Christina Kosbü - repOSitorium - Universität Osnabrück
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I.1<br />
I.2<br />
II.1<br />
II.2<br />
Wir nehmen die gegenwärtigen Tatsachen als Wahrheiten an.<br />
Diese Wahrheiten besitzen Ewigkeitscharakter.<br />
Zur Vergangenheit gehört immer eine Gegenwart, deren Vergangenheit sie ist.<br />
Diese Wahrheiten hängen nicht am Erinnertwerden, sondern sind unabhängig<br />
davon wahr.<br />
III. Es muss also ein Bewusstsein geben, in dem diese Wahrheiten aufgehoben<br />
sind. Dieses Bewusstsein ist Gott.<br />
Spaemann geht im ersten Schritt davon aus, dass alles, was wir jetzt erleben, als Wahrheit<br />
betrachtet werden kann und zudem ewige Geltung hat, da wir alles andere nicht denken<br />
können. Wenn in diesem Moment eine Diskussion geführt wird, wird es auch in Zukunft<br />
immer wahr sein, dass diese Diskussion tatsächlich stattgefunden hat. Insofern sind<br />
Tatsachenwahrheiten ewige Wahrheiten. Rolf Schönberger definiert die Wahrheit, von der<br />
Spaemann spricht, etwas näher. Es sei hier von Wahrheit in einem nicht-relativen Sinne die<br />
Rede, d.h. Wahrheit werde als Kategorie verstanden. Das Unterscheidungsvermögen, mit<br />
dessen Hilfe der Mensch Wahres von Unwahrem unterscheiden kann, könne mit der<br />
Rationalität gleichgesetzt werden, wie dies bereits in der antiken Philosophie getan worden<br />
sei. Zwar sei damit keine Garantie gegeben, dass der Mensch auch wirklich das Wahre als das<br />
Wahre erfasse, jedoch habe die vom Menschen erkannte Wahrheit den Status von Absolut-<br />
heit. 197<br />
Im zweiten Schritt, der keine neue Prämisse, sondern eher eine Erläuterung zum ersten Schritt<br />
ist, nimmt Spaemann an, dass zur Vergangenheit immer eine Gegenwart gehört, deren<br />
Vergangenheit sie ist. Alles Vergangene war einmal gegenwärtig wie die Diskussion im<br />
vorangehenden Beispiel. Aber zu jeder Gegenwart gehört untrennbar die Vergangenheit. Das<br />
Futurum exactum ist untrennbar mit dem Präsens verbunden. Nun stellt Spaemann sich die<br />
Frage nach der Seinsart dieser Wahrheit. Sie könne zunächst im Bewusstsein der Menschen<br />
angenommen werden. Schönberger unterscheidet zwischen einer rein physikalischen Sicht-<br />
weise der Zeit und derjenigen, die der Mensch mit Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft<br />
benennt. Er erläutert, dass diese Zeitstufen immer an ein Wesen geknüpft seien. 198 Für dessen<br />
Bewusstsein könne die Gegenwart nicht einfach der Punkt sein, „an dem die anrollende<br />
197 Vgl. Schönberger, Gott denken, in: Spaemann, Der letzte Gottesbeweis (2007), S. 119.<br />
198 Vgl. a.a.O., S. 121f.<br />
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