Christina Kosbü - repOSitorium - Universität Osnabrück
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untereinander. 428 Jedoch fügt er an, es könne Situationen geben, wo jemandem nicht zu helfen<br />
sei, wie beispielsweise bei einer schweren unheilbaren Krankheit. Gerhardt fügt hinzu, dass<br />
die Sterbehilfe von den „Invaliden der modernen Medizin“ 429 ausgehe, d.h. von alten und<br />
kranken Menschen, die nicht länger am Leben gehalten werden wollen. In diesem Punkt<br />
stimmt er mit Spaemann überein, der es ebenfalls für falsch hält, Menschen zwanghaft am<br />
Leben zu halten und die Unterlassung medizinischer Therapien in solchen Fällen nicht für<br />
Sterbehilfe hält (s.o.). Zudem setze der Suizid dem Recht eine Grenze, sodass es richtig sei,<br />
versuchten Suizid nicht unter Strafe zu stellen. Aktive Sterbehilfe hingegen betrachtet auch<br />
Volker Gerhardt als „Mord“ 430 . Spaemann sieht die Menschenwürde verletzt, wenn der<br />
Gedanke aufkomme, es komme nicht mehr auf jeden Einzelnen an. 431 Die Würde des<br />
Menschen beinhalte, dass der Wert des menschlichen Lebens an keinem Maßstab gemessen<br />
werden könne. 432 Wenn es zwei legale Alternativen gebe, dann müsse sich künftig derjenige<br />
rechtfertigen, der weiterlebt, obwohl er anderen damit Mühen bereitet und der Gesellschaft<br />
Kosten verursacht. Unter solchen Umständen sei es möglicherweise allein aufgrund dieser<br />
Gedanken für einen Kranken unerträglich weiterzuleben. An einer Praxis, die solche Folgen<br />
nach sich zieht, „muß auch an sich etwas falsch sein“ 433 . Die Würde des Menschen besteht<br />
nach Gerhardt in der Selbstbestimmung des Menschen, die im Gebrauch der Freiheit bestehe.<br />
Spaemanns „Bannspruch gegen den selbst bestimmten Umgang mit dem eigenen Tod“ kann<br />
Gerhardt daher nicht nachvollziehen.<br />
Gerhardt fordert zudem, dass auch Ärzte, wenn sie bereits rechtlich die Erlaubnis zur Beihilfe<br />
zum Suizid haben, nicht mehr länger bestraft werden, wenn sie ihren Patienten anschließend<br />
nicht wieder ins Leben zurückholen. Zwar billigt Gerhardt den assistierten Suizid nicht, aber<br />
er hält es für inkonsequent, den assistierten Suizid einerseits nicht unter Strafe zu stellen,<br />
andererseits aber den Assistierenden wegen unterlassener Hilfeleistung anzuklagen. 434 Wenn<br />
assistierter Selbstmord bereits nicht mehr unter Strafe stehe, sei es zudem schwer zu erklären,<br />
warum eine Tötung auf Verlangen rechtswidrig ist. Er betont die schwere Zumutung eines<br />
solchen Wunsches für die Mitmenschen und ist der Auffassung, niemand dürfe zu so einer Tat<br />
genötigt werden. Jedoch könne der Gesetzgeber nur Kriterien benennen, unter denen eine<br />
Entsprechung dieses Wunsches als Beihilfe zum Suizid zu werten sei. Eine rechtliche Prüfung<br />
428<br />
Vgl. Gerhardt, Letzte Hilfe, in: Ders., Die angeborene Würde des Menschen (2004), S. 167f.<br />
429<br />
Gerhardt, Kontroverse über Sterbehilfe, in: ZfL 4/2005, S. 122.<br />
430<br />
a.a.O., S. 126.<br />
431<br />
Vgl. Spaemann, Menschenwürde und menschliche Natur (2010), S. 7.<br />
432<br />
Vgl. Spaemann, Sind alle Menschen Personen? (1991), in: Ders., Grenzen (2001), S. 427.<br />
433<br />
Spaemann, Wir dürfen das Euthanasie-Tabu nicht aufgeben (1992), in: Ders., Grenzen (2001), S. 413.<br />
434<br />
Vgl. Gerhardt, Kontroverse über Sterbehilfe, in: ZfL 4/2005, S. 126.<br />
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