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Christina Kosbü - repOSitorium - Universität Osnabrück

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könne sich selbst den Erwartungen der Anderen nicht entziehen. Auf diese Weise komme es<br />

zur Ethik. 214 Gerhardt definiert Ethik genauer als „Lehre von den Handlungen, die der<br />

Mensch von sich selber fordert“ 215 bzw. als „Wissenschaft von der praktizierten<br />

Selbständigkeit des Menschen“ 216 . Außerdem geht er davon aus, dass sich keine scharfe<br />

Trennlinie zwischen Ethik und Politik ziehen lässt. Zwar hätten die Grundsatzfragen der<br />

Politik und des Rechts ihr eigenes von der Ethik abgegrenztes Feld, doch gerade die neu<br />

hinzugekommenen Bereichsethiken zeigten, dass eine klare Trennung zwischen Ethik und<br />

Politik nicht möglich ist.<br />

Nach Gerhardt bestehen die Aufgaben der Ethik darin, zu klären, worin ein moralisches<br />

Problem besteht, kenntlich zu machen, auf wen und auf welche Handlungslagen es sich<br />

bezieht, die Bedingungen zu analysieren, unter denen das Problem entsteht sowie zu<br />

überlegen, wem sie etwas bedeuten. 217 Er geht dabei von der Verantwortung des Individuums<br />

für das eigene Tun aus. Selbstständiges Denken und Handeln steht dabei im Zentrum. Jeder<br />

Mensch solle seinem Leben die Form geben, die er selbst für angemessen hält, wobei darauf<br />

zu achten sei, auch später noch mit dieser Entscheidung mit sich selbst in Übereinstimmung<br />

zu sein. Dabei solle jeder sein eigenes Dasein – ganz im Sinne Kants – als exemplarisch<br />

begreifen. 218 Der Aspekt der Selbstbestimmung ist für Gerhardt sehr wichtig. Durch die<br />

Selbstbestimmung mache sich der Mensch zu einem moralischen Wesen. Zudem sei der<br />

Anspruch darauf eine unerlässliche Prämisse der Moralphilosophie. Selbstbestimmung sei<br />

auch das Basisproblem der gegenwärtigen Ethik. 219 Der Mensch werde nicht gefragt, ob er<br />

leben will, sondern vielmehr in sein Dasein geworfen und muss dabei von den Gegebenheiten<br />

ausgehen, die ihm zur Verfügung stehen. 220 Die elementaren Bestandteile der ethischen<br />

Selbstbestimmung sind nach Gerhardt Freiheit, Wille, Verantwortung gegenüber sich und<br />

anderen sowie die Fähigkeit, nach Gründen zu handeln. Der Mensch wolle nicht nur daran<br />

gemessen werden, was er ist, sondern an dem, was er aus sich machen kann und will, was zu<br />

einer Steigerung der Individualität führe. Von der Ethik werde eine Antwort auf die Frage<br />

nach der Freiheit des Menschen erwartet. Freiheit versteht Gerhardt nicht als Freiheit von der<br />

Natur und deren Gesetzmäßigkeiten, sondern als von uns selbst gewollte Wirklichkeit unseres<br />

214 Vgl. a.a.O., S. 72.<br />

215 a.a.O., S. 95.<br />

216 Gerhardt, Selbstbestimmung (1999), S. 101.<br />

217 Vgl. a.a.O., S. 97f.<br />

218 Vgl. Gerhardt, Die angeborene Würde des Menschen (2004), S. 24.<br />

219 Vgl. Gerhardt, Selbstbestimmung (1999), S. 146.<br />

220 Vgl. a.a.O., S. 188.<br />

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