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Christina Kosbü - repOSitorium - Universität Osnabrück

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ein anderes oder auch viele andere Bedeutsamkeitszentren gebe könne. Die Welt und jedes<br />

Wesen verdankt nach Spaemann Gott ihr Sein, ihr Sosein und ihre Existenz. 269<br />

In der Weise, wie Gerhardt und Spaemann die Stellung des Menschen in der Natur<br />

interpretieren, wird die unterschiedliche Auffassung von Gott sehr deutlich. Diese ist<br />

bedeutsam für deren Einschätzung der ethischen Probleme (vgl. Kap. 4.3 bis 4.4). Während<br />

Spaemann Gott als den personalen Schöpfer der Welt annimmt und folglich ein Eingreifen<br />

des Menschen in das Werk des Schöpfers nur in begrenztem Maße für erlaubt hält, sieht<br />

Gerhardt Gott nicht als Schöpfer und Person, sondern eher als das Allumfassende, das in<br />

allem wirkt. Insofern ist es nicht verwunderlich, wenn Gerhardt das technische Eingreifen des<br />

Menschen in die Natur als Fortschritt deutet und nicht als problematisch einstuft, während<br />

Spaemann stets die Risiken im Blick hat und einen unerlaubten Eingriff in Gottes Schöpfung<br />

fürchtet, der dem Menschen nur Schaden zufügt.<br />

4.1.4 Gedanken zur Biopolitik<br />

Für Volker Gerhardt soll die Biopolitik, unter die die Präimplantationsdiagnostik (PID) fällt,<br />

dem Interesse des Menschen dienen. Mit der Entschlüsselung des Genoms sei auch der<br />

Mensch zum Gegenstand biotechnischer Eingriffe geworden und hier stehe die Biopolitik vor<br />

ihrer schwierigsten Aufgabe, denn sie müsse dafür sorgen, dass die „Selbstzwecksetzung des<br />

Menschen nicht preisgegeben“ 270 werde. Dass sich der Mensch nun selbst zum Gegenstand<br />

der Forschung mache, sei nichts Neues, sondern stets der Grund für die Weiterentwicklung<br />

gewesen. Das „öffentliche Geschrei“ 271 , das nach der Entschlüsselung des Genoms<br />

aufgekommen sei, empfindet er als befremdlich und die Äußerungen bezüglich des neuen<br />

Menschen sowie die Furcht davor, der Mensch könne sich von seinem genetischen Erbgut<br />

lösen, als wenig realistisches Schreckensszenario. Die Erfindung des Messers habe schließlich<br />

auch nicht zum Ende der Menschheit geführt, obwohl es Durchtriebenheit und<br />

Zerstörungswut unter den Menschen gibt. Dennoch hält er die Warnungen von Kritikern, der<br />

Mensch überfordere sich, für richtig. Den besten Weg, diesem Risiko zu begegnen, sieht er in<br />

starken politischen Institutionen, deren Ausgangspunkt „die unveräußerlichen Rechte des<br />

269<br />

Vgl. Spaemann, Das Gezeugte, das Gemachte und das Geschaffene (2006/07), in: Schritte über uns hinaus II<br />

(2011), S. 308.<br />

270<br />

Gerhardt, Was Biopolitik ist und was gegen sie spricht, in: Forschung & Lehre 8/2002, S. 410.<br />

271 ebd.<br />

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