2011 Diplomarbeit_Wawra.pdf - ÖIN
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nur psychologische, sondern auch soziologische Maßstäbe anlegt, mit dem Eintritt in das Berufsleben<br />
und/oder mit Heirat“ (Ferchhoff 2007, 87). Die Jugendzeit beginnt immer früher, weil sich das Datum<br />
der Geschlechtsreife im Lebenslauf nach vorne verlagert, zugleich verzögert sich aber das Ende der<br />
Jugendzeit, weil der Übergang ins Erwachsenenleben und die Gründung einer eigenen Familie weit<br />
aufgeschoben oder sogar ganz ausgelassen werden. Dadurch verliert die Lebensphase Jugend ihren<br />
typischen Charakter als eine Übergangsphase von der abhängigen Kindheit in die unabhängige<br />
Erwachsenenwelt. Es entsteht eine eigenartige Mischung aus Selbstständigkeit und Abhängigkeit, aus<br />
Selbst- und Fremdbestimmung, die große Spielräume und zugleich auch Zwänge für die<br />
Lebensgestaltung mit sich bringt Der Spielraum Jugendlicher für selbstbestimmte Verhaltensweisen<br />
ist heute relativ groß. Sie finden eine Chancenstruktur, die ihnen recht früh breite<br />
Entfaltungsmöglichkeiten einräumt und die Jugendlichen können in manchen Bereichen vollwertig<br />
partizipieren wie z.B. am Konsumwarenmarkt oder am Freizeit- und Mediensektor. Dagegen wird<br />
durch die verlängerten Ausbildungszeiten der Schritt zur ökonomischen Selbstständigkeit und vollen<br />
Bürgerrechten und -pflichten immer weiter aufgeschoben. Das heißt diese Phase ist folglich<br />
gekennzeichnet vom Widerspruch zwischen dem Alter entsprechenden Autonomiebedürfnissen und<br />
den ökonomischen Hemmnissen zur Umsetzung (vgl. Hurrelmann 2007, 8).<br />
Persönlichkeits- und Gesellschaftsentwicklung befinden sich über die gesamte Lebensspanne hinweg<br />
in wechselseitiger Abhängigkeit, in der Jugendphase jedoch erreicht dieses Beziehungsverhältnis eine<br />
einzigartige Dichte. Viele Merkmale und Probleme der Jugendphase spiegeln Erscheinungen wider,<br />
die typisch für künftige Entwicklungen der gesamten Gesellschaft und für alle Altersgruppen sind (vgl.<br />
Hurrelmann 2007, 7). Klaus Hurrelmann, Professor für Sozialwissenschaften mit Arbeitsschwerpunkt<br />
in der Jugendforschung und wissenschaftlicher Leiter der Shell Jugendstudien 2002 und 2006, vertritt<br />
die These, dass „Angehörige der Lebensphase Jugend die Vorreiter einer modernen Lebensführung<br />
seien, die auf die ökonomischen, kulturellen, sozialen und ökologischen Bedingungen der<br />
gegenwärtigen Gesellschaft jeweils eine spontane und intuitive Antwort geben“ (Hurrelmann 2007,<br />
8). Jugendliche werden deshalb als „gesellschaftliche Seismografen“ verstanden, die in sensibler<br />
Weise auf die sich abzeichnenden gesellschaftlichen Entwicklungen eingehen.<br />
Vor dem Hintergrund dieser Überlegungen ist es einleuchtend, dass es Sinn macht, sich in der<br />
Nachhaltigkeitskommunikation gesondert auf die Zielgruppe der Jugendlichen zu konzentrieren und<br />
dass diese Bevölkerungsgruppe für die Entwicklung einer nachhaltigen Entwicklung eine Art<br />
Schlüsselrolle einnimmt. Durch die Ausdehnung der Jugendphase nimmt auch die Vielfalt an<br />
Möglichkeiten der Neugestaltung und der Neudefinition des persönlichen Lebensentwurfs zu. Durch<br />
den Eintritt in neue Lebensabschnitte sind auch neue Korrekturmöglichkeiten gegeben. Die<br />
(Aus)Bildung des Lebensstils ist in der Jugendphase noch nicht abgeschlossen. Trotzdem werden in<br />
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