Christina Kosbü - repOSitorium - Universität Osnabrück
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Ebene, die Gott als Grund des Ganzen sieht. Der Gottesgedanke ist seiner Meinung nach<br />
bereits im Menschen angelegt, andernfalls würden die Offenbarungsschriften ins Leere<br />
laufen. 150 Der rationale Zugang zur Gottesidee sei heute jedoch ein anderer als in der Antike<br />
und im Mittelalter, denn damals sei in den Gottesbeweisen die Vernünftigkeit der Struktur der<br />
Welt immer vorausgesetzt worden. Dies sei später, beispielsweise bei Nietzsche, nicht mehr<br />
der Fall gewesen, denn gerade die Zugänglichkeit der Welt durch die Vernunft sei in Frage<br />
gestellt worden. Vor allem habe Nietzsche dadurch gezeigt, dass hinter der Annahme, die<br />
Welt könne mithilfe der Vernunft erschlossen werden, schon ein theologischer Gedanke<br />
steht. 151 Der Glaube an das Gemeinsame der Vernunft, an eine gemeinsame<br />
Verständigungsbasis, lehne Nietzsche als theologischen Gedanken ab, doch daraus folge, dass<br />
mit dem Gottesgedanken auch der Glaube an die Vernunft verschwindet. Folglich stehe der<br />
Mensch nicht vor der Alternative wissenschaftliche Erklärung oder Gottesglaube, sondern<br />
Verzicht auf Verstehen und Resignation der Vernunft oder Gottesglaube. Der Glaube an Gott<br />
bedeutet für ihn, an einen Grund der Welt zu glauben. 152<br />
Volker Gerhardt denkt in diesem Punkt ganz ähnlich. Auch er ist der Meinung, dass der<br />
Glaube das Wissen trägt und Wissen ohne Glauben unmöglich ist. Und ebenso wie Spaemann<br />
geht er davon aus, dass Wissen zwar unverzichtbar ist, wir aber das Vertrauen in das Wissen<br />
nicht auf Wissen aufbauen können, sondern daran glauben müssen. 153 Der religiöse Mensch<br />
brauche zudem die Überzeugung, dass es wahr ist, was er glaubt. 154 In seinem<br />
Geltungsanspruch beziehe sich der Glaube nicht nur auf die Gläubigen, sondern auf die<br />
gesamte Öffentlichkeit. Gerhardt definiert Glauben als „eine durch rationale Momente<br />
bestimmte Emotion, die auf das Engste mit der Welterfahrung des Individuums, mit dem<br />
Bewusstsein seiner Endlichkeit, der Kenntnis seiner Chancen und Defizite sowie mit der<br />
problem- und lösungsorientierten Ausrichtung auf wesentliche Daseinsfragen verbunden<br />
ist“ 155 . Glaube ist für ihn die Kraft, den im Handeln benötigten Sinn im Ganzen des Daseins<br />
festzuhalten. Der Mensch glaube an seine eigenen Fähigkeiten und an sein erworbenes<br />
Wissen. Dieses Vertrauen stehe in einem Sinnhorizont, der das Selbstbewusstsein des<br />
Menschen mit der Einsichtigkeit der Welt verbindet. In der eigenen Wirksamkeit könne der<br />
150<br />
Vgl. http://www.br-online.de/download/pdf/alpha/s/spaemann.pdf , 27.5.2012.<br />
151<br />
Vgl. ebd.<br />
152<br />
Vgl. Spaemann, Rationalität und Gottesglaube (2005), S. 3.<br />
153<br />
Vgl. Gerhardt, Die Vernunft des Glaubens (2008), S. 142f.<br />
154<br />
Vgl. Gerhardt, Der Glaube als Einstellung zum Wissen (2010), in: http://www.christ-in-dergegenwart.de/aktuell/artikel_angebote_detail?k_beitrag=2489606,<br />
11.6.2012.<br />
155<br />
Gerhardt, Gott als Sinn des Daseins (2009), in: http://www.christ-in-dergegenwart.de/aktuell/artikel_angebote_detail?k_beitrag=1979752,<br />
28.6.2012.<br />
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