Christina Kosbü - repOSitorium - Universität Osnabrück
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lich für eine Kennzeichnung. 17 Damit würde Anselm die Existenz des betreffenden<br />
Gegenstandes aber bereits voraussetzen, sodass der Beweis zirkulär zu werden drohe.<br />
Bromand und Kreis halten es im Gegensatz zu Morscher allerdings für plausibler, die id-<br />
Variante nicht als Kennzeichnung aufzufassen, da Anselm id nur in der reductio ad absurdum<br />
verwende und in den allgemeinen Aussagen immer auf aliquid zurückgreife. Die zweite Prä-<br />
misse besagt, dass der Tor den Gottesbegriff versteht, worin eine Doppeldeutigkeit enthalten<br />
ist. Einerseits ist es möglich, dass der Tor den Begriff insofern versteht, als dass er in der<br />
Lage ist, den sprachlichen Ausdruck syntaktisch korrekt zu verwenden und dass er in vorläu-<br />
figer Weise auch dessen Bedeutung erfassen kann. Dies trifft wohl auf den Toren zu und er-<br />
möglicht ihm das Diskutieren über Gott. Andererseits könnte es aber auch heißen, dass man<br />
die Bedeutung des Begriffes in klarer Weise versteht. 18 Die dritte Prämisse besagt, dass alles,<br />
was man versteht, auch im Verstand ist. Alle drei Prämissen sind empirisch und damit erhält<br />
der Gottesbeweis ein aposteriorisches Element. 19<br />
Im zweiten Beweisschritt ist nach Bromand und Kreis die Formulierung was größer ist<br />
zentral. Sie könne in zweierlei Hinsicht gedeutet werden. Die qualitative Deutung gehe von<br />
einer Bezeichnung eines Prädikats im Sinne von besser und wertvoller aus. Dies lasse sich am<br />
Text stützen, weil Anselm größer und besser synonym verwende. Auch stehe er in der Tradi-<br />
tion, in der das Prädikat ist besser als für Gegenstände definiert sei. 20 Die quantitative Deu-<br />
tung gehe von der Anzahl aus. Werde Gott als etwas betrachtet, dass im Verstand und in der<br />
Wirklichkeit existiert, handele es sich um einen Begriff mit zwei Bestimmungen, wenn Gott<br />
als etwas, das nur im Verstand existiert, betrachtet werde, um einen Begriff mit nur einer Be-<br />
stimmung. Aber hier ergebe sich ein Problem: Es könnte die Bestimmung existiert nicht in<br />
der Wirklichkeit hinzukommen und schon hätte der Begriff wieder zwei Bestimmungen. Auch<br />
mit der Einschränkung nur positive Bestimmungen zuzulassen komme man nicht weiter, da<br />
oft nicht eindeutig sei, was positiv und was negativ ist. 21<br />
Der dritte Beweisschritt geht davon aus, dass es keine mögliche Welt gibt, in der das, über das<br />
hinaus nichts Größeres gedacht werden kann, nicht existiert und es wird die Schlussfolgerung<br />
gezogen, dass Gott also existieren muss. Allerdings sagt Anselm selbst in Kapitel XV des<br />
Proslogion, in dem der Beweis zu finden ist, dass Gott auch etwas Größeres ist als man über-<br />
haupt denken kann, was nach Bromand und Kreis ein Selbstwiderspruch sein könnte, denn<br />
17 Vgl. Bromand / Kreis, Gottesbeweise (2011), S. 33.<br />
18 Vgl. a.a.O., S. 34.<br />
19 Vgl. a.a.O., S. 35.<br />
20 Vgl. a.a.O., S. 37.<br />
21 Vgl. a.a.O., S. 38.<br />
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