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Die soziale Konstruktion von Behinderung durch frühkindliche ...

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8.6 Ausblick und die ‚Zone der nächsten Entwicklung’<br />

Wohin mag diese Entwicklung noch führen, was kann Marian noch lernen und wie sieht<br />

seine Zukunft aus? Natürlich beschäftigen sich Marians Eltern mit diesen Fragen und<br />

sind auf der Suche nach Konzepten oder Ratschlägen, die ihren Sohn weitestgehend<br />

fördern und ihm größtmögliche Entwicklungschancen bieten.<br />

An dieser Stelle verdinglichende Prognosen zu verfassen, widerspräche dem Modell der<br />

aktiven und dynamischen Entwicklung, welches in dieser Arbeit vertreten wird. In<br />

Wechselwirkung mit seiner Umwelt und in Abhängigkeit <strong>von</strong> seinen<br />

Lebensbedingungen wird Marian sich entwickeln. Ebenso wie die isolierenden und<br />

deprivierenden Bedingungen des rumänischen Waisenheims seine Entwicklung<br />

behindert haben, wirkt sich die familiäre Situation und die bedingungslose<br />

Anerkennung fördernd auf sein Werden aus. In der gemeinsam geteilten Tätigkeit wird<br />

Marian auch weiterhin höhere psychische Systeme ausbilden können und viele ‚Zonen<br />

der nächsten Entwicklung’ erreichen.<br />

VYGOTSKIJ bezeichnet mit dem Begriff der Zone der aktuellen Entwicklung die<br />

Fähigkeiten, die das Kind ohne die Hilfe eines anderen beherrscht. <strong>Die</strong> Zone der<br />

nächsten Entwicklung (ZdnE) umfasst jenen Bereich der Entwicklung, der noch nicht<br />

allein, aber mit der Hilfe anderer <strong>durch</strong> Kooperation bewältigt werden kann. (vgl.<br />

Vygotskij, 1978, 1972; Jantzen, 2001c). In dem Konzept der ZdnE findet sich der<br />

Grundsatz wieder, dass alle höheren psychischen Funktionen zweifach existieren,<br />

zunächst inter- und dann intrapsychisch. Somit werden in ihr persönliche und<br />

gesellschaftliche Entwicklung miteinander vermittelt. <strong>Die</strong> ZdnE setzt emotional<br />

abgesicherte Räume voraus. Erst dann kann sich das Gehirn für die gemeinsame<br />

Tätigkeit öffnen und lernen, wobei das Lernen der Entwicklung immer ein Stück voraus<br />

ist.<br />

<strong>Die</strong> jeweiligen Veränderungen in der Persönlichkeit des Kindes auf den<br />

unterschiedlichen Altersstufen müssen, so VYGOTSKIJ, einhergehen mit einer<br />

Veränderung der <strong>soziale</strong>n Entwicklungssituation, denn das bisherige Verhältnis<br />

zwischen dem Kind und seiner Umwelt muss mit dessen Veränderung zerbrechen. Es<br />

bildet sich also entsprechend dem neuen Entwicklungsniveau des Kindes eine neue<br />

Entwicklungssituation heraus, die wiederum Ausgangspunkt für die folgende höhere<br />

Altersstufe ist (vgl. ebda. S. 77).<br />

<strong>Die</strong> Gesetze des Lernens und der Entwicklung sind für alle Menschen gültig. Das<br />

Lernen muss sich jedoch immer an dem jeweiligen Entwicklungsniveau und den<br />

Interessen des Kindes orientieren. Dazu ist die Kenntnis des aktuellen<br />

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