezug auf Umweltbewusstsein lautet: Umweltwissen bewirkt<br />

positive Umwelteinstellungen. Umwelteinstellungen wirken auf das Umweltverhalten. Oder<br />

Umweltwissen wirkt auch direkt auf das Umweltverhalten (vgl. de Haan/Kuckartz 1996, 37; vgl.<br />

Kuckartz 1998, 2). Diese Kausalkette, die hier unterstellt wird, baut jedoch auf falschen<br />

Voraussetzungen auf, denn sie konstruiert eine eindimensionale Beziehung zwischen Bewusstsein<br />

und Handeln (Brunner et al. 2007, 16). Das Bewusstsein sei die treibende Kraft, das Handeln die<br />

lineare und logische Folge daraus. Im Alltag findet man jedoch keine isolierten einheitlichen und<br />

linearen Denk- und Handlungsmuster. Keine der unterstellten Zusammenhänge 18 erhält statistisch<br />

eine nennenswerte Größenordnung (vgl. de Haan/Kuckartz 1996, 127). Kuckartz und de Haan<br />

widmen dieser Ernüchterung ein eigenes ausführliches Kapitel mit der aussagekräftigen Überschrift<br />

„Eine fundamentale Einsicht: Nichts hängt zusammen“ (de Haan/Kuckartz 1996, 104ff) 19 .<br />

Zusammengefasst kann man sagen, der Zusammenhang zwischen Umweltwissen- und Einstellungen<br />

ist gering, die Effekte von Wissen und Einstellungen auf das Verhalten sind kaum spürbar. 20<br />

Fest steht, Umweltverhalten ist heterogen. Wer an einer Stelle umweltgerecht handelt, muss dies<br />

nicht an anderer Stelle auch tun. Einzelne Verhaltensweisen treten auch mit unterschiedlicher<br />

Frequenz auf. Es gibt also so etwas wie einen „Schwierigkeitsgrad“, welche Tätigkeit leichter fällt und<br />

welche mehr Überwindung kostet. Beispielsweise ist es für viele einfach, den Müll zu trennen, jedoch<br />

sehr schwierig, auf das Auto zu verzichten (vgl. Kuckartz 1998, 47f).<br />

Wenn wir nun wissen, dass das Umweltbewusstsein das Verhalten nur gering beeinflusst, dann stellt<br />

sich die Frage nach den weiteren Beeinflussungsfaktoren des Umweltverhaltens. Aus der<br />

Lebensstilforschung ergibt sich ein wichtiger Aspekt: Umweltgerechtes Verhalten gibt es auch ohne<br />

18<br />

Damit gemeint sind Zusammenhänge zwischen Umweltwissen, Betroffenheit, Einstellungen und<br />

verbalisiertem Verhalten (vgl. de Haan/Kuckartz 1996, 127).<br />

19<br />

Es gibt sogar Studien, die das Gegenteil belegen. Grob findet in seiner Umweltpsychologischen Studie heraus,<br />

dass „je mehr umweltspezifisches Wissen Personen aufweisen, desto weniger sagen sie, sie würden sich<br />

umweltgerecht verhalten“. Der Alltag der besonders Umweltbewussten ist offenbar noch nicht zukunftsfähig<br />

(Kuckartz 1998, 46).<br />

20<br />

Dieses Fazit lässt sich nach Kuckartz aus den Studien von Grob sowie aus den Untersuchungen von<br />

Diekmann/Preisendörfer schließen. Näheres zum Pfadmodell von Diekmann/Preisendörfer siehe de<br />

Haan/Kuckartz 1996, 121ff oder Diekmann/Preisendörfer (1992): Persönliches Umweltverhalten. Diskrepanzen<br />

zwischen Anspruch und Wirklichkeit in: Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie, Jg 44.<br />

Erklärungsansätze für diese Diskrepanz bzw. darüber, wie sich persönliches Umweltverhalten erklären lässt<br />

weiterführend siehe in Kuckartz 1998, 52ff.<br />

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