Christina Kosbü - repOSitorium - Universität Osnabrück
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derjenige könne verantwortlich gemacht werden, der in seiner Entscheidung frei sei. Damit<br />
sei Freiheit auch ein besonderes Merkmal der menschlichen Spezies. Fast alles, was der<br />
Mensch wolle, sei durch die Natur vorgegeben und nur in dieser menschlichen Natur ist der<br />
Mensch nach Spaemann in seiner Würde antastbar. Anhand dieser angenommenen Menschen-<br />
natur bildeten sich Wertmaßstäbe heraus, an denen sich das orientiere, was als normal<br />
angesehen werde. Eine Verletzung der Menschenwürde bestehe dann, wenn jemand auf seine<br />
Funktion im Interesse anderer reduziert werde und dabei die Wechselseitigkeit solcher<br />
Instrumentalisierung ausgeschlossen sei. 246 Den Beginn des Personseins – von wo an dem<br />
Wesen Würde zukommt – setzt Spaemann an, sobald sich eine DNA gebildet habe. Der<br />
Organismus sei dann gegenüber dem der Mutter selbstständig und entwickle sich vom<br />
Augenblick der Zeugung an kontinuierlich autonom. Den Akt der Zeugung sieht Spaemann<br />
als „einen solchen [...], wodurch wir eine Person ohne ihre Einwilligung auf die Welt gesetzt<br />
und eigenmächtig in sie herübergebracht haben“ 247 . In diesem Aspekt unterscheidet er sich<br />
wesentlich von Gerhardt, für den das Leben mit der Geburt beginnt. 248<br />
Für Volker Gerhardt zeigt sich, angelehnt an Kant, die Würde des Menschen „im Gebrauch<br />
der menschlichen Freiheit“ 249 , die in der Fähigkeit liege, sich selbst eigene Zwecke zu setzen.<br />
Von der Ethik werde eine Antwort auf die Frage nach der Freiheit des Menschen erwartet.<br />
Damit sich der Mensch aber als frei erfahren könne, müsse er sich auf die Ordnung der Natur<br />
verlassen können. Die Selbstbewegung des Individuums sieht Gerhardt dann als frei an, wenn<br />
sie aus eigener Einsicht erfolgt. Gerhardt definiert Freiheit näher als „Abwesenheit eines<br />
Zwangs, der unmittelbar vom Willen eines Anderen ausgeht“ 250 . Freiheit sei die Fähigkeit,<br />
seiner eigenen Einsicht zu folgen und sich dabei gegen den Willen eines anderen zu<br />
behaupten. Jeder müsse seinem Leben die Form geben, die er für angemessen hält, und sich<br />
nach eigener Einsicht selbst bestimmen. 251 Dabei sei jedoch darauf zu achten, auch später mit<br />
den getroffenen Entscheidungen noch in Einklang mit sich selbst leben zu können. Der<br />
Mensch müsse Verantwortung für sich selbst übernehmen und „Sachverwalter seines<br />
Lebens“ 252 sein. Den Beginn des Lebens sieht Gerhardt im Gegensatz zu Spaemann erst in der<br />
Geburt. Der Mensch sei „erst dann auf der Welt, wenn er geboren ist“ 253 und so müsse ihm<br />
246<br />
Vgl. Spaemann, Menschenwürde und menschliche Natur (2010), S. 4f.<br />
247<br />
a.a.O., S. 5.<br />
248<br />
Vgl. Gerhardt, Biopolitik, in: Ders., Die angeborene Würde des Menschen (2004), S. 33.<br />
249<br />
Gerhardt, Selbstbestimmung (1999), S. 145.<br />
250<br />
a.a.O., S. 249.<br />
251<br />
Vgl. Gerhardt, Selbstachtung, in: Ders., Die angeborene Würde des Menschen (2004), S. 24.<br />
252<br />
a.a.O., S. 25.<br />
253<br />
Gerhardt, Biopolitik unter Generalverdacht, in: Ders., Die angeborene Würde des Menschen (2004), S. 42.<br />
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