06.08.2013 Aufrufe

Christina Kosbü - repOSitorium - Universität Osnabrück

Christina Kosbü - repOSitorium - Universität Osnabrück

Christina Kosbü - repOSitorium - Universität Osnabrück

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

sei in diesen Fällen unabdingbar. Außerdem könne es hier nur um existenzielle Ausnahmen<br />

gehen.<br />

Selbstbestimmung<br />

Spaemann hält das Argument der Selbstbestimmung bezüglich des Todes für unehrlich und<br />

inkonsequent. Diejenigen, die von diesem Argument Gebrauch machten, beriefen sich, wenn<br />

es um die Tötung von Menschen gehe, gerade darauf, dass diese zur Selbstbestimmung nicht<br />

mehr fähig seien. In diesem Falle dürften dann andere urteilen, ob das Leben noch lebenswert<br />

sei oder nicht und über das Weiterleben entscheiden. Jedoch denke man nicht daran, jeden<br />

Todeswunsch zurechnungsfähiger Erwachsener zu erfüllen. Hier werde nach eigenen<br />

Rationalitätskriterien die Nachvollziehbarkeit des Wunsches beurteilt, wobei meist nur eine<br />

unheilbare Krankheit als nachvollziehbar betrachtet werde. Dies habe mit Selbstbestimmung<br />

nichts zu tun. 435 Wenn man von lebensunwertem Leben ausgehe, gebe es keinen Grund,<br />

Selbstmord abzulehnen und die Beihilfe dazu als ungerechtfertigt anzunehmen. Dies sei dann<br />

eine „unerträgliche Bevormundung“ 436 . Wenn es hingegen auf Rationalität des Todes-<br />

wunsches ankomme, dann könne auch ein Dritter über das Leben eines Menschen<br />

entscheiden, der zur Selbstbestimmung nicht mehr fähig sei. Damit sei der Übergang von der<br />

Tötung auf Verlangen zur Tötung ohne Verlangen gegeben. Den Begriff der<br />

Selbstbestimmung hält Spaemann in Bezug auf die von Schwäche und Hilfsbedürftigkeit<br />

geprägte Situation, in der sich die Menschen befänden, die ihren Tod wünschten, für<br />

„zynisch“ 437 . Gerhardt bedauert, dass Spaemann zum Thema Selbstbestimmung nur Zynismus<br />

einfalle. Selbstbestimmung schließe Fürsorge und Solidarität nicht aus, jedoch werde der<br />

Freiheit der Vorrang gegeben. 438 Die Selbstbestimmung sei an Freiheit, Selbstzweck der<br />

Person und Würde des Menschen gebunden. 439 In ethischen Fragen gehe es jedoch immer um<br />

selbstbestimmte Lebensführung und so seien auch die Fragen nach Leben und Tod von<br />

„exklusiver Bedeutung“ 440 . Gerhardt geht davon aus, dass das Leben in einem gewissen<br />

Rahmen verfügbar sei und der Mensch über sein Leben entscheiden könne.<br />

Da der Mensch ein soziales Wesen sei, ist nach Spaemann die Gemeinschaft für ihn von<br />

besonderer Bedeutung und Entscheidungen würden nicht nur mit Blick auf sich selbst<br />

435<br />

Vgl. Spaemann, Bemerkungen zur Euthanasiedebatte, in: Die Neue Ordnung 5/2004, S. 328.<br />

436<br />

ebd.<br />

437<br />

a.a.O., S. 329.<br />

438<br />

Gerhardt, Kontroverse über Sterbehilfe, in: ZfL 4/2005, S. 123.<br />

439<br />

Gerhardt, Selbstbestimmung in der Biopolitik, in: Vorgänge 3/2006, S. 41.<br />

440<br />

Gerhardt, Letzte Hilfe, in: Ders., Die angeborene Würde des Menschen (2004), S. 165.<br />

101

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!