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Christina Kosbü - repOSitorium - Universität Osnabrück

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3.3.3 Subjektivität und Objektivität des Glaubens<br />

Als problematisch stuft Gerhardt die gesellschaftliche Entwicklung ein, in der der Glaube<br />

mehr und mehr zu einer Privatangelegenheit werde, die aus der politisch garantierten<br />

Glaubensfreiheit scheinbar notwendig folge. Die Subjektivierung des Glaubens führe jedoch<br />

dazu, dass der Glaube zu einer „bloßen Meinung“ 192 werde und damit einerseits die ernste<br />

Hinwendung zu Gott und andererseits die existenzielle Bedeutung für das eigene Dasein<br />

einbüße. Das Göttliche könne nur dann eine Bedeutung für den Menschen haben, wenn dieser<br />

davon ausgehen kann, dass das, was er glaubt, auch für die anderen in irgendeiner Form gilt.<br />

Gerhardt ist indessen davon überzeugt, dass der Glaube auf einer Gewissheit beruht, die in der<br />

„Gewissheit eines trotz allem gegebenen Heils“ 193 liege. Die Grunderfahrung des Religiösen<br />

könne niemals subjektiv sein, denn damit würde man die Inhalte leugnen. In der Gewissheit,<br />

die der Gläubige verspürt, habe sie einen hohen Grad an Intersubjektivität, denn sie könne<br />

jedem gegenwärtig werden. Vielleicht ist es das, was Spaemann mit seinem<br />

Missionsgedanken im Blick hat, wenn er davon spricht, dass zwar der Christ nicht von seinem<br />

Glauben abrücken werde, aber die Religionen voneinander lernen könnten. Möglicherweise<br />

meint er die von Gerhardt so genannte Intersubjektivität, die den Menschen verschiedener<br />

Religionen im Dialog deutlich werden könne, wenn man bereit sei, sich auf den anderen<br />

einzulassen. Die Gewissheit des Gläubigen umschreibt Gerhardt in Anlehnung an Schleier-<br />

macher als Gefühl, das er mit der Stimmung vergleicht, die einen überkommt, wenn man in<br />

den blauen Frühlingshimmel schaut. Von diesem Gefühl nähmen wir an, dass es auch andere<br />

Menschen so empfinden und daher „können wir über Gott nicht sprechen, als ginge er<br />

niemanden etwas an“ 194 . Die Überschwänglichkeit habe ihren Grund darin, dass der<br />

Glaubende seine Abhängigkeit von einem Notwendigen als Glück erfahre, da in der<br />

Abhängigkeit zugleich die Gemeinschaft mit dem, von dem man abhängig ist, zum Vorschein<br />

komme. Insofern wird auch einleuchtend, warum der Glaube niemals nur subjektiv sein kann,<br />

sondern immer ein objektives Moment braucht, wenn er als wahr angesehen werden soll.<br />

3.3.4 Zusammenfassung<br />

Sowohl Gerhardt als auch Spaemann sind der Auffassung, Wissen sei ohne Glauben<br />

unmöglich, da wir auch an das Wissen glauben müssten. Insofern bedinge das eine das andere<br />

192 Gerhardt, Die Individualität des Glaubens (2012), S. 302.<br />

193 a.a.O., S. 303.<br />

194 a.a.O., S. 306.<br />

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