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Die soziale Konstruktion von Behinderung durch frühkindliche ...

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gekoppelt (sind, A.S.), als dass sie unmittelbar Rückschlüsse auf das je vorhandene<br />

Repräsentationsniveau (ermöglichen, A.S.)“ (Jantzen, 2004a, S. 287).<br />

<strong>Die</strong> Selbstorganisation des Gehirns ermöglicht ein Verständnis dafür, warum bei so<br />

genannten geistig beeinträchtigten Menschen nach langjähriger Deprivation und der<br />

Festlegung ihres Intelligenzniveaus auf das eines Kleinkindes, ein verändertes Umfeld<br />

mit dialogischen Transaktionen einen Entwicklungsschub ermöglicht und Kompetenzen<br />

realisiert, die auf der Ebene des Symbolgebrauchs liegen.<br />

„Entsprechend geht FISCHER (Fischer/ Rose, 1998; Fischer/ Yan, 2002), der<br />

zusammen mit THATCHER die zyklische Entwicklungstheorie sowie eine ihr<br />

entsprechende Lerntheorie (dynamic skill theory) entwickelt hat, da<strong>von</strong> aus, dass jedes<br />

neue Niveau eine Neuorganisation des je vorherigen Niveaus erlaubt und dass eine<br />

Realisierung des optimalen Niveaus nur <strong>durch</strong> eine strikte und sorgfältige kontextuelle<br />

Unterstützung möglich ist. Es bestehen also weit mehr Entwicklungsreserven <strong>durch</strong> die<br />

innere, zyklische Logik der Hirnentwicklung, als in der Regel genutzt werden“ (Jantzen,<br />

2003, S. 9).<br />

<strong>Die</strong> Ergebnisse dieser neuropsychologischen Untersuchungen werden <strong>von</strong> Marians<br />

Entwicklung, seinem Lernen in einem teilweise rasanten Tempo unterstützt. Entgegen<br />

der Prognosen des Arztes, der Marian kurz nach seiner Ankunft in Deutschland<br />

untersuchte, hat Marian sich weit über das Entwicklungsniveau eines einjährigen<br />

Kindes entwickelt.<br />

8.2 <strong>Die</strong> motorische Entwicklung<br />

Ist Marian zum Zeitpunkt seiner Adoption kaum in der Lage Blickkontakte aufzubauen<br />

und beklopft seine Umwelt ausschließlich mit den Fingern seiner rechten Hand,<br />

entwickelt sich schon bald zwischen Vater und Sohn ein Dialog, eine Art<br />

Protokonversation. Marian erfährt in seinen Eltern sensible Dialogpartner, die seine<br />

Signale aufnehmen, sie beantworten und weiterentwickeln, er nimmt zu dieser Zeit<br />

vermehrt seine Umwelt wahr und beginnt diese und seinen eigenen Körper zu erkunden.<br />

Daraufhin setzt auch die motorische Entwicklung ein. Bis zum Ende des Jahres 1999<br />

kann Marian krabbeln und sich hochziehen. <strong>Die</strong> ursprüngliche Vermutung einer<br />

Hemiparese, einer halbseitigen Lähmung, hat sich im Laufe der Zeit als unzutreffend<br />

erwiesen, vielmehr handelt es sich um eine Dyspraxie, eine Wahrnehmungsstörung der<br />

linken Körperhälfte. <strong>Die</strong> Informationen, die Marians Eltern <strong>von</strong> der Heimleitung des<br />

„Heims für Hoffnungslose“ erhielten, belegen, dass Marian über einen längeren<br />

Zeitraum mit seiner linken Hand und seinem linken Fuß an dem Gitterbett festgebunden<br />

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