Christina Kosbü - repOSitorium - Universität Osnabrück
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der Mensch fähig ist“ 258 ; sie sei es auch, die es dem Menschen erst erlaube, etwas als<br />
zweckmäßig und wertvoll anzusehen.<br />
Natur ist für Gerhardt alles, was uns umgibt, was uns hervorbringt, uns ausmacht und das, was<br />
von uns am Ende bleibt. In diesem Sinne falle der Begriff der Natur mit dem der Welt<br />
zusammen und sei sogar identisch mit dem Sein. In dieser Form könne man die Natur als das<br />
Ganze sehen. 259 Außer Gott, den man auch außerhalb denken könne, sei alles innerhalb der<br />
Natur zu denken. Innerhalb der Natur habe der Mensch die Möglichkeit zu handeln; es ist also<br />
nicht alles durch die Natur vorgegeben. Daraus folgt eine Unterscheidung von Natur und<br />
Dingen, die der Mensch daraus macht. Dennoch bleibe die Natur die Bedingung unseres<br />
Daseins. Der Mensch ist nach Gerhardt das einzige Lebewesen, das in der Lage ist, sich<br />
Begriffe über Sachverhalte zu bilden, dank derer er mit allen anderen Menschen<br />
kommunizieren kann. Dadurch würden die Menschen zu einer Einheit, die der Welt gegen-<br />
überstehe. Alle Menschen seien durch das gleiche Bewusstsein von der Welt miteinander<br />
verbunden. Jede Person sei ein Beispiel für die gesamte Menschheit, worauf die Würde des<br />
Einzelnen beruhe. 260 Nach Gerhardt ist die Menschwerdung des Menschen an die Ausbildung<br />
von Techniken geknüpft, die immer weiter verfeinert würden. Die Organisation einer Gesell-<br />
schaft sieht er nicht in Verbindung mit der Abnahme von Freiheit, sondern vielmehr mit deren<br />
Zunahme. Ein Beispiel dafür sieht er in der Arbeitsteilung, die Individualisierung und Freiheit<br />
verlange. Moralische Grundsätze brauche der Mensch, um sich für andere berechenbar zu<br />
machen und um zu lernen, Verantwortung zu tragen. Er verinnerliche die Menschheit in<br />
seiner Person, indem er sich selbst ein Gesetz gebe und souverän werde. In der Politik sieht<br />
Gerhardt den „wichtigsten Impuls zur Selbstbildung des Menschen“ 261 , denn die von<br />
Personen geschaffenen Institutionen würden wiederum Personen erziehen. Als Resultate<br />
dieser Entwicklung betrachtet Gerhardt die Grund- und Menschenrechte. Das<br />
Selbstbewusstsein des Menschen entstehe durch die gemeinsame Welt, in die der Mensch als<br />
Kind hineingeboren werde, bzw. durch die Kommunikation über die Sachverhalte in der Welt.<br />
Die Gefahr der Entfremdung des Menschen von sich selbst sieht Gerhardt nicht. Er bezeichnet<br />
solche Gedanken als „Kulturpessimismus“ 262 und meint, der Mensch sei nur durch eine<br />
dauernde Selbstentfremdung zu dem geworden, was er ist. Eine Abkehr von der Natur hin zu<br />
258 Gerhardt, Selbstbestimmung (1999), S. 140.<br />
259 Vgl. Gerhardt, Faszination Leben (2010), S. 165.<br />
260 Vgl. a.a.O., S. 172.<br />
261 a.a.O., S. 178.<br />
262 a.a.O., S. 181.<br />
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