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Christina Kosbü - repOSitorium - Universität Osnabrück

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schlägt zudem ein Wahlrecht vor, das von den Eltern stellvertretend ausgeübt werden solle,<br />

bis das Kind das 18. Lebensjahr vollendet habe. 381 Gerhardt betont die individuelle<br />

Entscheidung des Einzelnen in ethischen Fragen stark und so wundert seine Ansicht auch<br />

nicht, die Eltern sollen darüber entscheiden, ob sie dem Ungeborenen bereits Würde<br />

zuschreiben und das beginnende menschliche Leben bereits als ihr Kind betrachten, oder ob<br />

sie davon noch nicht ausgehen. Es dürfe aber keine Festlegung „unabhängig von ihrem<br />

eigenen Wollen“ 382 geben. Gerade diese These widerspricht Spaemann fundamental, der<br />

gerade den eigenen Willen der Eltern in Bezug auf das Ungeborene dort an seine Grenzen<br />

stoßen sieht, wo sie das Leben und die Gesundheit des ungeborenen Kindes, das er bereits als<br />

Person ansieht, betreffen. Hier habe die eigene Freiheit seine Grenze. 383 Gerhardt<br />

argumentiert mit der Abhängigkeit des Embryos von der Mutter. Erst wenn eine unabhängig<br />

von der Mutter bestehende Lebenschance gegeben sei, komme dem Embryo eine dem<br />

geborenen Menschen analoge Stellung zu. Aus diesem Grunde beurteilt er Spätabtreibungen<br />

als skandalös. 384 Gerhardt bekräftigt seine These mit der Äußerung, Befürworter der<br />

Auffassung, dem Embryo solle bereits von Beginn an uneingeschränkter Schutz zukommen,<br />

müssten auch die Pille danach als verwerflich ablehnen. Seiner Meinung nach braucht der<br />

Embryo keinen intrinsischen Wert zu erhalten, denn dass er das werdende Kind der<br />

werdenden Mutter sei und die Gesellschaft ein Interesse an einem wohlversorgten Nachwuchs<br />

habe und dieses rechtlich sichere, reiche aus. Das Interesse der Gesellschaft habe jedoch seine<br />

Grenze im Selbstbestimmungsrecht der Frau. Unter dem Begriff der Selbstbestimmung<br />

versteht Gerhardt das „Grundprinzip des menschlichen Lebens“ 385 , in dem sich Freiheit,<br />

Vernunft, Selbstzweck der Person und die Unbedingtheit des Sittengesetzes vereinten. Er<br />

argumentiert, die Menschen hätten sich in allen Kulturen das Recht zum Abort genommen,<br />

wenn sie meinten, dafür gewichtige Gründe zu haben. Er geht davon aus, ein solcher Eingriff<br />

„kann moralisch unbedenklich“ 386 sein. Embryonenschutz gehört für Gerhardt zum Mutter-<br />

schutz. Alle Eingriffe bedürften der Zustimmung der Mutter und nur, wenn diese es wolle,<br />

dürfe ein Abort erwogen werden. Der Mutter müsse jedoch deutlich werden, dass ihre<br />

Entscheidung nur unter gewichtigen Gründen akzeptiert werden könne. Gerhardt betont<br />

381<br />

Vgl. Spaemann, Bemerkungen zur Euthanasiedebatte, in: Die neue Ordnung 5/2004, S. 326.<br />

382<br />

Gerhardt, Die angeborene Würde des Menschen, in: Ders., Die angeborene Würde des Menschen (2004), S.<br />

124.<br />

383<br />

Vgl. Spaemann, Verantwortung für die Ungeborenen (1988), in: Ders., Grenzen (2001), S. 375.<br />

384<br />

Vgl. Gerhardt, Die angeborene Würde des Menschen, in: Ders., Die angeborene Würde des Menschen (2004),<br />

S. 142.<br />

385<br />

Gerhardt, Selbstbestimmung in der Biopolitik. In: Vorgänge 3/2006, S. 38.<br />

386<br />

Gerhardt, Der Mensch wird geboren (2001), S. 60.<br />

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