2011 Diplomarbeit_Wawra.pdf - ÖIN
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Berichterstattung ist jedoch auch oft zu weit von jugendlichen Lebenswelten entfernt, zu denen<br />
meist keine Bezüge hergestellt werden. So hat nur eine Minderheit von 15% der Jugendlichen den<br />
Eindruck, dass Journalisten wissen, was Jugendliche bewegt (vgl. Noelle-Neumann/Schulz 1993, 23<br />
zit. nach Vollbrecht 2002, 32). Abgelehnt werden auch die als anbiedernd und peinlich empfundenen<br />
Versuche, sich in einer Pseudo-Jugendsprache auszudrücken. Eine stärkere Bindung jugendlicher<br />
Leserschaft an Tageszeitungen lässt sich wohl nur erreichen, wenn Zeitungen die Interessen und<br />
Perspektiven von Jugendlichen stärker berücksichtigen und Jugendliche nicht überwiegend als<br />
Problemgruppe thematisiert werden (vgl. Vollbrecht 2002, 32).<br />
Im Gegensatz zu populären Vorurteilen sind Bücher bei Jugendlichen keineswegs „out“. Lesen ist<br />
nach wie vor eine relativ beliebte Freizeitbeschäftigung, wenn auch mit starken Unterschieden<br />
hinsichtlich Geschlechts- und Schichtzugehörigkeit. Im Unterschied zu anderen Medien- oder<br />
Freizeitaktivitäten liegt beim Lesen jedoch die Einschätzung der subjektiven Wichtigkeit weit über der<br />
tatsächlichen Nutzung. Eine Studie aus Deutschland belegt, dass vier von zehn BürgerInnen das Lesen<br />
von Büchern als wichtig empfinden, die tatsächliche Lesehäufigkeit liegt aber um 20% darunter (vgl.<br />
Franzmann 2001, 90 zit. nach Vollbrecht 2002, 33). Sach- und Fachbücher werden von den<br />
Jugendlichen weit häufiger gelesen als von der Gesamtbevölkerung, was jedoch durch die<br />
Anforderungen von Schule, Ausbildung oder Studium zu erklären ist und meist nicht freiwillig<br />
passiert. Viel gelesen wurde immer schon in den gebildeten Schichten, in deren Lebenswelten die<br />
Lesekultur einen besonders hohen Stellenwert genießt. Trotz aller Bemühungen um Leseförderung<br />
ist es bislang nicht gelungen, die schichtspezifischen Differenzen durch eine Anhebung im unteren<br />
Segment aufzuheben oder auch nur nennenswert zu verkleinern, wie auch die aktuelle PISA-Studie<br />
bestätigt. 56 In einer Studie der Universität Nevada (USA) hat man untersucht, ob ein Haushalt mit<br />
Büchern den sozialen Aufstieg begünstigt und festgestellt, dass die Anzahl und Verfügbarkeit von<br />
Büchern im Elternhaus entscheidend für die Lesekarriere ist und in weiterer Folge den Bildungsgrad<br />
der Kinder beeinflusst. Am meisten hätten Kinder von Eltern mit sehr geringer Ausbildung von vielen<br />
Büchern im Haushalt profitiert (vgl. ORF Science http://science.orf.at/stories/1648489/, 17.02.<strong>2011</strong>).<br />
Neben dem Bildungshintergrund beeinflusst das Geschlecht wesentlich das Leseverhalten. In den<br />
Lebenswelten von Mädchen hat das Lesen einen weit größeren Stellenwert als in denen der Jungen.<br />
Jenseits der Schule lesen vor allem männliche Jugendliche immer weniger. Dies betrifft sowohl die<br />
Unterhaltungs- als auch die Informationslektüre (vgl. Ferchhoff 2007, 367f). Diese Tatsache schlägt<br />
56 Die PISA-Studie zeigt deutlich, dass die Entwicklung der Lesekompetenz in Österreich stark abgesunken ist.<br />
Näheres zu den Ergebnissen der PISA-Studie unter http://www.pisa.oecd.org bzw.<br />
http://www.oecd.org/document/30/0,3746,de_34968570_35008930_46582942_1_1_1_1,00.html,<br />
17.02.<strong>2011</strong>.<br />
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