Christina Kosbü - repOSitorium - Universität Osnabrück
Christina Kosbü - repOSitorium - Universität Osnabrück
Christina Kosbü - repOSitorium - Universität Osnabrück
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
die über beide Perspektiven verfügen. 93 Diese Auffassung wird von ihm jedoch nicht näher<br />
erläutert.<br />
Gerhardt denkt Gott zwar nicht in dieser Weise persönlich und lehnt die Auffassung, dass<br />
Gott der Schöpfer der Welt sei, ab, da „Chemie und Biologie [diese Auffassung] verbieten“ 94 ,<br />
jedoch kann man seine These als Erläuterung heranziehen, um die These Spaemanns, die<br />
sicher nicht nur Karsten Huhn als kindlich bezeichnen würde, besser nachvollziehen zu<br />
können. Um sich selbst verstehen zu können, müsse sich der Mensch nach Gerhardt auf etwas<br />
beziehen, das umfassender ist als er selbst, was ihm aber dennoch ähnlich sei. Daraus leitet er<br />
ab, dass Gott, wenn er diesen Namen verdient haben soll, dem Menschen ähnlich sein muss. 95<br />
Diesen Gedanken erklärt er mit dem ständigen Vergleichen des Menschen mit einer Voll-<br />
kommenheit, an der er sich mit seinen begrenzten Fähigkeiten messen und von der er sich<br />
abgrenzen kann. In dieser Hinsicht müsse Gott dem Menschen ähnlich sein. Außerdem werde<br />
die Endlichkeit des Menschen dank Gott durch die Aussicht auf Dauer negiert. 96 Der Mensch<br />
könne gar nicht anders als Gott auf sich selbst zu beziehen und ihn in ein Verhältnis zu sich<br />
selbst zu setzen. Andernfalls bliebe Gott „ein leerer Begriff“ 97 , er könne nur mit Bezug auf<br />
unseren Selbstbegriff gefüllt werden. Die Rede vom Schöpfer oder Vater ist für Gerhardt – in<br />
metaphorischer Weise genutzt – eine adäquate Form, Gott als Grund und Ziel unseres Daseins<br />
zu begreifen, jedoch nur „solange wir damit nicht an bestimmte Personen denken“ 98 , sondern<br />
nur an das, was unsere Selbstschätzung und Lebensführung betreffe. Eine personalisierte<br />
Form außerhalb der metaphorischen Deutung, wie sie Spaemann vertritt, lehnt Gerhardt<br />
demnach strikt ab. Das Gebot, sich kein Bildnis von Gott zu machen, hält er für<br />
außerordentlich wichtig, um die „begriffliche Dignität Gottes“ 99 zu wahren.<br />
3.1.3 Gott außerhalb der Welt und der Wille Gottes in der Welt<br />
Vor dem Hintergrund eines von Spaemann gedachten personalen Gottes wirkt auch seine<br />
Vorstellung eines schöpferischen Willens folgerichtig, die Gerhardt jedoch scharf ablehnt.<br />
Nach Spaemann hingegen resultiert der ganze Weltprozess aus einem außerhalb der Welt<br />
93 Vgl. http://www.focus.de/kultur/medien/kultur-die-menschheit-lebt-nicht-ewig_aid_464070.html, 28.5.2012.<br />
94 Gerhardt, Die Vernunft des Glaubens (2008), S. 140.<br />
95 Vgl. Gerhardt, Glauben unter den Bedingungen des Wissens (2008), S. 20.<br />
96 Vgl. Gerhardt, Gott als Sinn des Daseins (2009), in: http://www.christ-in-der-<br />
gegenwart.de/aktuell/artikel_angebote_detail?k_beitrag=1979752, 28.6.2012.<br />
97 ebd.<br />
98 ebd.<br />
99 ebd.<br />
27