Christina Kosbü - repOSitorium - Universität Osnabrück
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5. Fazit und Würdigung<br />
Sowohl Robert Spaemann als auch Volker Gerhardt sehen in Gott das Ganze der Wirklichkeit<br />
und den Sinnhorizont, in dem alle miteinander verbunden sind. Beide sind der Ansicht, dass<br />
Wissen ohne Glauben unmöglich ist, da wir auch an das Wissen glauben müssen, sodass<br />
keine Konkurrenzsituation zwischen Wissen und Glauben besteht. Zudem herrscht Konsens<br />
darüber, dass Gott nie wirklich erfasst werden kann. Hier enden jedoch die Gemeinsamkeiten.<br />
Denn während Spaemann – auch wenn er die Bezeichnung ‚katholischer Philosoph‘ ablehnt –<br />
ganz der katholischen Linie treu bleibt und in weiten Zügen ein eher konservativ, für manche<br />
Menschen gar naiv anmutendes Gottesbild darlegt, hebt sich Gerhardt deutlich vom kirchlich<br />
vermittelten Gottesbild ab.<br />
Bei Robert Spaemann steht der Schöpfergott, der als trinitarisch-personaler Gott gedacht wird,<br />
im Vordergrund. Vertrauen in Gott bedeutet für Spaemann demzufolge, an einen Gott zu<br />
glauben, der es gut mit dem Menschen meint. Glauben definiert er als Beziehung zum Abso-<br />
luten und als ein Offensein für den Anruf des Unbedingten. Die Funktion der Religion besteht<br />
für ihn in der Aussicht auf Seelenheil in Form des ewigen Lebens. Dieses stellt er sich konkret<br />
als Leben nach dem Tod vor. Der Gläubige habe sich zudem Gott zu unterwerfen und seinen<br />
Willen aus der Schöpfung abzulesen. Wenn es verbindliche Werte geben soll, sei das Wahr-<br />
nehmen von Gottes Willen unbedingt notwendig, denn nur sein Wille könne für die Menschen<br />
als absolute Norm gelten. Dabei stellt er sich Gott aber auch als verzeihend vor, was eine<br />
Entlastung für den Menschen darstelle. Die Religion muss für Spaemann einen Anspruch auf<br />
Wahrheit haben und daher befürwortet er die Mission. Zwar betont er die Toleranz und den<br />
Dialog, jedoch bleibt unklar, wie er den Aspekten Missionsauftrag und Toleranz<br />
gleichermaßen gerecht werden will.<br />
Volker Gerhardt hingegen sieht im Leben keinen bewussten Schöpfungsvorgang, wenngleich<br />
auch er Gott als Grund und Ziel unseres Daseins begreift. Die Rede von Gott als Schöpfer ist<br />
für ihn nur in metaphorischer Verwendung sinnvoll. Der Sinn ist seiner Meinung nach das<br />
Medium, durch das der Mensch das Göttliche versteht. Vertrauen in Gott heißt für ihn, in die<br />
tragende Verbindung von Ich, Wir und Welt zu vertrauen. Glauben definiert er<br />
dementsprechend als Einstellung zum Dasein, zur Welt und zu sich selbst sowie als die Kraft,<br />
den für das Handeln nötigen Sinn im Ganzen des Daseins festzuhalten. Die Funktion der<br />
Religion besteht für ihn ebenfalls in der Aussicht auf Seelenheil, auch wenn er sich das Leben<br />
im Jenseits nicht so plastisch vorstellt wie Spaemann. Die Entlastungsdimension, die<br />
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