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Christina Kosbü - repOSitorium - Universität Osnabrück

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Mensch die Wirksamkeit Gottes erfahren. 156 Der bewusst handelnde Mensch setze eine Welt<br />

voraus, in der er sich selbst erkenne und die ihm nicht fremd gegenübersteht, sondern ihm<br />

offen ist. Damit wird Gott, auch wenn er in der Welt erfahrbar ist, nicht zu einem Gegenstand<br />

der tatsächlichen Welt. Man könne von ihm nicht wie von einem empirischen Gegenstand<br />

sprechen. Um dennoch in ein ausdrucksfähiges Verhältnis zu Gott zu gelangen, sei es, wie<br />

Gerhardt mit einem Kant-Zitat äußert, nötig, das Wissen zu begrenzen, um dem Glauben Platz<br />

zu machen. 157 Dann sei es auch keine Frage mehr, ob die Existenz Gottes beweisbar ist.<br />

Vielmehr sei es so, dass Gott in dem Augenblick, in dem er zur reinen Tatsache innerhalb der<br />

Welt degradiert würde, ungeeignet wäre, der alles tragende Grund zu sein. Ein derartiger<br />

Beweis sei jedoch nicht möglich, sodass man glauben müsse, wenn man noch an seine Über-<br />

zeugungen, die auf Wissen basieren, glauben wolle. 158 Der menschliche Glaube gehe nicht<br />

nur von den Sachkenntnissen der Dingwelt aus, sondern sei wesentlich von den existenziellen<br />

Orientierungsfragen im Weltzusammenhang motiviert. Diesen Sinnhorizont müsse jedoch die<br />

Vernunft erschließen, damit wir wissen, worauf sich der Glaube beziehen kann. Daraus folge,<br />

dass die Vernunft den Glauben trage. Der Glaube, der auf diese Weise als Einstellung zum<br />

Dasein, zur Welt und zu sich selbst aufgefasst wird, ist nach Gerhardt „unverzichtbar“ 159 .<br />

Der Glaube ist für Gerhardt weder an Ursache-Wirkung-Relationen noch an physische Vor-<br />

gänge in der Welt gebunden. Er sei vielmehr „die Meinung, in der sich für den Menschen<br />

alles darstellt, was immer Gegenstand seines Wissens werden soll“ 160 . Daraus folgert er<br />

ebenso wie Spaemann, dass Wissen und Glauben ineinander greifen und sich gegenseitig<br />

stützen. Solange der Mensch über ein Bewusstsein verfüge, könne er nicht auf den Glauben<br />

verzichten, denn dieser sei die Grundlage dafür, dass der Mensch wissen könne, da bereits das<br />

Alltagswissen ein Selbst- und Weltvertrauen benötigt, für das es nach Gerhardt derzeit keinen<br />

besseren Begriff als den des Glaubens gibt. Daraus gehe hervor, dass jeder Mensch, der<br />

beansprucht, etwas zu wissen, gleichzeitig auch glauben müsse. In diesem Punkt stimmt er<br />

also mit Spaemann überein, für den der Glaube an die Vernunft ebenfalls den Glauben an<br />

Gott impliziert. Nun schlägt Gerhardt aber einen interessanten Bogen zwischen den einzelnen<br />

Kulturen und damit auch zwischen den Religionen. Die Dreierkonstellation von Selbst,<br />

Gemeinschaft und Welt gehöre bei allen Menschen zur Struktur des Wissens. Die Art, in der<br />

die Menschen ihr Vertrauen in das Wissen zum Ausdruck brächten, sei aber je nach Kultur<br />

156<br />

Vgl. Gerhardt, Die Vernunft des Glaubens (2008), S. 149.<br />

157<br />

Vgl. Gerhard, Die Individualität des Glaubens (2012), S. 297.<br />

158<br />

Vgl. a.a.O., S. 312.<br />

159<br />

a.a.O., S. 313.<br />

160<br />

Gerhardt, Der Glaube als Einstellung zum Wissen (2010), in: http://www.christ-in-dergegenwart.de/aktuell/artikel_angebote_detail?k_beitrag=2489606,<br />

11.6.2012.<br />

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