Christina Kosbü - repOSitorium - Universität Osnabrück
Christina Kosbü - repOSitorium - Universität Osnabrück
Christina Kosbü - repOSitorium - Universität Osnabrück
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
Existenz Gottes einleuchte. Das Problem bestehe darin, dass die Spur Gottes nicht unabhängig<br />
vom Menschen, vom Entdecker dieser Spur, existiert. Gott jedoch, so betont Spaemann,<br />
existiert vollkommen unabhängig davon, ob wir ihn erkennen oder nicht. Seiner Meinung<br />
nach kann sich der Mensch nur selbst „durchstreichen“ 123 , wenn er Gott nicht erkennen will,<br />
denn mit Gott verschwinde auch die Wahrheitsfähigkeit des Menschen. Diese stehe in<br />
direktem Zusammenhang mit Gott, da für Spaemann Wahrheitsfähigkeit als Schöpfung zu<br />
verstehen ist. Für das Selbstverständnis des Menschen sei der Gedanke tödlich, durch und<br />
durch Natur zu sein. Es sei denn, die Natur sei wiederum von Gott geschaffen und damit auch<br />
der Mensch ein gewolltes Werk Gottes. Unser Glaube an die Vernunft ist für Spaemann mit<br />
dem Glauben an Gott eng verknüpft. Allerdings räumt er ein, es sei nicht möglich, auf dem<br />
Wege des bloßen Denkens zum wirklichen Gott zu kommen. 124 Wenn es Gott nicht gebe,<br />
könne es auch keine Wahrheit geben, sondern nur verschiedene Perspektiven der Menschen,<br />
die alle ihre Berechtigung hätten. Es wäre eine Frage der Macht, welche Perspektive sich<br />
durchsetzte. Mit dem Glauben an Gott könne Gott als die Wahrheit betrachtet werden. 125<br />
Auch Volker Gerhardt geht davon aus, dass im Gebrauch der Vernunft „die Gegenwart des<br />
Absoluten“ 126 liegt. Der Zugang zu Gott erfolge durch das Bewusstsein des Menschen, sein<br />
Erleben oder wie er es in Bezug auf Schleiermacher ausdrückt, ein Gefühl. 127 Mit dieser<br />
Ansicht steht er Spaemanns Rede von der Spur Gottes, die im Menschen sichtbar werde, nahe,<br />
denn ohne das Bewusstsein des Menschen könnte Gott auf der Erde gar nicht gedacht werden.<br />
Zudem stimmt Gerhardt Spaemanns These zu, dass sich der Mensch ohne Gott eigentlich<br />
selbst durchstreichen müsse, wenn er davon ausgeht, dass der Mensch auf Gott nicht<br />
verzichten könne, „solange wir noch an den Sinn unseres eigenen Handelns glauben“ 128 . Gott<br />
als das Ganze gedacht erscheint hier – kongruent zu Spaemanns Gedanken – als das, was<br />
allen Vorgängen auf der Erde Sinn verleiht.<br />
3.1.5 Zusammenfassung<br />
Sowohl Robert Spaemann als auch Volker Gerhardt denken Gott als das Ganze der<br />
Wirklichkeit, als das Absolute und Unbedingte. Beide gehen davon aus, dass der Mensch das<br />
123<br />
Spaemann, Rationalität und Gottesglaube (2005), S. 9.<br />
124<br />
Vgl. http://www.zenit.org/article-12176?l=german, 7.5.2012.<br />
125<br />
Vgl. ebd.<br />
126<br />
Gerhardt, Selbstbestimmung (1999), S. 422.<br />
127<br />
Vgl. Gerhardt, Die Individualität des Glaubens (2012), S. 293.<br />
128 a.a.O., S. 314.<br />
33