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Die soziale Konstruktion von Behinderung durch frühkindliche ...

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Adoptivkindern entweder <strong>durch</strong> einen höheren Grad kognitiver Beeinträchtigung<br />

und/oder <strong>durch</strong> eine längere Dauer schwerer psychischer und <strong>soziale</strong>r Deprivation.<br />

Bei drei Kindern vermuteten die Autoren Autismus, bei sieben anderen Kindern quasi-<br />

autistische Muster und bei weiteren zehn Kindern beobachteten sie schwächere, meist<br />

isolierte autistische Muster 14 .<br />

<strong>Die</strong> zuerst benannten drei Kinder zeigten sowohl mit vier als auch mit sechs Jahren alle<br />

Kriterien für Autismus. Bei allen drei Kindern war die Zeit der institutionellen<br />

Versorgung sehr lang, in zwei Fällen zudem ausgesprochen ärmlich. Ein Kind wuchs<br />

vollkommen isoliert auf, das zweite Kind war sehr schwer unterernährt und lebte in<br />

einem Heim, in dem eine große Anzahl <strong>von</strong> Kindern aus unbekannten Gründen noch<br />

vor dem 6. Lebensmonat verstarben, das dritte Kind wurde in der 26.<br />

Schwangerschaftswoche geboren, weitere Details waren nicht bekannt.<br />

<strong>Die</strong> sieben Kinder mit quasi-autistischen Mustern zeigten dagegen enorme<br />

Verbesserungen in der Entwicklung. Unterschieden sie sich mit vier Jahren nur <strong>durch</strong><br />

wenige aber doch einige atypische Merkmale <strong>von</strong> Gleichaltrigen mit Autismus, wurden<br />

die autismusähnlichen Anzeichen in den nächsten zwei Jahren immer schwächer. Als<br />

atypische Merkmale benennen RUTTER und seine Kollegen den relativ hohen Grad an<br />

Kontaktaufnahme zu anderen Menschen, den spontanen Einsatz der gesprochenen und<br />

der Zeichen-Sprache und die weniger ausgeprägten motorischen Stereotypien. <strong>Die</strong>ses<br />

Atypische, im Vergleich zum <strong>frühkindliche</strong>n Autismus, und der markante Rückgang der<br />

Anzeichen verleitete die Autoren zu der Bezeichnung des Syndroms als „quasi-<br />

autistisches Muster“ (ebda. S. 545).<br />

Bei den Kindern der Gruppe, die schwächere isolierte autistische Merkmale zeigten,<br />

erschien die Qualität zunächst ähnlich, jedoch in einem viel schwächeren Grad, so dass<br />

eine Zuteilung zu der zuvor benannten Gruppe nicht gerechtfertigt werden konnte.<br />

Unklar bleibt, ob diese schwächeren Anzeichen denselben Ursprüngen zuzuordnen sind<br />

oder ob unterschiedliche Ursachen vorliegen.<br />

Bei allen Kindern mit quasi-autistischen Merkmalen liegt ein signifikant längerer<br />

Heimaufenthalt (mindestens 12 Monate) vor. Darüber hinaus bietet RUTTER drei<br />

Erklärungsperspektiven zu den Ursprüngen des auffälligen Verhaltens an.<br />

14 Ich empfinde die Diagnose „Autismus“ an dieser Stelle und in der vorliegenden Studie als<br />

problematisch, das sich die Autoren scheinbar rein auf äußere Merkmale und Symptome beschränken und<br />

es meiner Meinung nach an einer theoretischen Auseinandersetzung fehlt. Ich verweise hierzu auf die<br />

Theorie des kindlichen Autismus nach TREVARTHEN/ AITKEN (1998), die als Ursache Störungen des<br />

Imitationsvermögens und der emotionalen Reziprozität annehmen, deren Grundlagen bereits im Aufbau<br />

des intrinsischen Motivationssystems (IMF) in Verbindung mit dem emotional-motorischen System<br />

(EMS) liegen (vgl. 5.1; Trevarthen/ Aitken, 1998, 1997; Jantzen, 2002b).<br />

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