Christina Kosbü - repOSitorium - Universität Osnabrück
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und eine Konkurrenzsituation, wie sie heute oft angenommen werde, sei nicht gegeben. Der<br />
Glaube an das Wissen besteht nach Gerhardt im Vertrauen auf die tragende Verbindung<br />
zwischen Ich, Wir und Welt. Im Glauben setze sich der Mensch in Beziehung zur Welt und<br />
suche im Grund des Ganzen sein Gegenüber. Vertrauen ist auch für Spaemann der wichtigste<br />
Aspekt des Glaubens, doch er denkt dabei im Gegensatz zu Gerhardt an einen personalen<br />
Gott, der es gut mit dem Menschen meint. Während Spaemann Glauben als Beziehung zum<br />
Absoluten und das Offensein für den Anruf des Unbedingten definiert und so seinem<br />
personalen Gottesbild treu bleibt, ist für Gerhardt Glauben die Einstellung zum Dasein, zur<br />
Welt und zu sich selbst und insofern unverzichtbar. Der Glaube sei die Kraft, den für das<br />
Handeln nötigen Sinn im Ganzen des Daseins festzuhalten.<br />
Eine Funktion der Religion liegt für Gerhardt in der Aussicht auf das Seelenheil des<br />
Individuums. Hier stimmt er mit Spaemann überein, der zwar eine funktionale Deutung der<br />
Religion beispielsweise als Kontingenzbewältigung ablehnt, aber dennoch vom ewigen Leben<br />
spricht und davon ausgeht, dass dieses in der Religion für wirklich gehalten werden muss.<br />
Auch hinsichtlich der Rituale ist die Auffassung beider Philosophen ähnlich. Gerhardt sieht in<br />
ihnen das Einüben einer gemeinsamen Haltung zum Leben, was dem Einzelnen durchaus<br />
dienlich sein könne, und Spaemann hält Rituale für Elemente der Identitätsbildung und<br />
insofern für sehr wichtig. Spaemann definiert Religion als Verhältnis des Menschen zum<br />
Absoluten. Die erste Haltung des Gläubigen sei die Unterwerfung unter den Willen Gottes,<br />
den er in dem zu erkennen glaubt, was der Mensch nicht ändern könne. Religion sehe in der<br />
Natur die Schöpfung, aus der Gottes Wille ablesbar sei. Dieser sei notwendig, wenn es<br />
verbindliche Werte geben solle. Dieser Auffassung widerspricht Gerhardt, der ebenso wenig<br />
einen Schöpfergott wie einen in der Welt wirkenden göttlichen Willen annimmt. Die von<br />
Spaemann angenommene Entlastungsfunktion, die er in der Aussicht auf einen verzeihenden<br />
Gott sieht, der das Handeln nach einem Fehlverhalten erst wieder sinnvoll macht, wird von<br />
Gerhardt – wenn auch in anderer Form – ebenfalls angenommen. Gerhardt sieht die<br />
Entlastung jedoch in der lebenslangen, das Dasein tragenden Verbindlichkeit des Glaubens.<br />
In der zunehmenden Tendenz der Subjektivierung des Glaubens sieht Gerhardt eine Gefahr,<br />
die dazu führe, dass Glaube mehr und mehr zu einer bloßen Meinung werde. Dabei könne die<br />
Grunderfahrung des Religiösen niemals subjektiv sein. Glaube brauche ein objektives<br />
Moment, wenn er als wahr angesehen werden solle. Hier stimmt auch Spaemann zu, der<br />
davon ausgeht, eine Religion müsse den Anspruch auf Wahrheit erheben. Er hält auch<br />
Mission für richtig. Dabei geht er allerdings davon aus, dass die Gesprächspartner zum Dialog<br />
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