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Christina Kosbü - repOSitorium - Universität Osnabrück

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iotechnische Verfahren sein, wenn sie mit einer Diskriminierung verbunden seien. Keine<br />

Diskriminierung Behinderter sei es aber, wenn sich Eltern gegen die Geburt eines behinderten<br />

Kindes entschieden. Vor der Geburt sei es keinem Ehepaar zu verdenken, wenn es sich aus<br />

individuellen Motiven für einen Eingriff entscheidet, der ihnen die Option auf ein gesundes<br />

Kind verschafft. Nach der Geburt aber, so ergänzt er sofort, seien die Eltern verpflichtet, sich<br />

optimal um das Kind zu kümmern und es zu umsorgen. Die Entscheidung gegen ein<br />

behindertes Kind sei deswegen keine Diskriminierung, weil es sich um einen individuellen<br />

Wunsch handle, der nichts mit der Existenzberechtigung Behinderter zu tun habe. Nach<br />

Spaemann geht es hier aber nicht darum, dem Willen der Eltern zu entsprechen. Der Embryo<br />

sei bereits ein Lebewesen, sodass alle Vorgänge in seinem eigenen Interesse stattfinden<br />

müssten. 325 Der menschliche Embryo existiere bereits um seiner selbst willen. Er sieht im<br />

Gegensatz zu Gerhardt sehr wohl eine drohende Diskriminierung Behinderter, wenn sich<br />

durch die Zulassung der PID Eltern behinderter Kinder zu Rechtfertigungen gedrängt sähen.<br />

Seiner Meinung nach könne es, wenn der Mensch Selbstzweck sei, kein Urteil darüber geben,<br />

wie ein wünschenswerter Mensch beschaffen sein sollte, da in diesem Falle immer die<br />

„Wünsche des Machers“ 326 im Vordergrund stünden. Der Mensch dürfe aber nicht<br />

entscheiden, welche Art von Mensch er gern hätte.<br />

Der Unterschied zwischen staatlichen Vorschriften und dem eigenen Handeln<br />

Für Gerhardt geht es bei diesen Fragen nicht darum, ob er selbst diese Praktiken ausführen<br />

würde. Die IVF empfindet er als abwegig und eine Frau, die eine Samenspende annimmt, ist<br />

ihm „fremder als jemand, der freiwillig in einen Harem einheiratet“ 327 . Er vertritt jedoch die<br />

Auffassung, dass nicht alles durch Gesetze des Staates geregelt werden muss. Der Staat könne<br />

nicht mehr tun, als Missbrauch zu verhindern sowie Freiheit und Gleichheit zu gewährleisten.<br />

Das moralische Urteil über das Handeln des Einzelnen falle hingegen nicht in seine<br />

Kompetenz. Die Öffentlichkeit solle statt nach Restriktionen des Staates zu verlangen, ihre<br />

Kritik mit der privaten Praxis verbinden. So könne sich jeder, der dies wolle, den Trends<br />

verweigern und beispielsweise auf die IVF verzichten. Das Christentum biete seiner Meinung<br />

nach das beste Beispiel für derartige Individualisierung. Jesus habe die Menschen<br />

aufgefordert, ihm zu folgen und sich notfalls auch gegen ihre Herkunft für ihn zu<br />

325<br />

Vgl. http://www.domradio.de/aktuell/71026/der-preis-fuer-die-empfaengnis-eines-kindes.html, 19.7.2012.<br />

326<br />

Spaemann, Die Herausforderung des ärztlichen Berufsethos (1991), in: Ders., Grenzen. Zur ethischen<br />

Dimension des Handelns (2001), S. 346.<br />

327<br />

Gerhardt, Biopolitik unter Generalverdacht, in: Ders., Die angeborene Würde des Menschen (2004), S. 48.<br />

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