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Christina Kosbü - repOSitorium - Universität Osnabrück

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liegenden schöpferischen Willen. Hier habe jedes noch so kleine Ereignis des Weltprozesses<br />

„seinen wahren Grund“ 100 . Um diesen Gedanken zu verdeutlichen, greift Spaemann auf<br />

Platons Höhlengleichnis zurück und modernisiert dieses. In seinem Gleichnis sind die<br />

Menschen Mitspieler in einem Film, deren Wirklichkeit sie dem Licht eines Projektors und<br />

dem Filmstreifen verdanken. Diesen Projektor nennt Spaemann schöpferisch, weil er Dinge<br />

und Lebewesen projiziere, die belebt und „in einem gewissen Rahmen“ 101 sogar frei seien,<br />

sich auf die eine oder andere Art zu bewegen. Innerhalb des Films gebe es eine Vergangenheit<br />

und es sei möglich, physikalische Theorien über die Vergangenheit der Welt und ihre Kausal-<br />

gesetze zu entwickeln. Die eigentliche Ursache des Ganzen, der Projektor, tauche im Film<br />

jedoch nicht auf und komme in der Kette der Ursachen folglich auch nicht vor. Dennoch sei er<br />

der Grund der Ursache der ganzen Kette. Wenn der Projektor erlösche, erlösche mit ihm die<br />

erschaffene Welt des Films, auch wenn innerhalb des Films keine Ursachen gefunden werden<br />

könnten, da das Erlöschen des Projektors nicht Teil des Films ist. Dem Begriff der Ursache<br />

schreibt Spaemann demzufolge nicht die gleiche, sondern nur eine analoge Bedeutung zu,<br />

wenn er innerweltlich gebraucht und wenn er in Bezug auf Gott verwendet wird. 102<br />

Spaemanns Abwandlung von Platons Höhlengleichnis ist auf der einen Seite eine sehr<br />

interessante und einleuchtende Art, die Wahrscheinlichkeit der Existenz eines Gottes<br />

darzulegen. Jedoch ist das Beispiel meines Erachtens schief gewählt, denn es ist nicht<br />

einleuchtend, inwiefern die Mitspieler eines Films Freiheit haben, in dem Moment, in dem der<br />

Filmstreifen über den Projektor abgespielt wird. Im Moment des Abspielens ist auf dem Film-<br />

streifen bereits alles vorgezeichnet, was von Anfang bis Ende des Films geschehen wird,<br />

sodass von einer Handlungsfreiheit keine Rede sein kann. Jedoch ist davon auszugehen, dass<br />

Spaemann dies mit seinem Beispiel gerade nicht intendiert, denn er spricht die Freiheit des<br />

Menschen ja explizit an. Vielmehr meint er vermutlich, dass in Gott die eigentliche Ursache<br />

des Ganzen zu sehen ist. Er ist das Allumfassende, innerhalb dessen sich der Mensch<br />

bewegen kann. Innerhalb dieses Rahmens hat der Mensch Freiheit, jedoch ist er letztlich vom<br />

Ganzen abhängig und darin aufgehoben. Dieser Gedanke wird bei Gerhardt explizit<br />

angesprochen, wenn er meint, nur dann von Freiheit sprechen zu können, wenn eine Einfluss-<br />

nahme des Menschen möglich sei. Dabei räumt er jedoch ein, dass sich dennoch alles<br />

letztendlich innerhalb der Natur und damit innerhalb des allumfassenden Ganzen abspiele.<br />

Unter Einbeziehung dieses Gedankens kann auch Spaemanns Projektorgleichnis verstanden<br />

100 Spaemann, Rationalität und Gottesglaube (2005), S. 1.<br />

101 ebd.<br />

102 Vgl. ebd.<br />

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